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Hatschi!

Vor dem Kindergarten ab zum Test

Chaos am ersten Tag nach den Ferien: Kinder müssen neu aus heiterem Himmel auf das Coronavirus getestet werden, auch bei einem leichten Schnupfen. Das kostet. Eltern und Lehrer*innen Nerven. Und viele Fragen sind noch offen.

04/12/21, 03:31 PM

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Lidia Conteh wollte gestern mit ihren zwei Kindern eigentlich langsam aus dem Ferienmodus rauskommen und die Familie auf den Schulalltag vorbereiten. Stattdessen fand sie sich vor dem Universitäts-Kinderspital UKBB wieder. Und stand mit ihrer Tochter für einen Corona-Test an. Das weil sie kurz zuvor erfahren hatte, dass nun Kinder bereits mit einem leichten Schnupfen zuhause bleiben müssen – ausser sie haben ein negatives Resultat dabei. 

Der Kanton hat die Regelung von Corona-Tests für Kinder angepasst. Der Beschluss kam mit einem Brief am letzten Freitag wie aus heiterem Himmel. 

Wenn überhaupt. Manche Eltern berichten davon, erst am Sonntag von der neuen Regelung erfahren zu haben, andere wissen jetzt noch nicht offiziell davon. Klar ist aber, dass Kinder, die auch nur leichte Erkältungssymptome haben, auf das Coronavirus getestet werden müssen. Erst mit einem negativen Testergebnis können die Kleinen wieder in die Schule. 

Läuft also die Nase, heisst es vor der Schule: Anstehen für den Test.

Bisher galt für Tests bei Kindern die Altersgrenze von 12 Jahren. Mit Erkältungssymptomen durften Kinder Kitas, Tagesstrukturen, Kindergärten und Schulen besuchen. Wer Fieber hatte, musste jedoch zuhause bleiben. 

Nun soll aber jedes nur so kleines Anzeichen einer Erkältung abgeklärt werden.

«Was ist, wenn wir jetzt ständig zum Test müssen?»

Lidia Conteh, die Teil unserer Gärngschee-Comunity ist, musste nach dem PCR-Test ihrer Tochter heute mit ihren beiden Kindern zuhause bleiben. 

Conteh, die als Schulassistentin in einem Kindergarten arbeitet, fehlte also am Arbeitsplatz. Zwar mit Attest und nur heute, denn der Test der Tochter ist negativ. Gedanken macht sie sich aber trotzdem: «Was ist, wenn wir jetzt ständig zum Test müssen? Bei zwei Kindern?» Aus dem Kindergarten-Alltag weiss sie, wie oft Kinder verschnupft sind: «Bei uns ist immer die halbe Klasse erkältet», erzählt sie. Auch wie gut die Kinder das häufigere Testen mitmachen würden, stellt sie infrage. Ihre Tochter, die im Rachen getestet wurde, liesse sich wahrscheinlich nicht mehr so schnell überreden: «sie fand es gar nicht lustig. Und ob sie das wieder machen will, ich weiss nicht».

Trotzdem betont sie, dass sie die neue Regelung sinnvoll finde. Sie selbst sei letztes Jahr positiv getestet worden, die Infektion könnte auf einem Fall an der Schule ihrer Tochter zurückzuführen sein: «Wir sollten die Kinder innerhalb der Coronapandemie nicht unterschätzen», die praktische Handhabung im Alltag sei aber schwierig: «Für alle, die arbeiten ist das mühsam, ja.»

Und die Lehrer*innen? Auch sie wurden offenbar vom Entscheid überrascht. Jean-Michel Héritier, Präsident der Schulsynode Basel-Stadt, kommentiert so: «Anstatt die Massnahme zuerst mit Leuten aus der Schulpraxis zu besprechen, hat das Erziehungsdepartement alleine entschieden. Das hat leider zu einem unfertig wirkenden Entscheid geführt.», viele Eltern hätten nichts davon gewusst und ihre Kinder trotzdem in die Schule geschickt, zur Zeit seien viele Fragen noch offen, ein Gespräch mit dem ED sei für morgen geplant.

«Es gab eine Kommunikationspanne»

Gibt es denn keine besser Lösung? Kommen an Basler Schulen nun die Massentests? Und warum wurde der Beschluss so spät kommuniziert? Bajour hat beim Kanton nachgefragt. 

Beim Erziehungsdepartement, das die Eltern mit einem Brief informiert hat, steht Urs Bucher, Leiter Volksschulen, Red und Antwort. Als erstes gibt er zu: «Es gab eine Kommunikationspanne.» Das ED musste der ursprüngliche Beschluss des BAG, der schon am 24. März gefällt wurde, umsetzen und die Kommunikation vorbereiten, dann seien es noch Ferien gewesen, was die Kommunikation zwischen den Schulen und den Eltern erschwert habe: «Es ist unglücklich gelaufen, das kann man nicht schönreden», sagt Bucher. 

Und noch etwas muss er klarstellen: Die Regelung gilt für alle Kinder in Basel-Stadt ab dem Kindergarteneintritt und nicht erst ab 6 Jahren, wie es im Titel des Briefes steht. Die Altersangabe sei vom Bund, der Kanton habe jedoch beschlossen, dass das nicht durchsetzbar sei: «Wir können nicht nach dem Geburtstag gehen», erklärt Urs Bucher, «Darum haben wir entschieden, dass die Regelung für alle Kinder der Primarstufe – das heisst auch des Kindergartens – gilt».

Das Ziel der Massnahme sei klar, die Schulen offen lassen zu können. Vor den Ferien seien vermehrt viele Fälle an Schulen aufgetaucht, man wolle so die Ansteckungsketten brechen. 

Für Eltern, die nun mit Schwierigkeiten konfrontiert seien, habe er durchaus Verständnis, allerdings könne man von Seiten des Erziehungsdepartement nicht viel machen. Wie die Eltern die Betreuung der Kinder organisieren, sei ihre Sache und die der Arbeitgeber*innen. Auf die Frage wie man mit Heuschnupfen umgehen soll, hat er keine präzise Antwort: «Für uns ist klar, der Coronatest ist ausschlaggebend».

Wie geht es dir?

Kommen nun die Massentests?

Fragen, die sich auch an das Gesundheitsdepartement richten. Zum Beispiel zu den Tests: Welche sind geeignet und welche nicht? Für das GD antwortet die Leiterin der Kommunikation Anne Tschudin: Man könne zwischen den üblichen Tests wählen, «Nasen-Rachen-, Rachen-, vordere Nasenhöhle oder auch Speicheltests sind möglich», auch Antigen-Schnelltests würden sich eignen. Selbst zu testen reiche jedoch nicht aus. 

Dafür sei es möglich, in Apotheken zu testen: «auch Kinder unter 12 Jahren können sich in einer Apotheke einem Antigen-Schnelltest unterziehen», nur könne es sein, das Apotheken dies nicht anbieten möchten: «zwingen können wir sie nicht», sagt Tschudin. 

Die neue Regelung bedeute nicht, dass Kinder jetzt als Treiber*innen der Pandemie eingestuft würden, mit der Erweiterung der Teststrategie sei es jedoch sinnvoll, auch im Bereich der Kinder niederschwelliger zu testen, als dies bisher der Fall gewesen sei, erklärt Tschudin weiter.  

Und sie stellt etwas in Aussicht, das Potential hat, die verstrickte Situation zu lösen: Massentests. Im Gegenteil zum Baselbiet, wo Massentestungen an Schulen regelmässig eingesetzt werden, gibt es in Basel-Stadt keine breit angelegte Tests. Nun könnte sich das ändern. Anne Tschudin lässt sich zwar nicht zu sehr in die Karten schauen, sie meint aber: «Wir werden Massentestungen in den kommenden Wochen verstärken und legen heute schon ein besonderes Augenmerk auf Hotspots in Schulen, indem wir ein erweitertes Ausbruchsmanagement vornehmen.»

Für viele Eltern wäre das ein Hoffnungsschimmer. 

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