Am Dienstag hat Bundesrat Guy Parmelin (SVP) einen «Aktionsplan Wohnungsknappheit» vorgestellt. Dieser empfiehlt 30 Massnahmen zur Umsetzung. Im Fokus stehen drei Themenbereiche: 1. Innentwicklung erleichtern, 2. Baubewilligungsverfahren beschleunigen, 3. genügend preisgünstigen Wohnraum sicherstellen. Kritiker*innen bemängeln den Aktionsplan als zahnlos: Lediglich Massnahmen zu prüfen, gehe zu wenig weit, es bestehe Handlungsbedarf. Andere begrüssen die «Toolbox» mit Lösungsansätzen. Eine der vorgeschlagenen Massnahmen: An «geeigneten Orten» soll geprüft werden, ob vermehrt in die Höhe gebaut werden kann. In Zürich verfolgt eine Allianz von FDP, SVP, Mitte und GLP eine ähnliche Idee: Sie haben eine Initiative lanciert, welche die maximal erlaubte Gebäudehöhe bei bestehenden Gebäuden um 3 Meter erhöhen will. Was hältst du davon?
Aufstocken gegen Wohnungsnot: Eine gute Idee?
Bodenpreise regulieren
Hohe Bodenpreise sind für die hohen Mieten verantwortlich, bei Aufstockungen steigt der Bodenpreis. Effekt = Null
Aufstockungen könnten Teil der Lösung sein
Ja, Aufstockungen könnten Teil der Lösung für mehr Wohnraum sein. Nur kann die Realisation einer Aufstockung rasch auch kompliziert werden. Die bestehende Gebäudestruktur muss die Aufstockung tragen können, anderenfalls ist rasch eine Verstärkung und damit eine Totalsanierung des ganzen Gebäudes notwendig. Eine Totalsanierung müsste dann durch die Wohnschutzkommission bewilligt werden. Die Bauvorschriften können eine Aufstockung auch komplex machen. So wird rasch einmal ein Lift notwendig, wenn man beispielsweise einen Altbau ohne Lift mit einem zusätzlichen Stockwerk versehen will. Für den Lifteinbau bräuchte es dann nicht nur eine Baubewilligung, sondern auch die Bewilligung der Wohnschutzkommission. Falls bewilligt, müsste sich dann eine Aufstockung auch noch rechnen.
Es braucht mehr Wohnraum und der bestehende soll besser genutzt werden.
Klar tönt aufstocken super, doch oft scheitert es - falls es überhaupt erlaubt wird - an Kosten, Statik und Praktikabilität. Es sollte sowohl als auch sein, alle Schrauben, die die Schaffung von bedarfsgerechtem Wohnraum fördern wollen justiert werden. Und wenn wir schon frei denken, sollten wir überlegen wie wir den bestehenden Wohnraum besser nutzen: machen wir es doch attraktiv im Alter aus der grossen Wohnung in eine kleinere zu ziehen und Platz für eine junge Familie zu machen!
Ja zum verdichteten Bauen
Es braucht mehr Wohnraum und natürlich auch günstigen Wohnraum, damit alle Wohnraum finden und diesen auch bezahlen können. Verdichtetes Bauen wie z.B. die Aufstockung von Häusern macht Sinn. Es muss dabei die Umsetzbarkeit und der Denkmalschutz berücksichtigt werden. In der Altstadt sind Aufstockungen eher nicht möglich, in vielen anderen Quartieren aber schon.
Die ewige Nebelmaschine der Immobilienlobby!
Die geforderte generelle Aufstockung - ohne Qualitätsprüfung - ist erstmal eine Verführung. Wenn sich der Nebel lichtet, dann zeigt sich aber das wahre Gesicht, denn ohne Flankierung, kann damit primär einfach noch mehr Kapital zu übersetzen Erträgen auf dem gleichen Stück Boden parkiert werden. Ich sage damit nicht, dass nicht gebaut werden soll, aber grundsätzlich können wir so viel bauen, wie wir wollen, die Mieten sinken deshalb nicht einfach so! Das zeigen die Entwicklungen von 2008 bis 2021 deutlich: viel Bautätigkeit, hohe Leerstände, tiefe Zinsen, und trotzdem STEIGENDE Mieten.
Menschen brauchen nicht einfach nur «irgendwelchen Wohnraum», sondern bezahlbaren. Niemand möchte eine gesetzeswidrige Rendite abgeben, aber viele werden dazu gezwungen, denn sie können nicht nicht wohnen. Deshalb braucht es für diesen NEUEN Wohnraum dringend verbindliche qualitative Auflagen, wie einen Mindestanteil für preisgünstigen Wohnraum.
Mal schauen was dazu die Immobilienlobby sagen würde?
Beides
Eigentliches braucht es beides einen Preisdecke und mehr Wohnraum aber beides möchte BR Parmelin nicht.
Der unsichtbare Wohnraum
Daniel Fuhrhop teilt mit seiner Dissertation Ergebnisse seiner Forschung insbesondere in Sachen Wohnungsbau mit. Er zeigt auf, wie mit dem Potenzial des „unsichtbaren Wohnraums“ sowohl zusätzliche Wohnflächen gewonnen und die Gemeinschaftsbildung gefördert, als auch weitere Schäden für das Klima vermieden werden können. Zwei Fakten ragen heraus: Der Wohnungsneubau eines Jahres in Deutschland schadet dem Klima beinahe genauso wie der jährliche Betrieb sämtlicher Altbauwohnungen. Entsprechend wichtig sind klimafreundliche Alternativen für dringend gesuchten Wohnraum, und hier zeigt seine Arbeit ein bisher unbeachtetes Potenzial: Der „unsichtbare Wohnraum“ ungenutzter Zimmer oder Einliegerwohnungen, oft ehemalige Kinderzimmer, kann in Deutschland pro Jahr 100'000 Wohnungen liefern, wenn man die dafür nötigen Kümmererstrukturen aufbaut. Wie wär's damit auch in der Schweiz?
Zusammenhänge erkennen und verstehen
WIr haben seit jeher eine solide rechtsbürgerliche Mehrheit in der Schweiz. Die vielen Steuersenkungen haben nur ein Ziel: Wirtschaftswachstum. Die SVP (!) setzt sich sehr ein für noch mehr Wirtschaftsförderung. Viele Firmen kommen in die Schweiz. Sie ziehen entsprechend Arbeitskräfte an und diese nehmen ihre Familien mit. Die ganze Zuwanderung ist auf eine erfolgreiche Wirtschaft zurückzuführen. Wenn wir das nicht wollen, müssen wir Arbeitsplätze exportieren, statt immer mehr Waren (siehe Handelsbilanzüberschuss), was aber zu weniger Wachstum führt. Ein anderer Ansatz wäre es, den Boden zu demokratisieren und so direkt die Bodenpreise zu bestimmen. Nicht durch einen Pseudo-Markt (wie heute) mit den bekannten Resultaten. Also entweder Boden dem Volk zurück geben oder Nachfrage schwächen. Was diese 'runden Tische' bringen ist höchstens Symptombekämpfung und sorgen für die Bereicherung der Immobilienspekulanten in einem abgeschotteten Pseudo-Markt.
Helvetia
Angesichts der Prognosen über die nächsten 15 Jahre täten wir gut daran, die Wohnungssituation generell neu zu denken. Ein bisschen aufstocken wird nicht reichen. Es finden Völkerwanderungen statt, die nicht aufzuhalten sind. Interessante Visionen gab es vor ein paar Jahren bei H&D mit der Idee, die Städte miteinander zu verbinden, somit wäre die ganze Talebene von Basel bis Olten, von dort nach Zürich bzw. nach Bern und Genf nur noch eine grosse Ballung von Wohnraum mit gleichzeitiger Entleerung des Landes, wobei die Dorfkerne bestehen blieben, zwecks Landwirtschaft und Erholungsraum. Danach wäre Basel einfach ein Quartier der grossen 20Mio-Metropole Helvetia. Die Grösse sollte uns nicht weiter beeindrucken, Buenos Aires zählt heute schon diese Einwohnerzahl.
Leerstehende wohnungen
Ein problem der wohnungsknappheit entsteht sicherlich auch dadurch, dass liegenschaften aufgekauft werden als kapitalanlage, aber nicht genutzt oder vermietet werden. Viel wohnungsfläche bleibt somit einfach leer, schade!
Immer noch kein Experte
Mehr Wohnungen als benötigt werden führt zu günstigeren Preisen. Der Markt würde mit hoher Wahrscheinlichkeit spielen. Schlussendlich ist es egal ob aufgestockt, oder neu gebaut wird. Es braucht dringend mehr Wohnungen. Das eine Neubauwohnung nicht das gleiche Preisniveau haben kann wie eine 30 Jahre alte teil- bzw. unsanierte.. ist für mich irgendwie nachvollziehbar. Liegt wahrscheinlich an meiner Naivität.
Noch ein unwichtiger Aspekt. Günstiger Wohnraum zieht Menschen an, mehr Menschen verknappen den Wohnraum, ergo der Wohnraum wird teurer. Und der Kreislauf geht weiter.
Wenigstens hätten wir dann wieder Anspruch auf mehr Nationalrat:innen ;-)