Wenn Basteln durch die Krise hilft
Nina* muss zum zweiten Mal zu Hause bleiben, weil diesmal ihre Mutter - und nicht ihr Partner - positiv auf COVID-19 getestet wurde. Sie nutzt die Zeit kreativ.
In dieser Reihe portraitieren wir Basler*innen, die sich in Quarantäne oder Isolation begeben mussten – aufgrund von Kontakt mit positiv Getesteten oder positiver Diagnose auf Corona. Alle Angaben basieren auf Telefoninterviews. Alle Namen sind anonymisiert. Alle Personen haben sich über die von Bajour gegründete Facebook-Gruppe «Gärn Gschee – Basel hilft» freiwillig gemeldet, um Einblicke in ihren aussergewöhnlichen Alltag zu geben.
Nina* (Name geändert), 33 Jahre, Fachfrau für die Betreuung von Kleinkindern, steht normalerweise mit recht vielen Menschen in nahem Kontakt. Insbesondere mit den Kindern der Familie, für die sie als Nanny arbeitet. Diese hat sie am Freitag ohne Umarmung verabschieden müssen. An dem Tag ging sie ins COVID-19-Testcenter am Unispital in Basel. Ninas Mutter hatte am Mittwoch bereits Symptome gezeigt. Ninas Testergebnis ist negativ, dasjenige der Mutter jedoch positiv. Wo sich die Mutter angesteckt hat, ist unklar. Somit bleibt Nina nun zum zweiten Mal aufgrund des Corona-Virus’ für einige Tage in Quarantäne.
Im März, während der ersten Welle, hatte bereits ihr positiv getesteter Partner «total flachgelegen», wie sie sagt. Er habe einen schwierigen Krankheitsverlauf erlebt, nachdem er sich bei einem Arbeitskollegen angesteckt hatte. Er ass kaum etwas, Nina machte sich grosse Sorgen. Sie blieb mit ihm in Quarantäne, hielt die gemeinsame Wohnung im Gundeli in Schuss, kümmerte sich um ihn, bestellte online Lebensmittel, Freunde halfen aus. Ganze zweieinhalb Wochen ging das so. Die offizielle Isolationszeit war vorüber, doch ihr Partner blieb weiterhin leicht geschwächt und hatte gut sechs Wochen lang Probleme mit dem Atmen.
Nina ist das ganze Jahr über, trotz Kontakt mit positiv getesteten Personen, bis heute symptomfrei. Sie versucht sich den grauen Alltag zu versüssen. Sie nimmt einen grossen Schluck Sprudelwasser mit Kräuter- oder Beerensirup – die beiden Sorten hat sie am liebsten. Stilles Wasser trinkt sie keines und ist daher heilfroh, kann sie dies daheim selbst aufbereiten. Erfrischt setzt sie sich an ihre Schnittunterlage und bearbeitet bunt bedruckte Textilien, zum Beispiel mit Rehkitzen. Ausserdem leistet ihr Plotter wertvolle Dienste. Einige Stunden verbringt sie zudem an der Nähmaschine. Nina hat sich praktisch eine Kreativwerkstatt eingerichtet. Sogar Lebensmittelreste verwertet sie hier: Orangenschalen hat sie blütenförmig geschnitzt und angerichtet.
Kreativ im grauen Alltag
Physisch scheint Nina soweit gesund, psychisch ebenfalls? An sich sei alles in Ordnung, bestätigt sie. Es helfe ihr, mit dem Partner reden zu können. Und viel zu telefonieren mit Schwester und Mutter: Die Mutter ist zu Hause in Isolation und die Schwester in deren Haushalt in Quarantäne. Die Schwester ist ebenfalls in Quarantäne, weil sie zuvor Kontakt mit der Mutter hatte. Die drei verabreden sich stets zum Mittagessen via Onlinekonferenz. Nina habe dann einfach das Smartphone neben dem Teller liegen, erzählt sie.
Es habe allerdings schon kleine Krisen gegeben: Der Hund der Mutter muss raus und lässt sich nur unwillig von anderen Personen führen. Die Schwester hat Herzschmerz. Ihr fehlt die neue Bekanntschaft, die sie kurz vor der Quarantäne kennengelernt hat. Letztlich sitzen die drei Frauen alle im selben Corona-Boot. Durch den regelmässigen Austausch stützen sie sich gegenseitig. Nina findet, dass zehn Tage ja doch schnell rumgingen. Sie bekäme jedoch Kopfweh, wenn sie zu viel rumsitzt. Sie freut sich schon auf das Ende der Isolation: «Am Sonntag gibt’s einen Spaziergang! Das ist schon ein Aufsteller, wenn man nur dran denkt.»