Wer wird der nächste Luca?
Die FDP Basel-Stadt nagt noch immer an der Abwahl Baschi Dürrs vor vier Jahren. Sie will zurück in die Regierung, deshalb werden jetzt alle denkbaren Namen ins Spiel gebracht. Eine kleine Übersicht.
Luca Urgese will nicht nochmal. Statt die 45 Prozent Wähler*innenanteil bei den Ersatzwahlen Anfang April gegen einen SP-Kandidaten in einem SP-Kanton als Ansporn zu verstehen, stellt sich der FDPler im Herbst nicht nochmal für Regierungswahlen zur Verfügung, wie er am Montag mitteilte.
Als die BaZ Urgeses Absage mit Verweis auf die «dünne Personaldecke» der FDP vermeldete, gab direkt Vizepräsidentin Eva Biland via Facebook ihr Interesse an der Regierungskandidatur bekannt. Hat sie eine Chance, auf dem Ticket zu landen? Denn unabhängig von Bilands Kandidatur nannte Parteipräsident Johannes Barth in der BaZ weitere Namen, die den FDP-Sitz in der Regierung zurückholen sollen. Doch: Wer sind die alle überhaupt?
Eva Biland
Die 52-Jährige hat sich bisher vor allem in der Dorfpolitik in Bettingen einen Namen gemacht. Sie wurde als Parteilose in die FDP eingegliedert. Sichtbar im politischen Basel wurde die Ärztin vor allem vergangenes Jahr mit einem BaZ-Interview zu ihrer Kritik an der Pandemiepolitik und ihrem Engagement gegen das Covid-Gesetz. Diese Haltung könnte ein Handicap sein. Dennoch: Nach Baschi Dürr erzielte sie bei den Nationalratswahlen 2023 das zweitbeste Ergebnis der FDP.
Für sie spricht: Der Frauenfaktor ist bei der FDP nicht unwichtig, da der Partei eine niedrige Frauenquote nachgesagt wird. Nach Luca Urgese als Regierungsratskandidat wäre eigentlich wieder eine Frau dran. Ausserdem hat sie Exekutiverfahrung in Bettingen, wo sie bestens vernetzt ist. Die Vernetzung im Grossen Rat fehlt ihr jedoch. Doch ihr wird Offenheit und Kontaktfreudigkeit nachgesagt.
Disclaimer: Eva Biland war bis zu ihrer Bekanntgabe, kandidieren zu wollen, Kolumnistin für Bajour.
Christian Egeler
Ein bürgerlicher Politiker bezeichnet Egeler als «die Salome Hofer der FDP» – wie auch bei der SPlerin wird sein Name immer genannt, wenn es um eine mögliche Regierungskandidatur geht (und am Ende wollten beide bisher nicht). Tatsächlich könnte die FDP den 53-jährigen Politsenior reaktivieren. Er hat mit seinem Umwelt- und Verkehrsfokus ein fast schon grünliberales Profil und könnte damit für die GLP-Verkehrsdirektorin Esther Keller gefährlich werden, deren Sitz am stärksten wackelt. Bei den Nationalratswahlen 2019 erzielte er das beste Ergebnis der FDP.
Er war von 2004 bis zur Amtszeitbegrenzung 2016 im Grossen Rat und ist deshalb noch vielen in der Stadt ein Begriff. Als Grossratspräsident liess er in Basel einen Banntag nach Baselbieter Tradition veranstalten. Seine Volksnähe wäre in der FDP, die ihr Stocksteif-Image ablegen will, gern gesehen. Aber: Wer einen gut bezahlten Job als Leiter der Baselbieter Verkehrspolizei hat, muss diesen Wahlkampf wirklich wollen.
Christian C. Moesch
Als Egeler zurücktrat, rückte Moesch für ihn ins Parlament nach. Weil die FDP bei den Wahlen 2020 drei Sitze verlor, flog Moesch schon nach seiner ersten Legislatur aus dem Grossen Rat. Als Karin Sartorius 2023 zurücktrat, rückte er wieder nach. Er ist ein umtriebiger Motion- und Interpellationsschreiber. Zuletzt konnte der Treuhänder sich mit seinem Anstoss zur Rückvergütung des kantonalen Überschüsses einen Namen machen.
Sachpolitisch bearbeitet der 51-Jährige viele Felder, er ist in der Gesundheits- und Sozialkommission, bei Kulturstadt Jetzt unterwegs und hat zahlreiche Verwaltungsratsmandate. Er wird als klassischer Freisinniger beschrieben – mit dem klassischen Freisinnigen-Problem: dass er als zu glatt gilt. Ein bisschen fehlt ihm auch die Bekanntheit ausserhalb der politischen Bubble.
Johannes Barth
Barth hat eine bewegte Vergangenheit. Der Boulevard kennt ihn wegen seiner glamourösen Hochzeit mit der Sängerin Nubya. Der 54-Jährige stammt aus einer Banker- und Hopfenhändler-Dynastie und machte als CEO der Privatbank Heritage (ehemals Sallfort) Schlagzeilen – als er 2021 aus der Bank austrat, bezeichnete Inside Paradeplatz seine Karriere als «stets holprig».
Dennoch: Die Führungserfahrung traut man ihm zu. Seine Medienpräsenz wird trotz Parteipräsidium als beschränkt wahrgenommen, so ganz im Scheinwerferlicht steht er nun nicht mehr. Und: Er hat keine Erfahrung im Parlament, wenn auch er Bürgergemeinderat ist. Bei den Nationalratswahlen 2023 erhielt er weniger Stimmen als Eva Biland.
Tamara Alù
Tamara Alù wird von der Partei seit längerem aufgebaut. Als Präsidentin der FDP Frauen konnte sie mehr weibliche Mitglieder gewinnen, weshalb sie von Bajour bereits 2022 als «Ganz-und-Gar-Nicht-Freisinnige» porträtiert wurde. Als ehemalige GLP-Parteisekretärin und junge Frau sprechen eigentlich zwei gewichtige Punkte für sie, um den Sitz von Esther Keller angreifen zu können.
Doch zum jetzigen Zeitpunkt ist eine Kandidatur für die 36-Jährige wahrscheinlich zu früh. Die gelernte Marketingfachfrau ist aktuell noch eine engagierte, aber stille Schafferin ohne Mandat und ohne politische Erfahrung. Auf der Nationalratsliste 2023 holte sie am wenigsten Stimmen für ihre Partei. Als FDP-Vizepräsidentin, Leiterin Politik beim Gewerbeverband und vielleicht baldige Grossrätin hat sie noch genug Möglichkeiten, sich bekannt zu machen.
Daniel Seiler
Auch Daniel Seilers Name fiel immer wieder im Kandidat*innenkarussell, beispielsweise bei BaselJetzt. Auf Anfrage sagt der 55-Jährige via Freisprechanlage, dass er sich nun Gedanken dazu machen will. Seiler hat Parlamentserfahrung und auch eine grosse mediale Sichtbarkeit – doch der ACS-Präsident wird als «Mr. Auto» quasi monothematisch als Parkplatz-Retter wahrgenommen. In der Basler Wähler*innenschaft ist seine Politik nicht mehrheitsfähig.
Doch: Seiler könnte gut zum absoluten Gegenentwurf von Esther Keller stilisiert werden. Ein FDP-Politiker vom rechten Flügel, der kein Blatt vor den Mund nimmt, könnte auch dem SVP-Publikum gefallen. Die SVP will allerdings sicher mit einer eigenen Kandidatur antreten und wäre wohl vor den Kopf gestossen, wenn der FDP-Kandidat in ihrem Fahrwasser fischt. Schliesslich hatte man den Deal, die gegenseitigen Kandidaturen zu unterstützen.