«Luzern motiviert»
In der Touristadt soll Airbnb der Riegel vorgeschoben werden, weil damit der reguläre Wohnungsmarkt bedrängt wird. Auch in Basel liebäugeln einige Wohnungspolitiker*innen mit der Idee – ein Airbnb-Vermieter sieht darin aber keinen Sinn.
Airbnb geht die Luft aus: In Luzern beschloss die Bevölkerung am Sonntag eine stärkere Regulierung der Online-Plattform zur Vermietung von Unterkünften. Die Stadt ist stark von Overtourism betroffen, gleichermassen ist der Wohnraum knapp – und Ferienwohnungen fehlen nunmal auf dem regulären Wohnungsmarkt.
Wohnungen sollen in Luzern also künftig nur noch für 90 Tage an Kurzaufenthalter*innen und Touris vermietet werden dürfen. Weil das schlicht unrentabel sei, komme die Regelung einem De-facto-Verbot von Airbnb gleich, argumentierte die zuständige GLP-Stadträtin gegenüber Tamedia. Der Stadtrat sprach sich gegen die Vorlage aus. Die Bevölkerung sah es anders.
Von einer «schweizweiten Signalwirkung» ist bei der Stadtluzerner SP bereits die Rede. Auch SP Schweiz Co-Präsident Cédric Wermuth jubelte.
Und tatsächlich kündigte am Montag auch die SP in der Stadt Zürich an, eine ähnliche Regulierung vorzusehen.
Und in Basel? Hier machen Airbnb-Betriebe laut Auskunft von Basel Tourismus einen Marktanteil von 6,5 Prozent der Übernachtungen aus. Aber auch hier ist Wohnraum ein drängendes Thema, mittelfristig werden bis zu 600 Wohnungen fehlen, besagt eine Studie der Immobilienberatungsfirma Wüest Partner. Bedrängt Airbnb den Markt nicht noch zusätzlich?
Das wollte SP-Grossrat René Brigger in einem Anzug bereits 2018 von der Regierung wissen. Die Regierung antwortete mit einer Stichprobenerhebung von 2500 Objekten, die auf Airbnb in Basel angeboten werden – das entspräche rund 2 Prozent des Wohnraums im Kanton.
Dazu zählen dann aber auch private Wohnungen, die zwischenvermietet werden, und «reguläre» Ferienwohnungen, die zusätzlich auch noch auf Airbnb angeboten werden. Laut einer Erhebung von Tamedia hat die Corona-Pandemie dem Tourismussektor und somit auch der Anzahl Unterkünfte auf Airbnb einen zusätzlichen Dämpfer verpasst.
Dennoch: «Zwei Prozent sind nicht wenig: Es ist Wohnraum, der dem regulären Markt fehlt. Handlungsbedarf gibt es auf jeden Fall», sagt Ivo Balmer. Der SP-Grossrat ist Präsident der Genossenschaft Mietshäusersyndikat und findet, auch in Basel könne man sich erneut genauer anschauen, ob es eine verschärfte Regulierung von Airbnb brauche.
Er kündigt an, dass man sich dem Thema wieder annehmen werde. «Luzern motiviert. Mit einer solchen Regelung könnte auf einem angespannten Markt schnell Entlastung geschaffen werden – aber die Mietzinsnot wird damit nicht gelöst», so Balmer. Damit meint er das seiner Meinung nach drängendere Problem der Wohnmarktpolitik: die hohen Mietzinsen.
Gänzlich unreguliert ist Airbnb in Basel derweil nicht: Seit 2018 zahlen Gäste auf Airbnb mit ihrer Buchung wie reguläre Hotelgäste die Kurtaxe von vier Franken pro Nacht – womit diese dann aber auch Zugang zur Basel Card und damit zu Gratis-ÖV haben. Das Basler Verwaltungsgericht derweil schob Airbnb schon 2017 den Riegel vor und verlangt seitdem eine Baubewilligung für die «Zweckentfremdung» einer Wohnung.
«Das Problem ist, dass in den seltensten Fällen eine Bewilligung eingeholt wird», sagt Andreas Zappalà, FDP-Grossrat und Geschäftsführer des Hauseigentümerverbands. Auch er ist kritisch gegenüber Airbnb. «Die Plattform entzieht Wohnungen dem günstigen Marktsegment und stellt sie teurer zur Verfügung», sagt er. «Ein Verbot wäre aber meiner Meinung nach verfassungsrechtlich nur möglich, wenn es mit der Wohnungsnot begründet ist und damit mit einer zeitlichen Begrenzung verbunden wird.»
Wie kommt die Idee bei Airbnb-Betreiber*innen selbst an? Einer von ihnen ist Karl Linder, Geschäftsleiter der Appartementvermietung Basel Rooms und im Vorstand der Stadtbasler GLP. Er sagt: «Dann könnte man genauso gut die Vermietung von WG-Zimmern verbieten – was gänzlich absurd wäre.»
Dass in Luzern die Vermietung auf 90 Tage beschränkt werden soll, erschliesst sich ihm nicht. «Genau durch Kurzvermietungen werden ja Einheimische konkurrenziert auf dem Wohnungsmarkt. Die längere Vermietung ist nahe beim normalen Mietpreis.»
Er betont, dass die Lage in Basel nicht mit Luzern oder sogar Berlin, Amsterdam oder Barcelona zu vergleichen ist – dort herrsche wirklich Massentourismus und wegen Airbnb fehlten Wohnungen auf dem Markt. Basel ziehe primär Geschäfts-Aufenthalter*innen an, die teilweise nur befristete Arbeitsverträge haben. «Diese haben wenig Chancen auf reguläre Mietverträge bei Privaten oder Genossenschaften. Wo würden die dann wohnen dürfen?»
Linder erzählt, wie die Grundidee von Airbnb durch die Herren-Fussball-EM 2008 Fuss fasste in Basel : «Weil so viele Fussballfans erwartet wurden, sagte die Regierung: Basel, öffnet eure Wohnungen. Das hat gut funktioniert und viele wollten weiter machen.» Viele Private entdeckten den Markt – bis es laut Linder zum Überangebot und entsprechend Preisniedergang kam. «Heute hat Airbnb in Basel an Bedeutung verloren.»
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