Aggro-Touris: Haben wir den Respekt vor heiligen Stätten verloren?
Der Basler Weihnachtsmarkt lockt zahlreiche Tourist*innen nach Basel. Was fürs lokale Gewerbe positiv ist, hat aber auch negative Seiten. Das Basler Münster sei von Tourist*innen überrannt worden und nicht alle hätten sich respektvoll verhalten, heisst es in einer Mitteilung der Evangelisch-reformierten Kirche Basel-Stadt. Es sei zu Auseinandersetzungen mit dem Personal gekommen, das die Besucher*innen an die Regeln, die in einer Kirche gelten, hinweisen wollte. «Wir können die Sicherheit unserer Mitarbeitenden nicht mehr garantieren und müssen deshalb die Notbremse ziehen», wird Münsterpfarrerin Caroline Schröder Field zitiert. Das Problem respektloser Tourist*innen kennen aber auch andere Städte weltweit. So werden in Kyoto immer wieder Geishas bedrängt oder in Rom Liebesbekundungen in die Wände des Kolosseums geritzt.
Das schönste der Welt
Laut CNN ist der Basler Weihnachtsmarkt der schönste der Welt. Für mich ist das Basler Münster das schönste Basler Münster der Welt und die Notre Dame de Paris ohnehin seit dem Wochenende die schönste der Welt. Zur Eröffnung musste letztere von 4000 Polizisten geschützt werden. Vor wem? Stille in den Medien. Wer vandalisiert den Weihnachtsmarkt? Anonyme Gesichtslose, Geschichtslose. Bücher, Gedichte, Musik, Theater? Das nützt angeblich nichts, kann man folglich aus dem Schulprogramm rauskicken. Sehr wichtig ist hingegen Sexualerziehung mit pornographischen Tendenzen, allgegenwärtige Bildschirme in allen Varianten, Tiktok, Instagram & co., Wissen ist out, googeln ist in, Geschichtsbewusstsein ist out, das Jetzt ist alles, nach mir die Sintflut. Die Lösung? Die Iraner nennen es „Sittenpolizei“, abscheulich. Hingegen einfach ein paar Nacherzieher anstellen, die sagen, hey, so nicht, bitte Mütze ab, bitte keine Kritzeleien, bitte nichts beschädigen.
Offene Kirchen
Ich finde es bedauerlich, was da im Münster gelaufen ist. Das darf nicht sein. Offene Kirchen bei Kälte im Winter oder grosser Hitze im Sommer für einen vorübergehenden Aufenthalt sind wichtig. Zudem besteht ein grosses Bedürfnis, Kirchen anzuschauen. Wenn ich in der St. Alban Kirche Orgel spiele, klopft fast jedes Mal jemand an die geschlossene Türe.
Kann man durchaus Verallgemeinern
Der Respekt hat generell abgenommen, dies würde ich jetzt nicht mal nur auf den Erfahrungen im Münster beschränken. Touristen sind überall auf der Welt auf einem unangenehmen, für die Bevölkerung oft störenden, Weg angekommen. Da werden laufend Grenzen überschritten um doch noch das ultimative Bild für sozial Media zu machen. Notabene Bilder welche es von Touristenattraktionen zig tausend aus der gleichen Perspektive (meistens besser) bereits im Internet gibt. Wenn sich dann jemand zwischen den social Media Ruhm stellt, dann wird es persönlich. Touristen sind Menschen. Also sind es Personen, welche jeden Anstand und Respekt vermissen lassen. Die Grundwerte des Zusammenlebens wurden allenfalls nicht mit auf den Weg gegeben. So müssen wir uns selber fragen, sind wir Vorbilder gegenüber den jüngeren, den Kindern oder fördern wir die "Du bist das Beste, nach Dir kommt lange nichts", Mentalität. Wir alle können Vorbilder sein, wenn wir denn wollen und selber die Grundwerte leben.
Basel und die Welt
Als Begründung für ein JA für das ESC wurde erwähnt, man möchte Basel in der Welt bekannt oder bekannter machen. Negative Folgen i.S. Bekanntheit spüren wir, wenn wir selber in eine grössere Stadt gehen: z.B. ohne Ticketsbestellung Wochen im voraus keinen Eintritt ins Museum etc. Ich wünsche mir, dass wir Einheimischen auch künftig noch ohne Vorbestellung in öffentliche Häuser reinspazieren können und dass wir weiterhin in den Kirchenraum des Münsters sitzen dürfen. Diejenigen, die sich anständig benehmen und auch wir Einheimischen zahlen jetzt die Quittung für unhöfliche, unverschämte, egoistische und unsensible Menschen - wobei sich sehr viele Touristen sehr anständig verhalten und keinesfalls in einen Topf gesetzt werden mit den unanständigen.
Wir waren soeben mit einer Reisegruppe in Frankreich. Alles ältere, gesetzte Schweizer. Beim Besuch der Kathedrale behielten einige der Männer die Mütze auf dem Kopf. Da waren also wir die respektlosen Touristen.
Wo ist der Unterschied?
Heilig und Respekt hin oder her: Entspricht nicht dieser Run in etwa dem, was mit dem ESC erreicht werden soll?
Wessen heiligen Stätte?
Für die heiigen Stätte der Nativs hatte der weisse Mann noch nie Respekt.