Der Sexreport aus dem Klassenzimmer

Ist der Orgasmus dasselbe wie sexuelle Befriedigung? Und wie war dein erstes Mal? Die Schüler*innenzeitung Quint hat unter Jugendlichen nachgefragt und wir finden: 🔥🔥🔥!

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Dieses Tafelbild ist symbolisch und hat so wahrscheinlich nie stattgefunden, leider.

Die Basler Schülerzeitung Quint hat im August eine Sex-Studie unter Gymnasiast*innen veröffentlicht. 2300 Schüler*innen zwischen 15 und 19 Jahren wurden gefragt, ob sie sich beim Sex unter Leistungsdruck fühlen, wann sie gemerkt haben, welche Sexualität sie haben. Ob sie sich wegen ihrer sexuellen Orientierung schon einmal diskriminiert gefühlt haben. 

Wir sind per Zufall über diese Studie gestossen und fanden: Nicht nur ist dieses Heft, Quint, toll gemacht. Auch die Aussagen und Zitate der befragten Schüler*innen sind bemerkenswert. Bemerkenswert darum, weil sie bedacht daherkommen, weil sie klug sind, weil sie so rumpelig unperfekt sind wie Sex auf dem Gepäckträger eines Mofas. Weil sie lustig und geil sind. 

Und weil sie, wenn wir an unsere eigene Jugend zurückdenken, insgesamt verflixt fachkundig daherkommen.

Diese Studie ist kein ranziger Porno-Report für pubertäre Flachwitzereisser. Sie stellt Sex auch nicht auf den Altar und stellt Weihrauch daneben. Diese Sammlung von Zitaten und Zahlen schafft das, woran «erwachsene» Publikationen oft genug scheitern. Sie bringt Sex zur Sprache auf eine Art, die Lust macht. Lust, auf eine offene Art darüber zu reden. Lust, ihn zu haben. 

Quint – ran an den Juice

Quint besteht aus der der Arbeit von Schüler*innen aus allen fünf Basler Gymnasien, darum heisst das Magazin auch Quint. Die fünf sind das Leonhard, Bäumlihof, Kirschgarten, Münster und das Wirtschaftsgymnasium. Sie erscheint dreimal im Jahr gedruckt in einer Auflage von 1500 Heften. Jede Ausgabe hat ein Titelthema, alle Beiträge haben auf die eine oder andere Art damit zu tun. Alle Arbeiten, vom Layout zur Textproduktion bis zum Marketing werden von Schüler*innen im Alter zwischen 15 und 20 Jahren gemacht. Zur Zeit wird die Webseite umgebaut, hier kann man Quint auf Insta und Twitter folgen. 

Die Quint sucht Mitarbeiter*innen! Du bist jung und willst schreiben? Melde dich! Du musst nicht an einem Gymnasium sein, du kannst an irgendeiner Schule oder in der Lehre sein.

Vielleicht tauchen hie und da Begriffe auf, die du nicht kennst? Ganz am Ende des Textes findest du eine Einordnung der Autor*innen, plus ein Glossar mit Erklärungen.

So, jetzt aber ran an den Juice. Voilà: Le Sex-Reporte. 

Sexuelle Orientierung

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Leidenschaft

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Erfahrungen

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Leistungsdruck

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Orgasmus

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Erstes Mal

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Beziehung

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No-Gos

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Sex

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Einordnung

Trotz des umfangreichen Datensatzes ist diese Umfrage nicht repräsentativ. Dies zeigt sich schon in der Teilnahme nach Geschlecht: Fast zwei Drittel der Proband*innen waren weiblich, mit 33% Anteil nahmen gerade mal halb so viele Männer teil, gefolgt von 2% Nonbinären. 

Trotzdem lassen sich interessante Tendenzen feststellen. So kann beispielsweise das Klischee der ungeküssten Mathe-Nerds bestätigt werden: Statistisch gesehen haben die musisch Begabten in den Schwerpunkten BG und Musik eher ein aktives Sexleben als die Phamler*innen. Während knapp die Hälfte der BG/Musiker*innen eine Beziehung führen, ist nicht mal jede*r 10. Phamler*in liiert.

Auch beim Pornokonsum bestätigt die Umfrage unter Basler Gymnasias*innen die Regel: Männer schauen grundsätzlich häufiger und lieber Pornos als Frauen. Jedoch zeigt sich überraschenderweise, dass die Gymnasiastinnen früher in Kontakt mit pornographischen Inhalten kommen als die Gymnasiasten, nämlich im Schnitt mit 12,1 respektive 12,7 Jahren. Über die Hälfte der jungen Männer geben an, dass Pornos ihre Vorstellung von Sex geprägt haben, während dies lediglich auf gut einen Drittel der Frauen zutrifft.

Bei der Frage, was denn alles unter den Begriff „Sex“ fällt, gingen die Meinungen weit auseinander: „Penetration“, waren sich 41% der Männer und 35% der Frauen sehr sicher, während andere die Penetration allein für überbewertet halten. Für viele zählt zu Sex jede zum Orgasmus führende Berührung, während für gewisse die emotionale Verbindung entscheidend ist.

Interessanterweise gaben fast die Hälfte aller Befragten an, sich beim Sex nicht unter Leistungsdruck zu fühlen. Von jenen, die sich unter Druck fühlten, bauten sich die meisten den Druck selber auf, in der Angst, eventuellen Anforderungen nicht zu genügen oder den Partner nicht ausreichend befriedigen zu können.

Rund ein Viertel der Frauen gehört der LGBTQ+-Community an, im Gegensatz dazu sind es „nur“ ein Fünftel der Männer. Auffallend ist, dass sich davon die grosse Mehrheit der Frauen als bisexuell bezeichnet. Bei den Männern hingegen ist der Anteil der Schwulen und Bisexuellen fast ausgeglichen.

In Zusammenhang dazu ist es spannend zu sehen, wie häufig die Angehörigen der jeweiligen Gruppen schon Opfer von Diskriminierung wurden. Gut jede*r achte Homosexuelle*r hat sich schon aufgrund der Sexualität diskriminiert gefühlt, während dies auf „nur“ knapp jede*n dritte*n Bisexuelle*n zutraf. Vielleicht führt die grössere gesellschaftliche Akzeptanz von Bisexualität (gemessen an der statistisch geringeren Diskriminierung) dazu, dass sich Jugendliche schon früher outen, währenddem das Outing als homosexuell eine grössere Hürde darstellt. 

Spannender Text, aber du hast nicht alle Wörter verstanden? Hier ein kleines Glossar mit einigen Begriffen zur sexuellen Idendität, die Definitionen stammen aus dem digitalen Queer Lexikon.

  • Demisexualität: Eine demisexuelle Person fühlt erst sexuelle Anziehung zu einer Person, nachdem sie zu dieser eine vertrauensvolle Beziehung aufgebaut hat. Siehe dazu auch unsere letzte nonbinary-Kolumne von Sascha: «Ich bin demisequell. And I hate it!»
  • Bisexualität (oder Bi+sexualität): Eine bisexuelle Person fühlt sich romantisch und/oder sexuell zu Menschen zweier oder mehrerer Geschlechter hingezogen. Allerdings sind Definitionen von Bisexualität sehr verschieden und umstritten. Das ‘+’ drückt diese verschiedenen Definitionen aus und zeigt, dass bi+sexuelle Menschen sich zu Menschen mehrerer, vieler oder aller Geschlechter hingezogen fühlen können.
  • Pansexualität: Eine pansexuelle Person trifft ihn ihrem Begehren keine Vorauswahl nach Geschlecht beziehungsweise nach einer Geschlechtsidentität. Der Begriff Pansexualität leitet sich von der griechischen Vorsilbe pan (gesamt, umfassend, alles) ab.
  • A_sexualität: Eine asexuelle Person fühlt keine oder wenig sexuelle Anziehung zu anderen Menschen. A_sexualität bewegt sich auf einem Spektrum. Dies wird durch den Unterstrich verdeutlicht. A_sexualität heißt nicht, dass eine Person zölibatär lebt, zum einen, da das Zölibat eine freie Entscheidung und keine sexuelle Orientierung ist, und zum anderen, weil a_sexuelle Menschen aus verschiedenen Gründen Sex haben können.

In der Quint-Ausgabe Nr. 11 sind noch weitere Texte zum Thema erschienen. Wir verlinken hier eine Auswahl:

- Ein Text darüber, ob man ohne Leidenschaft Erfolg haben kann?

- Ein Text über die Entwicklung der gesellschaftlichen Akzeptanz von Lust.

- Gedanken zur Leidenschaft.

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