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Klimastreik: Basel droht die Demokratiekrise

Die Klimajugend kritisiert die lokale Politik hart. Ihre Befürchtung: Wenn die Politik jetzt nicht handelt, ist es irgendwann zu spät, um die Klimakrise mit demokratischen Mitteln zu lösen. Was dann? Dieser Frage gehen zwei Klimajugendliche in einem Beitrag für Bajour nach.

Benjamin Rytz

02/17/20, 12:55 PM

Aktualisiert 02/17/20, 03:51 PM

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Klimademo vom 17.02.19

Plan gesucht. (Foto: Andrew Shields)

Gestern war Klimademo. Rund 500 Leute, darunter viele Jugendliche, gingen auf die Strasse und lasen den Basler Politiker*innen die Leviten. Die Gymnasiastin Pauline Lutz etwa sagte auf dem Barfi ins Megaphon: «Die aktive Klimapolitik ist ein absoluter Witz.»  


Aber wie ist das jetzt genau mit der Klimajugend und der Demokratie? Im Vorfeld der Demo hatte einer der Mitorganisatoren der Demo, der 19-jährige Philippe Kramer, für Irritation gesorgt. Man müsse «die Demokratie gegen unser Leben auf dem Planeten abwägen», zitierte ihn die «bz». Diese Aussage sei «leichtsinnig» kommentierte Bajour das nachher im Basel Briefing, unserem täglichen Newsletter mit den relevantesten Nachrichten aus Basel.

Danach meldete sich Klimaaktivist Philippe Kramer bei der Bajour-Redaktion und stellte klar: «Das war kein Statement gegen die Demokratie, im Gegenteil.» Jetzt hat er, zusammen mit Klimaaktivist Benjamin Rytz, aufgeschrieben, wie das gemeint war. (die Redaktion)

Warum die Klimakrise zur Demokratiekrise wird

Von Philippe Kramer und Benjamin Rytz

Philippe Kramer Benjamin Rytz

Die Klimaaktivsten Philippe Kramer (19) und Benjamin Rytz (17) (Foto: zvg.)

Die Demokratie ist in Gefahr! Und zwar, weil wir die Zeit, die uns bleibt, um die Klimakrise zu verhindern, nicht nutzen. Jetzt, in diesem Moment, ist noch Zeit, um den Klimawandel sorgfältig und mit demokratischen Mitteln zu stoppen. Die Politik muss sofort Massnahmen einleiten, um den Co2-Ausstoss zu verringern.

Doch das Zeitfenster wird mit jedem Tag kleiner. Und wenn wir nichts tun, droht der Welt, wie wir sie kennen, eine Katastrophe. Die Welt wird wärmer, die Wüsten breiten sich aus, Landwirtschaftszonen verschieben sich – und Millionen von Menschen müssen ihre Heimat verlassen. Sie werden nach Europa kommen, auf der Suche nach einem Ort, an dem man noch leben kann.

Es ist eine fiese Frage, aber was machen wir dann? Wie gehen wir mit diesen Flüchtlingsströmen um? Wenn wir einmal in dieser Katastrophe – und in diesen Konflikten – stecken, wird uns die Zeit fehlen, mit demokratischen Mitteln sorgfältig Lösungen zu suchen. Wie das endet, wollen wir uns gar nicht ausmalen.

Müssen wir aber!

Wir können die Demokratie und den Frieden nur bewahren, wenn wir den Klimawandel heute angehen. Sonst wird die Klimakrise zur Demokratiekrise. Deshalb freuten wir von der Klimajugend uns vor einem Jahr so sehr, als wir dachten, wir hätten den Durchbruch geschafft: Symbolisch hat der Basler Grosse Rat den Klimanotstand ausgerufen. Die Parlamentsmitglieder standen im Saal, klatschten zur Tribüne zugewandt und dankten uns. Man hat uns gesagt: «Das macht ihr toll!», uns auf die Schultern geklopft.

Ihr Politiker*innen macht das nicht toll

Jetzt, nach einem Jahr, müssen wir auf den Tisch hauen und sagen: «Ihr Politiker*innen macht das aber nicht toll.» Wir wollen keinen Applaus, wir wollen zukunftsfähige Politik. Bei jeder anderen Notsituation, wie zum Beispiel einem bedrohlichen Virus, gäbe es unzählige Informationsblätter und Veranstaltungen, mit dem Ziel die Bevölkerung zu informieren. Und Massnahmen, um die Ausbreitung zu stoppen.

Doch zum Klimanotstand?

Keine Flyer, keine Informationskampagne: Einzig ein langer Umweltschutz-Bericht. Völlig unverständlich für Nicht-Expert*innen. Ausserdem geht dieser Bericht immer noch davon aus, dass es reicht, wenn jede Person in Basel im Jahr 2050 nur noch eine Tonne CO2 ausstösst. Dieses Ziel hinkt der heutigen Zielvorgabe der Schweiz und erst recht dem Pariser Abkommen hinterher.

Das zeigt, dass in Basel der Klimanotstand immer noch nicht so umgesetzt wird, wie es notwendig wäre.

Ist in diesem Jahr politisch mehr passiert, als je zuvor?

Ja.

Ist so viel passiert, wie es einem Notstand würdig ist?

Nein, bei weitem nicht.

Andere Städte machen das besser. In Luzern gab es eine extra Klima-Session, in Bremen muss jedes neue Gesetz auf seine Umwelttauglichkeit überprüft werden und Kopenhagen will schon bis 2025 klimaneutral werden.Das rotgrüne Basel, dagegen, steht schlecht da, Ideen fehlten.

Deshalb gingen diesen Sonntag erneut mehrere hundert Menschen in Basel auf die Strasse. Wir von der Kliamjugend luden die Bevölkerung ein, Ideen zu entwickeln, wie man Basel klimaneutral machen kann und sie in diesem Online-Formular einzutragen. Wir werden diese Ideen aufbereiten und Basler Politiker*innen übergeben. Eigentlich war das für diesen Mittwoch geplant, aber jetzt haben so viele Leute Ideen eingegeben, dass wir noch nicht so weit sind. Wir hoffen, dass wir mit diesen Ideen, die Regierung inspirieren können. Denn was es nach dem Klimanotstand braucht, ist ein Klimanotstandsplan.

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