So können Angehörige der Seele beim Heilen helfen

Psychische Krankheiten können für Betroffene die Hölle auf Erden sein. Fachpsychologin für Psychotherapie Katharina Balmer Koechlin gibt Angehörigen und Freund*innen Tipps, wie sie ihren Liebsten helfen können.

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Reden hilft.

Fünf Tipps für Angehörige und Freund*innen:

  • Zuhören: Sätze wie ‘Ich bin für dich da’ oder ‘Es interessiert mich, wie es dir geht’ können sehr hilfreich sein.

  • Ansprechen: Wenn sich jemand zurückzieht, viel fernsieht oder Computer spielt, kann das ein Alarmzeichen sein. Sprich die Person an und biete Hilfe an.

  • Hilfe holen: Wenn du selbst nicht mehr weiterkommst, melde dich bei Fachpersonen auf Doc.24. Aber informier zuerst die betroffene Person.

  • Gelassen bleiben: Leichter gesagt, als getan. Aber sei dir bewusst: Wenn dich die kranke Person beschimpft oder ausrastet, hat das nichts mit dir zu tun. Wenn es dir zu viel wird: Mach Pause und suche Unterstützung im Freundeskreis. 

  • Im Notfall: Krankenwagen rufen. Wenn jemand Anzeichen macht, Suizid zu begehen, sofort den Notfall anrufen.

Was kann man tun, wenn es jemandem aus dem Umfeld mental nicht gut geht? Die Fachpsychologin für Psychotherapie, Katharina Balmer Koechlin, gibt einen simplen Rat: «Hört zu und seid für die Person da. Signalisiert Interesse. Sätze wie ‘Ich bin für dich da’ oder ‘Es interessiert mich, wie es dir geht’ können sehr hilfreich sein.»

Menschen in einer Krise können diese nicht immer verbalisieren. Wenn sich jemand zurückzieht, vielleicht viel fernsieht oder exzessiv am Computer spielt, solle man versuchen, die Person auf ihr verändertes Verhalten anzusprechen. Sie betont nochmal, wie wichtig ein offenes Ohr ist. Sie fügt hinzu: «Viele wollen Angehörigen und Freund*innen auch einfach nicht zur Last fallen. Manchmal ist der betroffenen Personen selber nicht ganz klar, worunter sie leidet. Sie fühlt sich innerlich unruhig oder leer und kann den Zustand  eventuell auch selber noch nicht einordnen und beschreiben.»

Wichtig sei es deshalb, nicht nachzulassen und immer wieder Hilfe anzubieten. Auch wenn jemand abweisend ist, soll man immer zugewandt bleiben. «Es fällt nicht allen leicht, ihr Herz auszuschütten», so Balmer Koechlin.

Sich kompetente Hilfe holen

«Komm, wir holen Hilfe», können Angehörige sagen, wenn sie selber nicht mehr weiter wissen. Im Therapieplatzverzeichnis und auf Doc.24 findet man Angebote für Psychotherapien. In akuten Notfällen gibt es die Ambulanz an der Kornhausgasse 7 oder die Notfallaufnahme der UPK. Bei Pro mente sana kann man sich kostenlos telefonisch oder online beraten lassen. Hier können sich Betroffene und Angehörige melden, auch Kinder und Jugendliche.

Klar ist, dass man niemanden zu einer Therapie zwingen kann. Falls die Sorge um jemanden aber zu gross werde, weil die Person sich beispielsweise etwas antun könnte, seien der Notruf 144 oder 117 Anlaufstellen. Ein Suizid ist laut der Therapeutin in den meisten Fällen eine Impulsivhandlung. «Die allermeisten Menschen sind im Nachhinein froh, wenn sie davon abgehalten werden.»

Freundeskreis einbeziehen

Impulsausbrüche psychisch Erkrankter solle man nicht auf sich beziehen, so Balmer Koechlin. Sie ermutigt Angehörige, nicht aus Überforderung den Kontakt abzubrechen. Es sei aber sehr wichtig, auch gut auf sich selbst zu achten und in sich hinein zu spüren. «Wenn man an nichts anderes mehr denken kann und sich ständig Sorgen macht oder nachts nicht mehr schlafen kann, ist es zu viel.»

In solchen Fällen empfiehlt sie, wenn möglich das soziale Netz enger zu spannen. Es sei einfacher, sich als Freundeskreis oder Familie um jemanden zu kümmern, als ganz allein. Auch deshalb sei es so wichtig, über mentale Gesundheit zu sprechen. «Tabuisiert es nicht», schliesst die Psychologin.

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