Dörfs e weeneli alternativ syy? Dann ab in die Zwischennutzung am Hafen
Im Patschifig kannst du in der Abendsonne den Charme des Abgefuckten geniessen
Machen Orte glücklich? Ja, manche schon. Besonders, wenn sie so liebevoll beschrieben werden wie hier: Die Basler Journalistin Yaël Debelle hat zusammen mit Co-Autor Stephan Petersen 80 Glücksorte in Basel ausfindig gemacht und diese in einem einzigartigen Stadtführer versammelt. Das Buch erschien im September 2020 und landete auf der Bestseller-Liste.
Yaël Debelle starb vier Monate nach Erscheinen des Buches. Sie hatte einen besonderen Blick für das Schöne und Spezielle. Ihre Texte waren Bijous, die Basel zum Leuchten brachten. Zu Ehren einer der «talentiertesten Journalistinnen der Schweiz» («Tachles») schalten wir Yaëls 10 Lieblingsorte in Basel noch einmal auf. Und lassen uns von Yaël ein bisschen lichtes Sommerglück ins Herz tragen.
Der Frosch fühlt sich wohl hier. Er sitzt auf einem Seerosenblatt und scheint die Graffitis an der Wand zu betrachten. Er ist Stammgast im «Patschifig» und bewohnt einen idyllischen Teich, umrahmt von Gräsern, Sumpfdottern und Wasserlilien. Hinter ihm türmen sich zwei riesige Mineralöltanks und eine grob gezimmerte Bretterbude, die Outdoor-Bar Patschifig.
Klingt nach Pazifik, hat aber mit dem Ozean nichts zu tun. Das Wort ist rätoromanisch und bedeutet in der vierten Schweizer Landessprache gemütlich und friedvoll. Und genauso ist es hier. Ein verwunschener Garten voller Wildpflanzen, liebevoll gepflegt vom Verein Generationengarten. Glyzinien und Hopfen klettern über die Stühle und Holzpalettensofas. Hinter der Bar ragt ein altes rostrotes Leuchtturmschiff in den Himmel, im Schiffsbauch finden Konzerte statt.
Zwischen riesigen Öltanks, Lastkranen, Güterbahngleisen und dem Rhein erstreckt sich auf einer Fläche von zwei Hektar ein riesiges verspieltes und alternatives Universum mit Bars, Food-Trucks, Konzertbühnen, Gärten, Ateliers, einer Skateranlage, einem Wohnwagenpark und einer Sauna. Hier macht man einfach mal, ganz unschweizerisch improvisiert. «Ausprobieren, scheitern, weitermachen», sagt Raphael Gysin vom Patschifig.
«Sach ma, dit habta doch von uns jeklaut!», würde ein Berliner sagen, wenn er die Zwischennutzung am Hafen betritt. Ja, das hat was. Eine zwischengenutzte Brache, wie sie die Pionierstadt in Sachen Umnutzung nicht besser hätte machen können. Der Charme des Abgefuckten. Wild, urban, cool. Selbst geschreinerte Häuschen, futuristische Glasgebäude, Street Art überall.
Pop-up-Partys, spontane Jam-Sessions, Kleinkabarett. Vieles halblegal, mit ungebremster Kreativität und Experimentierfreude. Aber: In welcher Berliner Brache kann man sein Bier geniessen und dabei nach Frankreich schauen? Und nach dem Bier in den Fluss hüpfen, in sauberem Wasser schwimmen und dann auf dem Dach unter freiem Himmel duschen? Eben. Nur in der Basler Hafenbrache.
Wie kommst du da hin?
Patschifig, Uferstrasse 40, 4057 Basel, Tel. +41 78/6 94 12 10
ÖV: Tram 8, Haltestelle Dreirosenbrücke, 8 Minuten Fussweg
Das Buch
Der Bestseller «Glücksorte in Basel. Fahr hin und werd glücklich» von Yaël Debelle und Stephan Petersen, Droste Verlag, Düsseldorf. Hier bestellen.