Warum wollen Sie Dividenden bei Kurzarbeit erlauben, Frau Nationalrätin?

Auch Basler Firmen haben staatlich finanzierte Kurzarbeit beantragt – und trotzdem Dividenden ausgeschüttet. Doch am Dienstag berät der Nationalrat ein Dividenden-Verbot. Wie stimmen unsere Vertreter*innen in Bern ab? Wir haben sie gefragt.

Nationalrät*innen
Verdienen mehr mediale Aufmerksamkeit: unsere Nationalrät*innen (v.l.): Beat Jans (SP), Sibel Arslan (BastA!), Mustafa Atici (SP), Christoph Eymann (LDP), Katja Christ (GLP).

Die Basler Firma Straumann macht es. Die Tamedia/Tx Group, welcher die «BaZ» gehört, ebenfalls: Sie wollen ihre Mitarbeiter*innen auf Kurzarbeit setzen – und haben trotzdem Millionen von Franken auf die Bankkonten ihrer Aktionär*innen gespült. 

Bei Kurzarbeit werden die Löhne zu 80 Prozent von der Arbeitslosenkasse (ALV) übernommen. Normalerweise wird diese Versicherung je zur Hälfte über die Arbeitnehmenden und die Arbeitgebenden gefüllt. Diese Mittel reichen in der Corona-Krise aber nicht. Deshalb pumpt der Staat aktuell Geld in die Arbeitslosenkassen, um die massiven Kurzarbeitsentschädigungen finanzieren zu können.

Das sind Steuergelder, deswegen sind Dividenden bei Kurzarbeit wirtschaftsethisch umstritten – und könnten jetzt gar verboten werden. Am Dienstag berät der Nationalrat eine eine Motion der Sozial- und Gesundheitskommission, die es Unternehmen untersagen will, Dividenden bei Kurzarbeit auszuschütten. Die Sozial- und Gesundheitskommission des Nationalrats ist mehrheitlich dafür, der Bundesrat dagegen.

Doch was sagen unsere Basler Vertreter*innen in Bundesbern? Wir haben sie gefragt. 

Katja Christ

GLP-Nationalrätin, Anwältin

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Bei der Dividendenfrage bei den Bürgerlichen: Katja Christ von der GLP

«Ich verstehe, dass ein solches Vorgehen der Firmen bei der Bevölkerung Unmut auslöst. Die Details sind entscheidend. Es geht nämlich um zwei komplett unterschiedliche Dinge: Das Eine ist eine Versicherung, die es zum Ziel hat, dass möglichst wenig Menschen ihre Arbeit verlieren und diese Krise überbrückt werden kann. Die Gewinnausschüttung, die Sache der Firma ist, hat nichts direkt damit zu tun. Vielmehr muss man sich grundlegende Gedanken um das System machen und sich nicht auf die Dividendenfrage versteifen.»

Christoph Eymann

LDP-Nationalrat (FDP-Fraktion), Alt-Regierungsrat, Präsident der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos)

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Christoph Eymann (LDP) findet, Kurzarbeit dürfe man nicht mit Subventionen verwechseln.

«Kurzarbeitsentschädigung ist eine Versicherungsleistung, keine Subvention. Dafür sind während vieler Jahre Prämien bezahlt worden von Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen. Bei einer Annahme der Motion besteht die Gefahr, dass Firmen auf Kurzarbeitsentschädigung verzichten und Entlassungen vornehmen, um ihren Handlungsspielraum zu bewahren. Die Dividenden sind auch aus Sicht der Anleger*innen erwünscht, zum Beispiel von Kleinsparer*innen und Pensionskassen, um Einkommen zu generieren und Renten bezahlen zu können. Trotzdem: Ich kann verstehen, dass diese Forderung aufkommt. Es gilt aber rational und nicht emotional zu handeln und schon gar nicht stimmungslabil.»

Keine Dividenden, nur Einheitslohn.
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Mustafa Atici

SP-Nationalrat, Unternehmer.

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Mustafa Atici (SP) plädiert für «Solidarität»

«Es kann nicht sein, dass Unternehmen davon profitieren, wenn der Staat in der Krise einspringt. Deshalb werde ich für die Motion stimmen. Die Pandemie trifft uns alle – egal, ob grosses oder kleines Portemonnaie. Aber die, die mehr haben, sollten bereit sein, mehr zu zahlen. Ich erwarte Fairness von den Unternehmen, die dieses Jahr von der staatlichen Hilfe profitieren und hoffe, dass diese einsehen, dass es nicht geht, dass man im nächsten Jahr erneut Dividenden ausschüttet, als wäre nichts geschehen.»

Beat Jans

SP-Nationalrat, selbstständiger Berater.

Beat Jans
Staatliche Unterstützung und Dividende gehen nicht zusammen, findet Beat Jans (SP)

«Ich unterstütze diese Motion. Wenn Gegner*innen sagen, dass zu stark in die Wirtschaftsfreiheit eingegriffen werde, muss ich entgegnen, dass wir uns gerade in einer ausserordentlichen Situation, in einer schweren Wirtschaftskrise befinden, die möglicherweise noch lange anhalten wird. Die Unterstützungsmassnahmen, da gehört Kurzarbeit dazu, kosten den Bund Milliarden. Vor diesem Hintergrund ist es völlig gerechtfertigt zu verlangen, dass Firmen, die diese Unterstützung erhalten, auf Gewinnausschüttungen verzichten. Es geht darum, die Wirtschaft in der Krise zu stärken. Wenn Unternehmen jetzt Dividenden auszahlen, dann nehmen sie Geld aus dem Betrieb, das dieser offensichtlich benötigt, um die Krise zu bewältigen. Die Vorgabe gilt ja nur für Firmen, die von der Krise betroffen sind. Es ist verantwortungslos, Grossanleger*innen mit Kapitalreserven zu bedienen, während der Staat helfen muss, damit die Arbeitnehmer*innen über die Runden kommen.»

Sibel Arslan

Nationalrätin BastA! (Grüne Fraktion), Juristin und Beraterin.

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Sibel Arslan (BastA!/Grüne) hält es für die Verantwortung der Aktionär*innen, das unternehmerische Risiko zu tragen.

«Ein Dividendenverbot für Unternehmen, die Kurzarbeit beantragen, ist richtig. Es ist in der Verantwortung der Aktionär*innen, das unternehmerische Risiko zu tragen – mit positiven Auswirkungen und Dividenden in guten Zeiten, aber auch mit den Konsequenzen in schwierigen Zeiten. Die Grünen haben schliesslich in der Kommission für Wirtschaft und Abgaben einen Antrag gestellt, dass für Unternehmen, die jetzt auf das Instrument der Kurzarbeit zurückgreifen, dieselben Regeln gelten wie bei der Vergabe der COVID-Kredite: Dass sie in diesem Jahr auf die Ausschüttung von Dividenden und Tantiemen sowie das Zurückerstatten von Kapitaleinlagen verzichten.»

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