Nach einer hitzigen Debatte hat sich der Grosse Rat gestern knapp für einen Klimafond ausgesprochen. Dieser soll mit Steuereinnahmen und Bundesmitteln gefüllt und von einer Vergabekommission verwaltet werden. Die Entscheidung über die entsprechenden Ausgaben für den Klimaschutz läge somit nicht im Parlament, sondern bei einem Rat aus Expert*innen. So könne das Ziel «Netto-Null bis 2037» effizient angegangen werden, argumentiert die Motionärin und Regierungsratskandidatin Anina Ineichen (GAB). Bürgerliche hingegen sehen in dieser Strategie einen Angriff auf die Demokratie: FDP-Grossrat David Jenny kritisiert laut BaZ: «Was hier gefordert wird, ist eine demokratiefeindliche Expertendiktatur». Aber auch von prominenter linker Seite kommt Kritik: Finanzdirektorin Tanja Soland (SP) richtet sich ans Parlament und sagt: «Wenn Sie Ja sagen zu diesem Vorstoss, geben Sie Ihre Kompetenz ab». Der Regierungsrat muss nun innert drei Monaten dazu Stellung nehmen.

Wer soll über Klimainvestitionen entscheiden?

Nach einer hitzigen Debatte hat sich der Grosse Rat gestern knapp für einen Klimafond ausgesprochen. Dieser soll mit Steuereinnahmen und Bundesmitteln gefüllt und von einer Vergabekommission verwaltet werden. Die Entscheidung über die entsprechenden Ausgaben für den Klimaschutz läge somit nicht im Parlament, sondern bei einem Rat aus Expert*innen. So könne das Ziel «Netto-Null bis 2037» effizient angegangen werden, argumentiert die Motionärin und Regierungsratskandidatin Anina Ineichen (GAB). Bürgerliche hingegen sehen in dieser Strategie einen Angriff auf die Demokratie: FDP-Grossrat David Jenny kritisiert laut BaZ: «Was hier gefordert wird, ist eine demokratiefeindliche Expertendiktatur». Aber auch von prominenter linker Seite kommt Kritik: Finanzdirektorin Tanja Soland (SP) richtet sich ans Parlament und sagt: «Wenn Sie Ja sagen zu diesem Vorstoss, geben Sie Ihre Kompetenz ab». Der Regierungsrat hat nun zwei Jahre Zeit ein entsprechendes Konzept auszuarbeiten.

676 Stimmen
David Rutschmann
David Rutschmann
Moderation
Top antworten
Norbert Egli
13. Juni 2024 um 21:58

Experten zur Verfolgung komplexer Ziele

Zur Verfolgung und Erreichung komplexer Ziele sind unabhängige Expertengremien geeigneter als politische Gremien. Das Netto-Null-Ziel ist komplex und anforderungsreich.

Man stelle sich zum Beispiel vor, die Aufgabe der Nationalbank, die Stabilität des Finanzsystems und der Geldpolitik zu wahren, würde vom Parlament wahrgenommen. Das ergäbe wohl ein ähnliches, von Partikularinteressen getriebenes, dysfunktionales Ergebnis wie bei der Gesundheitspolitik.

Deshalb bietet für bestimmte Aufgaben ein klug und vielfältig zusammengesetztes unabhängiges Expertengremium die besseren Aussichten für die Erreichung des Ziels.

Bezüglich des Netto-Null-Ziels scheint mir zumindest ein sorgfältiges Prüfen der Vor- und Nachteile von Investitionsfonds und Expertengremium geboten.

Laurent-BastA-lowres
Laurеnt Schüрbach
13. Juni 2024 um 09:16

Bundesparlament v. EGMR

Das Parlament muss akzeptieren, dass es nicht in jedem Bereich Experte sein kann. Manchmal drängen ihre politischen Überzeugungen sie in eine Blase, die weit vom Konsens der wissenschaftlichen Gemeinschaft entfernt ist.

Ein sehr gutes und aktuelles Beispiel hierfür ist die Entscheidung des Europäische Gerichtshof für Menschenrechte. Sie haben ihre Zeit damit verbracht, Expert*Innen anzuhören, fast keine Politiker*Innen. Diese Expert*innen waren sehr deutlich: Die Schweiz tut nicht genug, um den Klimawandel zu bekämpfen. Die Antwort unseres Bundespolitiker*innen? Ein weiterer Mittelfinger gegenüber internationalen Abkommen, der Wissenschaft und leider auch den Senior*innen.

Wenn nur das Parlament entscheiden würde, würde der Kanton mehr Sonnenschirme statt Bäume anschaffen. Oh warte, das kommt mir bekannt vor.

1000014359
Patrick Bossard
dipl. Elektro-Installateur

Ins Klima investieren

Jetzt wo wir "genügend" Geld haben ist es richtig, in Wichtiges wie das Klima zu investieren. Ansonsten droht eine Katastrophe. Steuersenkungen tönen verlockend. Es wäre dann jedoch schwierig, die Steuern wieder zu erhöhen.

Anina Ineichen
Anina Ineichen
12. Juni 2024 um 18:43

Nicht Gratis

Die Klimakrise wird uns teuer zu stehen kommen (nicht wegen den Grünen, sondern wegen des weltweiten Bürgerlichen Nichtstun) – je nach Berechnungsweise könnten die jährlichen? Kosten zwischen 90 und 700 Millionen betragen. Auch das Erreichen von Nettonull bis 2037 ist mit erheblichen Kosten verbunden: Gemäss dem Regierungsrat belaufen sich diese auf etwa 4 Milliarden. Es ist offensichtlich, dass wir in den nächsten Jahren enorme finanzielle Mittel benötigen werden. Deshalb muss die Finanzierung dieser Massnahmen bereits jetzt geplant werden und die Regierung soll in einem ersten Schritt ein Konzept für einen Klimafonds ausarbeiten.

Portrait_Linder2
Karl Linder
13. Juni 2024 um 07:24

Gut gemeint ist die Umkehr von gut

Es braucht eine Debattenkultur, in allen Fragen, auch hier, wie macht man die besten Massnahmen bei den Klimainvestitionen? Diese müssen primär effizient sein - Aufwand/Ergebnis, und nicht einfach gut gemeint. Sonst erschöpft es sich mit einer Art Statement Politik, ohne Zielvorgaben und die notwendigen Anreize. Die Fördermassnahmen müssen so bestimmt sein, dass sie funktionieren im Alltag. Um das zu definieren, braucht es Rede und Gegenrede im Parlament und letztlich den demokratisch erzielten Weg dahin. Das ist der Ideenwettbewerb, vulgo auch Demokratie genannt, der dann auch die breite Bevölkerung mitnimmt und zu überzeugen vermag.

David Jenny
David Jenny
13. Juni 2024 um 07:10

Kein Umdribbeln demokratischer Prozesse

Staatliche Ausgaben, sei es für Bildung, Kultur, Soziales, Bauten oder Klimaschutz, sind alle im gleichen Verfahren zu bewilligen. Sie beruhen auf einer rechtlichen Grundlage, werden in der Regel vom Regierungsrat vorgeschlagen, in einer Kommission vorberaten, vom Grossen Rat nach einer öffentlichen Debatte bewilligt, eventuell in einer Referendumsabstimmung bestätigt und werden sodann ordentlich ins Budget eingestellt. Wie und in welcher Höhe Ausgaben für Klimaschutzmassnahmen getätigt werden sollen, dies ist, gerade weil dieses Thema so wichtig ist und so grosse Mittel benötigt werden, im normalen politischen Prozess durch Regierung, Parlament und Volk und nicht durch eine Vergabekommission zu entscheiden. Es geht nicht um die Jurierung von z.B. literarischen Werken, sondern auch um enorm politische Entscheide wie zum Beispiel darum, ob eher auf Anreize als auf Verbote gesetzt wird. Diese Frage soll in einer Demokratie nicht durch Expertinnen und Experten entschieden werden.

Benjamin von Falkenstein

Natürlich muss das Parlament darüber entscheiden können. Der Entscheid einer Expertenkommission ist auch nicht dem Referendum zugänglich.

Jene, die ständig von einem Demokratiedefizit sprechen, wollen jetzt tatsächlich ein solches schaffen.

@SPBaselStadt @GrueneBasel

20240405_193106
Peter Seiler
13. Juni 2024 um 06:55

Verantwortung liegt schwer

Wir leben in einer funktionierenden Demokratie. Dieses Privileg und die damit einhergehenden Verpflichtungen kann man, gerade in dieser Zeit, in welcher die Freiheit von so vielen Menschen eingeschränkt oder bedroht ist, nicht genug wertschätzen.

Wenn vom Volk gewählte ParlamentarierInnen ihre Macht einem Expertenrat abgeben, entmachten sie sich dabei nicht nur selbst, sondern gleichzeitig die, die sie gewählt haben. Notabene gleich auch noch die, die sie nicht gewählt haben. Was mindestens so gravierend ist.

Wenn sie sich bei diesem Thema nicht kompetent fühlen, dann sollten sie bei Abstimmungen hierzu entweder in den Ausstand treten oder noch konsequenter gleich von ihrem Amt zurücktreten und verantwortungsvollen Politikern die Chance geben. Das wäre demokratiepolitisch auch gar unbedenklich im Gegensatz zu dieser unsäglichen Haltung.

Helen Vogel
Antwort auf BaselBriefing

Ich bevorzuge eindeutige ExpertInnen. Parlamentarier berücksichtigen fast NUR Parteiinterressen oder Firmen bei deren Aktien ein super Profit zu holen ist. Die Mehrkosten in ein paar Jahren bezahlt sowieso das Volk.

martin_friedlin
Martin Friedlin
13. Juni 2024 um 09:50

Es ändert sich nichts.

Wir müssten unser Verhalten ändern und auch noch wirtschaftliche Einbussen in Kauf nehmen. Und solange das der Fall ist, geht es genau gleich weiter, wie seit dem Abschluss des Pariser Klimaabkommens. Da kann sich auf den Boden kleben wer will, +4°C bis 2100 wir kommen, seien wir ehrlich.

Ueli Keller
13. Juni 2024 um 07:22

Liebevoll handeln und wandeln

Bei der Demokratie, wie sie in der Schweiz praktiziert wird, sagt die Mehrheit, was gilt und wofür das Geld ausgegeben werden soll. Oft kommt es so Entscheidungen, die nicht allem und allen gerecht werden können. Sie können somit auch kaum von Dauer sein. Dafür braucht es ein andere Politik. Die gängige Politik ist mit Elementen beispielsweise der Bürokratie (Herrschaft der Verwaltung), Expertokratie (Herrschaft der Wissenschaft), Plutokratie (Herrschaft des Geldes) und der Technokratie (Herrschaft der Maschinen) durchsetzt. Vor allem Letztere ist wenig geeignet für einen herzhaft liebevollen und friedfertigen Umgang mit unserer Erde und allem, was darauf kreucht und fleucht.

Basel Briefing

Das wichtigste für den Tag
Jetzt Abonnieren
Jetzt Member Werden

Das könnte dich auch interessieren

Führerscheinpflicht für E-Trottis?

Michelle Isler am 05. September 2024

Führerscheinpflicht für E-Trottis?

Weiterlesen
2024-09-05 Frage des Tages Rechtschreibung-1

Helena Krauser am 05. September 2024

Kannst du noch Rechtschreibung?

Weiterlesen
2024-09-04 Frage des Tages-1

Franziska Zambach am 04. September 2024

Braucht es ein Smartphone-Verbot an Schulen?

Weiterlesen
Frage des Tages ESC

Michelle Isler am 03. September 2024

Kosten für den ESC: Soll Baselland sich beteiligen?

Weiterlesen