Basler Fasnacht – Klappe die Erste
Wie bitte? Du warst noch nie bei einer Fasnacht dabei? Na dann mach dich auf was gefasst. Diese Sätze bekomme ich aktuell ständig und überall zu hören. Also stürze ich mich rein.
Ich muss ehrlich sagen, Neuling an der Fasnacht zu sein, ist nicht ganz so einfach, wie man es sich vielleicht vorstellt. Meine Erwartungen an das ganze Spektakel sind sehr gross. So viele Fragezeichen in meinem Kopf. Was muss ich beachten? Wo darf ich mich aufhalten? Woher bekomme ich die Plakette (oder Blaggedde, wie man hier sagen würde)? Und wie vermeide ich, Opfer des Straichs zu werden? Ich denke da gerade an die armen Touristen, die eigentlich nur die schöne Innenstadt bewundern und schwups in der Konfetti- (äh Räppli)-Badewanne landen.
Um mich ein bisschen zu informieren und nicht ganz so fremd zu fühlen, habe ich mir den Fasnachtsführer 2024 geschnappt. Rädäbäng. So viel Tradition in einem Buch habe ich selten gelesen. Drache-Schränzer, Dupf-Club Basel, Glunggi, Giftschnaigge. Das hört sich doch interessant an. Eine Traditionsclique mit dem Sujet «Frauschaft-d Frau schafft!». Es geht um Fussball, da fühle ich mich als Spielerin beim FC Basel sofort angesprochen.
Die Giftschnaigge sind eine Traditionsclique, die nicht nur zur Fasnacht ihre Gruppendynamik pflegen , sondern auch das ganze Jahr in Kontakt bleiben. Sie setzen sich aus den Wörtern «Gift» und «Schnaigge» zusammen, was so viel wie «freche Schnauze» bedeutet.
Schon bei meinem ersten Cafè am Montagmorgen, höre ich die Flöten (äh Piccolo) durch geschlossene Fenster hindurch tönen. Trommelschläge vervollständigen den Klang. Eigentlich ein recht angenehmer Wecker. Jedenfalls mal eine Abwechslung zu meinem Alltäglichen.
Am frühen Nachmittag geht’s los. Jacke an, Plakette befestigt. Ach ja, wie ich das silberne Abzeichen letzten Endes bekommen habe? Eine Mitspielerin hat mitgedacht und für alle eine besorgt. Meine persönliche Rettung. Ich stehe vor der Tür, atme tief ein und checke draussen die Lage ab. Keine Leute, keine Kostüme, keine Masken (äh Larven). Also, los geht's.
Noch ist es ruhig. Nur die Böden sind voll mit Konfetti (äh Räppli) und alten Bierdosen. Das erinnert mich gleich wieder an die Räppli-Badewanne, von der mir schon im Vorhinein berichtetet wurde. Ich hoffe, die Plakette bewahrt mich vor dem Schlimmsten. Dass ich mein Vertrauen mal einem kleinen silberfarbenen Ding schenken würde, dachte ich bis dato auch nicht.
Je näher ich der Innenstadt komme, desto mehr Menschen laufen mir über den Weg. Gleich erwarte ich die Gruppe an ihrem ersten Halt. Ich würde sie an der Laterne in Schmetterlingsform erkennen, schrieb mir der Anführer (äh Obmann) im Vornherein. Und so ist es auch. Der grosse bunte Schmetterling sticht hervor.. Daneben stehen zwei Frauen in einem Trikot. Fast wie ich es am Wochenende noch getragen habe. Das müssen sie sein. Die Giftschnaigge.
«Mit unserem Sujet wollen wir mehr Aufmerksamkeit auf das Ungleichgewicht zwischen dem Männer- und Frauenfussball lenken, aber auch generell in der Gesellschaft», erklären Yara und Lea von den Giftschnaigge. Die Fussballwelt zeige deutlich, dass die Frauen hinterherhinken. Die Fussballerinnen jedoch würden überzeugen und aufholen. «Das finden wir toll und zeigen darum, dass die Frauschaft genau gleich viel schafft wie die Mannschaft.»
Eine Meinung, die mich persönlich sehr glücklich macht. Es ist schön zu hören, dass eine so grosse und vielfältige Gruppe dem Frauenfussball so viel Wertschätzung und Aufmerksamkeit schenkt. Dafür spielen wir doch Fussball. Um einem selbst aber natürlich auch allen Fans eine Freude zu bereiten. Das bestätigt mir, dass der Frauenfussball eine richtige Richtung eingeschlagen hat, welche hoffentlich weiterhin stetig wächst.
Eine der beiden Frauen drückt mir eine gelbe und eine rote Karte in die Hand.«Das sind unsere Zeedel. Hier drauf steht das Sujet der Clique. Normalerweise sind sie immer sehr lang. Dieses Jahr wollten wir den Zeedel aber etwas kürzen. Deshalb haben wir uns für rote und gelbe Karten entschieden», erklärt sie mir. Darauf sind Sprüche und Aussagen abgedruckt, die sie nicht ok finden. «Denen wollen wir sozusagen die rote oder die gelbe Karten zeigen, um zu signalisieren, dass man vielleicht zweimal nachdenken sollte, bevor man etwas sagt.»
Zeedel, Fasnacht, Blaggedde, Morgestraich. Alles Begriffe, die mich heute sicherlich noch den ganzen Abend begleiten werden – und auch Piccolos. Diese ertönen nämlich und die Gruppe zieht los. «Marsch Giftschnaigge».
Ich bleibe zurück, aber das ist auch völlig in Ordnung. Ich muss zugeben, ich bin fix und fertig. So viele Eindrücke, die ich erstmal verarbeiten muss. Aber was ich jetzt schon sagen kann: Ich bin wirklich begeistert. Es ist total schön zu sehen, wie viel Freude und Energie diese Tradition in die Stadt bringt. Jeder ist mit einem Lachen dabei und kann es kaum erwarten, den anderen mit Räppli einzuseifen. Eins steht fest, ich bin dem heute noch entkommen. Ob das bis zum Schluss so bleiben wird, sei mal dahingestellt.
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