Eigenmietwert – wer checkt’s?

Weisst du, was hinter dem Eigenmietwert steckt? Am 28. September stimmt die Schweizer Stimmbevölkerung darüber ab, ob er abgeschafft werden soll. Das Thema ist komplex, da es viele Ausnahmen und Regeln gibt. In diesem Q&A findest du die wichtigsten Infos.

Q&A Eigenmietwert
Die Details zur Abschaffung des Eigenmietwerts sind komplex. (Bild: Adobe Stock (Collage Bajour))

Was ist der Eigenmietwert?

Der Eigenmietwert ist ein fiktives Einkommen, das Eigentümer*innen von Immobilien, in denen sie selbst wohnen, versteuern müssen. Der Betrag orientiert sich an der geschätzten Marktmiete für eine vergleichbare Immobilie.

Der Eigenmietwert sollte dazu dienen, Mieter*innen und Eigentümer*innen im Steuersystem gleich zu behandeln: Während Mieter*innen keine steuerlich abziehbaren Wohnkosten haben, können Eigentümer*innen Hypothekarzinsen und Unterhaltskosten geltend machen. Der Eigenmietwert sollte hier einen Ausgleich schaffen.

Argumente für die Abschaffung:

  • Steuersystem vereinfachen: Weniger Bürokratie, insbesondere bei der Steuererklärung.
  • Pensionierte entlasten: Viele haben ihre Hypothek abbezahlt und zahlen hohe Steuern auf ein fiktives Einkommen.
  • Wohneigentum fördern: Der Eigenmietwert wird oft als Hürde gesehen, um Wohneigentum zu erwerben.
  • Sparsamkeit belohnen: Wer seine Hypothek amortisiert hat, wird nicht mehr steuerlich benachteiligt.

Argumente gegen die Abschaffung:

  • Steuerausfälle: Bund, Kantone und Gemeinden verlieren schätzungsweise rund 1,8 Milliarden Franken jährlich.
  • Privilegierung: Vor allem Eigentümer*innen mit abbezahlten Immobilien profitieren – Mieter*innen nicht.
  • Keine Steuerabzüge mehr: Hypothekarzinsen, Unterhalt und energetische Sanierungen können nicht mehr abgezogen werden.
  • Weniger Anreiz für Renovationen: Es könnte daher zu einem Rückgang bei Investitionen in Gebäudeunterhalt kommen.
  • Weniger Gleichbehandlung: Das Prinzip der steuerlichen Fairness zwischen Miete und Eigentum gerät ins Wanken.

Wer würde profitieren?

  • Pensionierte, die ihr Eigenheim abbezahlt haben, sparen künftig Steuern. Bei ihnen macht der Eigenmietwert oft einen grossen Teil des steuerbaren Einkommens aus. 

  • Wer erstmals ein Haus oder eine Wohnung kauft: Denn in den ersten zehn Jahren bleibt ein beschränkter Schuldzinsabzug möglich, und bei Neubauten fallen in der Regel nur geringe Unterhaltskosten an.

  • Eigentümer*innen mit wenig oder keiner Hypothek zahlen weniger Steuern und verlieren keine wesentlichen Abzüge.

Urgese Eigenmietwert-1
Eigenmietwert ist ungerecht

Am 28. September 2025 bietet sich die lang ersehnte Gelegenheit, den Eigenmietwert abzuschaffen. Gerne wird behauptet, er sorge für steuerliche Gleichbehandlung. Doch er führt im Gegenteil zu Ungleichbehandlung und damit zu Ungerechtigkeit. Deshalb gehört er endlich weg, findet Bajour-Kolumnist Luca Urgese

zur Kolumne

Wer würde nicht profitieren?

  • Eigentümer*innen von älteren oder renovierungsbedürftigen Immobilien. Werterhaltende Investitionen (Renovationen) und Unterhaltskosten wären künftig nicht mehr abzugsfähig.

  • Eigentümer*innen, die ihr Objekt stark belehnt haben. Denn die höheren Hypothekarzinsen können steuerlich nicht mehr geltend gemacht werden.

Konsequenzen für Mieter*innen

Mieter*innen sind von der Reform nicht direkt betroffen – sie versteuern keinen Eigenmietwert. Kritiker*innen der Reform argumentieren jedoch, dass sie indirekt benachteiligt werden.

  • Sie erhalten keine Gegenleistung für die Steuervorteile, die Eigentümer*innen künftig geniessen.
  • Öffentliche Leistungen könnten aufgrund sinkender Steuereinnahmen abgebaut oder über andere Steuern (z. B. Mehrwertsteuer) finanziert werden.
Eigenmietwert Monopoly
Zu Lasten der Mieter*innen?

In Basel wohnen hauptsächlich Mieter*innen. Sie profitieren laut Ökonom Beat Hintermann nicht von einer Abschaffung des Eigenmietwerts. Im Gegenteil: Kommt es zu Steuerausfällen, trifft es die Mieter*innen tendenziell härter.

Zum Artikel

Was passiert, wenn die Abschaffung des Eigenmietwerts abgelehnt wird?

  • Selbstbewohntes Wohneigentum muss weiterhin als fiktives Einkommen versteuert werden (Eigenmietwert).

  • Gleichzeitig dürfen Schuldzinsen (Hypothekarzinsen) und Unterhaltskosten weiterhin steuerlich abgezogen werden.

  • Es wird keine Objektsteuer auf selbstgenutzte Zweitliegenschaften eingeführt. 

Wer ist für die Abschaffung?

  • Parlament

  • Bundesrat

  • FDP, SVP, Die Mitte, EDU und EVP

  • Hauseigentümerverband

  • Gewerbeverband

Wer ist gegen die Abschaffung?

  • Die Mehrheit der Kantone
  • SP und Grüne
  • Schweizerischer Gewerkschaftsbund (SGB)
  • Mieterinnen- und Mieterverband
  • Bau- und Umweltverbände

Quellen: vermoegenszentrum.ch, SRF, Eidgenössisches Finanzdepartement, Beobachter, swissinfo.ch, admin.ch 

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Kommentare

Foad
10. September 2025 um 13:44

Konsumkredite

Die mögliche Abschaffung des Eigenmietwerts betrifft potenziell alle, nicht nur Besitzerinnen und Besitzer von Wohneigentum. Das war bisher vielen Stimmberechtigten nicht bewusst. Fällt der Eigenmietwert, dann dürfen auch die Zinsen für Konsumkredite oder für private Darlehen nicht mehr von den Steuern abgezogen werden, also nicht nur die Hypothekarzinsen. Quelle: Eigenmietwert-Abstimmung löst Änderungen bei Konsumkrediten aus - News - SRF - https://www.srf.ch/news/schweiz/anpassung-oder-systemwechsel-eigenmietwert-abschaffung-auch-mieter-koennen-betroffen-sein

David
11. September 2025 um 04:44

Banken und Eigenmietwert

Der Zusammenhang zwischen den Banken und dem Eigenmietwert fehlt in Eurer Diskussion. Banken waren lange die Profiteure weil Menschen, die ihre Liegenschaft selbst bewohnen, oft höhere Hypotheken haben um Steuern zu sparen. Die Banken stehen hier in Konkurrenz zum Staat. Wem geben wir unserer Geld lieber?