Zwischen Zinnbechern und Pokalen
Wer den eigenen Namen auf einem Zinnbecher oder einem Pokal eingraviert sehen möchte, ist bei Reimann Graveure an der richtigen Adresse. Der Laden ist seit 1983 in der Clarastrasse zuhause und ist einer der letzten seiner Art in Basel.
Name: Reimann Graveure Hausnummer: 25 Eröffnungsjahr: 1983 Angebot: Gravuren aller Art, Gläser, Pokale, Zinngegenstände und Fasnacht-Mobiliar Inhaber: John Weitnauer Das Besondere: Der letzte Graveur der Stadt, der fast ausschliesslich per Hand graviert |
Das Schaufenster von Reimann Graveure ist ein echter Blickfang. Jeder Lichteinfall lässt etwas Neues aufblitzen, das die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Verschiedene Becher und Krüge aus Zinn und mit Zinn verzierte Karaffen reflektieren die Sonnenstrahlen auf die Clarastrasse im Kleinbasel. Im Geschäft selbst sind neben Zinngegenständen auch Pokale, gravierte Weinflaschen und eine ganze Menge an Fasnachtsfiguren zu sehen. Alles gehört zum Sortiment und kann mit einer Gravur personalisiert werden.
Aus dem hinteren Teil des Ateliers hört man die Graviermaschine, wie sie unermüdlich arbeitet. Bedient wird sie von John Weitnauer, dem Inhaber von Reimann Gravuren. Seit 2011 arbeitet er in der Clarastrasse 25. Gelernt hat er sein Handwerk von den Gründer*innen des Ladens.
1983 machte sich Heinz Reimann zusammen mit seiner Frau Barbara und seinem Kollegen Werner Miesch selbstständig und eröffnete das Atelier. Damals noch in der Clarastrasse 34, wo heute der Auld Dubliner Pub ist. Im Jahr 2002 zogen sie in den jetzigen Standort um.
«Der Plaketten-Müller und ich sind die letzten in Basel, die noch den ganzen Beruf beherrschen»John Weitnauer
2019 hat John Weitnauer den Laden übernommen. Er ist einer der letzten Graveure in der Stadt, und arbeitet immer noch fast ausschliesslich per Hand mit einem Pantografen. «Der Plaketten-Müller und ich sind die letzten in Basel, die noch den ganzen Beruf beherrschen», meint Weitnauer. Da der Plaketten-Müller aber auf Prägungen fokussiert ist, gibt es keine Konkurrenz zwischen den beiden Läden, sondern sie unterstützen sich gegenseitig.
Für den Beruf braucht es eine künstlerische Ader und viel Geduld. Weitnauer selbst hat vier Jahre gebraucht, bis er von sich sagen konnte, er könne nun alles gravieren. Dennoch muss er bei jedem Auftrag fokussiert bleiben: «Die Kund*innen vertrauen mir ein Objekt an, das einen Wert für sie hat. Ich muss also Respekt davor haben, es nicht kaputt zu machen oder schief zu gravieren.»
Die Fasnacht ist jedes Jahr die wichtigste Zeit für das Geschäft. Die Hauptaufträge kommen von einzelnen Fasnächtler*innen oder Guggen und Cliquen, die ihre Zinnbecher mit ihrem Namen oder dem Logo ihrer Gruppierung ausstatten wollen.
Eine Tradition, die laut Weitnauer vom Gründer des Ladens ins Leben gerufen wurde: «Das ist das typische Bild, das Heinz früher kreierte. Das hatte vorher praktisch niemand und Heinz hatte damit angefangen, mit seinem Zinnbecher mit dem Logo seiner Gugge darauf herumzulaufen. Und da haben die Leute dann mitgemacht und es hat sich rumgesprochen und dann wollte jeder anstatt eines Plastikbechers einen gravierten Zinnbecher.»
Für Weitnauer ist diese Zeit essenziell. Da er aber keine sonstigen Mitarbeiter hat, muss er vor und während der Fasnacht häufig Überstunden leisten. Er erinnert sich gut an die Fasnacht 2021, jene nach der abgesagten Fasnacht wegen Corona. Sie sei «sehr heftig» gewesen. «Alle haben auf einmal bestellt, da habe ich zehn Stunden pro Tag inklusive Sonntag für zwei Monate durchgearbeitet.» Da er seinen Beruf aber gerne ausübt, kriegt er die Belastung in den Griff.
Dennoch lief es dem Geschäft schon besser. Der Gesamtumsatz schwankt stark, meint Weitnauer. Die Corona-Pandemie hat das Einkaufsverhalten von Kund*innen verändert. Obwohl heutzutage Shopping hauptsächlich über das Internet stattfindet, ist es für Weitnauer nicht möglich, einen Online-Shop anzubieten: «Das Problem ist, ich habe viele Aufträge, muss Kunden bedienen, ans Telefon gehen und bin immer ein bisschen überall im Laden. Da müsste ich extra jemanden für das einstellen und das lohnt sich nicht.»
Weitnauer bietet auch Express-Gravuren an. Wenn es schnell gehen muss, kann er Zinnbecher, Pokale und Medaillen in kürzester Zeit aus seinen Schubladen hervorzaubern und mit Gravuren versehen. Ihm ist aber lieber, wenn er sich für einen Auftrag die nötige Zeit lassen kann. Wenn ihn jemand fragt, wie lange er für eine Gravur brauche, antwortet er mit einem verschmitzten Lächeln: «Bis wann brauchen sie es denn?»
Der Laden liegt John Weitnauer sichtlich am Herzen. Für ihn ist es wichtig, das Atelier seines Vorgängers in Ehren zu halten. Reimann war in allerlei Guggen und Zünften unterwegs und sehr in der Region verankert. Weitnauer führt das fort, indem er kleine regionale Geschäfte unterstützt und sein Handwerk unters Volk bringt. «Ich nehme auch Zinn entgegen und gebe es an Schulen für den Werkunterricht, Pfadis oder an Stände am Weihnachtsmarkt weiter. So kriegen die Leute vielleicht wieder mehr Freude an diesem Beruf.»