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But does it spark joy?

Sonne, Bombenwetter, Veeenus und ab ins Näscht

Die Good News kommen gerade ein bisschen zu kurz, darum haben wir Basler*innen gefragt: Wann war 2020 richtig schön? Voilà: Ein bisschen Heiterkeit gegen die Tristesse.

12/15/20, 12:50 PM

Aktualisiert 12/15/20, 01:57 PM

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Gute Laune

Lichtblick, Symbolbild.

Die Menschen, die hier erzählen, haben sich auf einen Aufruf von uns in der Gruppe «Gärn gschee – Basel hilft» gemeldet und eine Anekdote geteilt. Es sind ganz viele schöne Momente zusammengekommen, einzelne haben wir herausgepickt und hier aufgeschrieben. Wenn du auch eine Erinnerung teilen möchtest, dann melde dich doch bei uns.

Feier Abend 

Sternenmeer auf dem Handy von Fränzi Müller. Manchmal klickt sich Fränzi Müller durch die Galerie mit all den Fotos, die sie 2020 gemacht hat, und alles rund um den 1. August macht ihr gute Laune. «Das war eine Bombenzeit.»

Sternenmeer auf dem Handy von Fränzi Müller. Manchmal klickt sich Fränzi Müller durch die Galerie mit all den Fotos, die sie 2020 gemacht hat, und alles rund um den 1. August macht ihr gute Laune. «Das war eine Bombenzeit.»

Fränzi Müller arbeitet in der Pflege. Mit ihrem Mann und zwei Kindern steht sie am 1. August am Thunersee und hat Bombenwetter, zehn Tage lang. «YB hat an dem Tag die Meisterschaft gewonnen, es war ein Riesenfest, alle haben gefeiert, Türken, Chinesen, Japaner, die vom Balkan, wasweissich, auf jeden Fall standen alle mit den Waden im Thunersee unter dem Campingplatz und sangen Venus von Bümpliz, das war geil!»

Das Jahr sei insgesamt nicht so schlecht gelaufen, sagt Fränzi Müller, schöne Momente gab es trotz der Krise ein paar, aber dieser eine Abend sei ihr eben besonders in Erinnerung geblieben. Eigentlich hat sie mit der Familie nach Italien fahren wollen, aber das war dann zu unsicher und darum steckte Familie Müller das ganze Feriengeld eben in ein tolles Zelt und ab gings an den Thunersee zum Campen. Dann kam dieser Abend, sie als Baslerin im YB-Festtaumel, komplett egal, Sonne, Bombenwetter, Veeeeenus und um 23 Uhr hats angefangen zu regnen, was Fränzi Müller ganz recht war, weil «dann sind alle ins Näscht und wir hatten Ruhe». 

Der Flughelfer

Hildi Hof

Hildi Hof (rechts) und eine Freundin übergeben zwei aufgepäppelte Mauersegler am Eisweiher in Riehen der Freiheit.

Hildi Hof, Expertin für fragile Existenzen, stand dieses Jahr noch ein bisschen öfter als in anderen Jahren in Handschuhen, Brille und Schutzanzug in ihrer sterilisierten Küche, um Leben zu retten. Ihre Patient*innen sind Leichtgewichte: Schwalben, Meisen und andere Kunstflieger. Denn Hildi Hof, eine älterer Dame mit langen schlohweissen Haaren, führt eine Pflegestation für verletzte Singvögel und Mauersegler in Riehen. Wenn ein Vogelunfall passiert, muss es schnell gehen, und Spaziergänger*innen, Tierärzt*innen, sogar die Vogelwarte von Sempach beeilen sich, rechtzeitig bei Hildi Hof, der zertifizierten Aufpäpplerin, auf der Matte zu stehen.

«Mauersegler sind Vorbilder», sagt sie am Telefon. «Mauersegler sind sehr sozial, sie haben keinen Futterneid und kuscheln sich beim Schlafen eng zusammen, damit alle warm haben.» 2020 habe sie viele Mauersegler gehabt, viele mit Vergiftungen aus den Rebbergen, wo erst die Insekten unter den Pestiziden kollabieren und dann die Vögel. In der Krankenstation Hof legt die Frau den Vögeln eine Sonde und spült den Tieren einmal stündlich den Rachen, auch nachts. Zwei bis drei Wochen dauert die Kur, dann bringt Hildi Hof die Tiere runter zum Eisweiher und lässt sie frei. «Man darf keine emotionale Beziehung aufbauen», sagt Hof. «Die Vögel gehören nicht mir. Sie gehören der Natur.»

Es war kein einfaches Jahr für Hildi Hof. Sie ist alt und oft einsam. Manchmal geht sie zu einem Kollegen frühstücken, aber meistens ist sie allein. «Die Arbeit mit den Vögeln hat mir geholfen.» 

Mal nicht ausgefallen

Roberto Barbotti

Selfie im Orchestergraben, noch fünf Minuten bis zum Auftakt der Ouvertüre. Roberto Barbotti an der Harfe ist schon parat, und ein bisschen sieht man seinen Augen die Vorfreude an.

Roberto Barbottis gute Erinnerung an 2020 wiegt im Dreidritteltakt. Gegeben wird Johann Strauss, «Eine Nacht in Venedig», und Barbotti, Musiklehrer und Freelancer, sitzt ganz hinten im Orchestergraben eines kleines Theaters in Arth, Kanton Schwyz, an der Harfe.

Ein Musiker musiziert. Für einen Glücksmoment in diesem für Musiker*innen so verflixten Jahr muss das reichen. Roberto Barbotti erzählt von der Spannung im Moment, da sich der Taktstock des*der Dirigent*in zur ersten Note hebt, von der Schwingung mit dem Orchester und er mittendrin, von der Energie, die von den Zuschauer*innenrängen und der Bühne hinunter in den Graben schwappt.

Nach den Aufführungen hat sich Barbotti natürlich noch ein bisschen mit den Kolleg*innen unterhalten. Da wurde über die generelle Stimmung im Graben gesprochen, man neckt sich ein bisschen wegen verpasster Einsätze. Man macht sich Komplimente. Ein paar private Dinge werden auch ausgetauscht, dann ist der Abend zu Ende. «Für mich waren diese Konzerte im März besonders, weil ich dort dem Alltag entkam. In diesen Momenten ging es nicht um Subventionen und Ausfallentschädigungen. Das fand ich schön.»

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