Da haben wir den Zwätschgesalaat

Vier neue Schnitzelbänke sind dieses Jahr zum Comité gestossen. Einer davon: der Zwätschgesalaat. Ein Porträt vom Fasnachtszyschtig.

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Erster Halt des Zwätschgesalaat am Fasnachtszyschtig – das gut gelaunte Marionettentheater. (Bild: Dominik Asche)

Als sich am Dienstagabend der Himmel über den Häusern am Münsterplatz rötet, machen sich vier violett kostümierte Frauen vor dem Marionettentheater bereit für ihren ersten Auftritt des Abends. Es ist der Zwätschgesalaat, ein neuer Schnitzelbank. 

Ein neuer Comité-Frauenbangg notabene. Seit d Brunzguttere 2023 fragten: «Wo sind alle Frauen?» und die Brunzgutterinnen Frauen an die Helgen riefen, hat sich zwar der eine oder andere neue Bangg mit oder von Frauen gegründet. Die meisten Schnitzelbänke aber bestehen aus Männern. Die Frage drängt sich beim Zwätschgesalaat also auf: War es eine bewusste Entscheidung, einen Frauenbank zu gründen?

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    Die Zwätschge findet sich im Detail ... (Bild: Dominik Asche)

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    – auch auf dem samtigen Anzug. (Bild: Dominik Asche)

Die Idee habe schon mehrere Jahre in allen von ihnen geschlummert, sagt Bängglerin 1 im Vorfeld. Und auch der Name Zwätschgesalaat spielt auf den Frauenaspekt an: der Begriff bedeutet auf gut alt Baseldeutsch eine Frauenversammlung. «Als wir auf den Begriff gestossen sind, dachten wir: Das passt wie die Faust aufs Auge.» Trotzdem: Als «Frauenbangg» wollen sie nicht unbedingt wahrgenommen werden. «Wir sind primär einfach ein Schnitzelbangg», sagt Bängglerin 1. 

Als Comité-Schnitzelbangg hat der Zwätschgesalaat am Montag den mittlerweile üblichen Beizenmarathon durchlaufen. An diesem Fasnachtszyschtig liegt der Zeitplan in ihren eigenen Händen – und ist alles andere als lasch. Keine 10 Minuten, nachdem sie ins Marionettentheater abgestiegen sind, gibt’s fürs Publikum ein paar Zwetschgen auf die Ohren – und das Publikum hat Bock, stimmt schon beim ersten La-la-la zwischen den Versen in den Gesang mit ein.

Nach und nach erscheinen auf dem Helge die Themen, die dieses Jahr die Fasnacht prägen: Trump, Tesla, Polizeikrise, Steuernzahlen auf den Bahamas. Beim zweitletzten Väärs zeigt der Helge ein weisses Blatt. Bisher hat das Publikum die Pointen mit Lachen und lautem Klatschen quittiert. Als aber die Bängglerinnen singen

Um d Wett rysst jede – si Schnurre wyyt uff,

Bi de Schwoobe hesch wider – e wahnsinnigs Puff,

Politisch, gsellschaftlig, – und alles wird dürer

No dürer wird d Sehnsucht – nach ‘me neue Führer.

bleibt manchem das Lachen im Hals stecken. «Oooh», raunt es, bevor die meisten wieder in den Refrain einstimmen. Dramaturgisch geschickt endet der Auftritt des Zwätschgesalaat dann nochmals mit spitzigem Comic Relief:

Will si in Dubai – fir die neye Schoggifabrigge,

Asiatischi Sklave – ans Fliessband schigge,

Kasch jetzt mit – guetem Gwisse do druff proschte,

und bim Läderach – wider go Schoggi poschte.

Bevors weitergeht zum nächsten Auftritt stärken sich die vier noch hinter der Bühne, es gibt Kääsewaaie und etwas gegen den Durst. Auf dem Weg zum nächsten Halt, Helgen geschultert, Larven in Jute- und Einkaufsbeuteln, freuen sich die vier: «So ein toller erster Auftritt.». Wie schon der Montag ist nun auch dieser Abend ein First für sie. Keine der vier hatte vorher Schnitzelbank-Erfahrung. 

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Unterwegs zum nächsten Lokal. (Bild: Dominik Asche)

Der Start des Zwätschgesalaats war ein Infoabend des Schnitzelbank-Comités im Frühling 2024. «Wir haben dann ohne grosse Erwartungen an dieser Veranstaltung teilgenommen, so Bängglerin 1. Dann ging’s schnell: «Danach waren wir angefixt und meinten: Lasst uns das machen!» Es folgten «unzählige» Treffen mit viel «Ideenpingpong», die Arbeit an Sujet und Väärs, und die Suche nach einer passenden Melodie. Und der «bewusste Entscheid», sich dem Schnitzelbank-Comité anschliessen zu wollen.

«Uns fehlte die Erfahrung», so Bängglerin 1. «So bekamen wir die Möglichkeit, uns mit erfahrenen Schnitzelbänken austauschen zu können und von ihnen zu lernen. Wir haben von renommierten Schnitzel-Bängglern wertvolle Tipps und Unterstützung erhalten.» Dass der Zwätschgesalaat so auch einen Zugang zur Schnitzelbankszene gefunden hat, zeigt sich auch vor dem nächsten Lokal: dem Primidoofe-Cliquenkeller. Mehrere Bänke warten draussen, bis sie an der Reihe sind und drinnen Platz ist für einen Auftritt.

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Nach einer gsprächigen Wartezeit singen die Bängglerinnen im Primidoofe-Keller. (Bild: Dominik Asche)

Man kennt sich, herzliche Begrüssung, freundschaftlicher Austausch: Wohin geht’s als Nächstes? Wie wars am Montagabend im Theater Basel vor dem Comité? «Einen sehr gelungen Namen habt ihr», sagt ein Bänggler. Zur Überbrückung der Wartezeit gibt’s auch hier Getränke aufs Haus, gefolgt von einen Prostspruch im Viererchor: «Eimol Zwätschge, zweimal Zwätschge, dreimol Zwätschge, viermol Zwätschge. Zwätschgesalaat!»

Auch wenn an diesem Abend keine Nervosität bei den Vieren zu spüren ist, habe ihnen der Austausch mit anderen gegen Lampenfieber geholfen, sagt Bängglerin 1 im Vorfeld. So habe ihnen ein erfahrener Bänggler zum Beispiel erklärt, durch welche Eingänge sie die verschiedenen Comité-Auftrittslokale betreten sollen. «Das half sehr.» Und was auch helfe gegen Lampenfieber: die Larven.

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Das Ergebnis einer langen Auseinandersetzung mit der Frage: Wie soll die Zwätschgesalaat-Frauenfigur sein? (Bild: Dominik Asche)

Lange haben sich die vier Bängglerinnen zusammen mit einem Larvenmacher aus ihrem Freundeskreis damit auseinandergesetzt, wie ihre Gesichter aussehen sollen. Schnell lande man bei Frauenfiguren an der Fasnacht bei Klischees: die alte Tante, eine Scheese, eine Hexe. Das wollte der Zwätschgesalaat nicht. Stark sollten ihre Frauen sein, klassisch, nicht arrogant, ein bisschen frech, aber auch liebevoll. Herausgekommen ist ein auffälliger visueller Auftritt mit aufwändig modellierten Larven, mit stechenden, wachen Augen mit Wimpernkranz aus Abwaschbürsteli. 

Nach einer guten halben Stunde Wartezeit wird im Primidoofe-Keller dann um 19.30 Uhr Zwetschgesalaat serviert. Auch hier ist das Publikum zugewandt, auch wenn es mehr klatscht als mitsingt. Beim Führer-Väärs huschen ein paar Runzeln über einzelne Stirnen. Geschmackssache – wie selbst bei den erfahrensten Bängg.

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Michelle Isler

Das ist Michelle (sie/ihr):

Nach einem Masterstudium in Geisteswissenschaften und verschiedenen Wissenschafts- und Kommunikations-Jobs ist Michelle bei Bajour im Journalismus angekommen: Zuerst als Praktikantin, dann als erste Bajour-Trainee (whoop whoop!) und heute als Redaktorin schreibt sie Porträts mit viel Gespür für ihr Gegenüber und zieht für Reportagen durch die Gassen. Michelle hat das Basler Gewerbe im Blick und vergräbt sich auch gern mal in grössere Recherchen.


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