Basel «liegt» am Gotthard
Gewissermassen ist Basel der Anfangspunkt der Schweizer Gotthard-Route. Die Sperrung der Eisenbahn-Tunnelröhre spüren wir deshalb auch bei uns. Historiker Georg Kreis berichtet über das Basler Verhältnis zum Basistunnel.
Der Crash in der NEAT-Röhre für die Südseite des Basistunnels hat negative Folgen – auch für Basel. Man hat gemerkt, wie wichtig diese Linie für unsere Stadt, für unsere Region ist. Obwohl Zürich mit seinem Hauptbahnhof und seinem grossen ersten Tunnel-Tor zu Beginn der Bahnhofstrasse als «Anfang» der Gotthardlinie verstanden wird, ist Basel doch die eigentliche erste schweizerische Station der internationalen Nord-Süd-Transitbahn
Erstes Tunneltor
Noch vor der sogenannten «Überschienung» der Alpen und der Eröffnung des Gotthard-Eisenbahntunnels im Jahr 1882, nämlich im Zeitalter der Saumtiere und der Pferdewagen, war Basel eine wichtige Durchgangsstelle. Man kann die 1225 auf Veranlassung des Bischofs Heinrich v. Thun erbaute Rheinbrücke als ersten Teil der schweizerischen Gotthardroute verstehen. Diese Investition machte Sinn, weil die Schöllenen etwa gleichzeitig mit dem Bau des «Stiebenden Stegs» passierbar gemacht wurde.
Impulse und Investitionen
Noch vor dem Bahnbau floss Basler Geld in die Strassen- und Wasserverbindung nach dem Süden etwa mit einem Darlehen der Bank Ehinger für den Urner und Tessiner Strassenbau und mit einer Beteiligung der Knörr AG an der ersten Vierwaldstätter Dampfschiffgesellschaft. Und in der nächsten Phase lancierten starke Basler Impulse die Verwirklichungen der Centralbahn-Linie nach Olten-Luzern. Dazu gehörte der 1858 eröffnete Hauensteintunnel. Das war der erste Eisenbahntunnel der Gotthard-Linie! Der Basler Textilkaufmann, Bankier und Politiker Johann Jakob Speiser hatte sich schon 1853 und 1856 wieder für eine durchgängige Gotthardbahn ausgesprochen.
Dass Basel der gegebene Ausgangspunkt der Gotthardstrecke war, wurde 100 Jahre später in den 1950er Jahren in einer Episode bestätigt. Damals kutschierte eine der Re 44-Loks, gerühmt wegen ihrer guten Kurvengeschwindigkeit, auf einer Art Einweihungstour einen ganzen Zug voller Basler Schulkinder (ich war dabei!) auf einem Tagesausflug nach Airolo und wieder zurück nach Basel.
1961 wurde vom TEE, das heisst Trans-Europ-Express, eine Verbindung nach Mailand in Betrieb genommen, aber nicht Basel, sondern Zürich war der Ausgangspunkt! Aber auch ohne dieses Angebot musste man in Basel ernüchtert feststellen, dass die Verbindung nach dem Tessin via Zürich schneller war als via Luzern mit seinen noch heute offenbar unvermeidlich langen Zwischenhalten.
Wichtiger Player im Gotthardkomittee
Basel war und ist wegen seiner Interessen für die Nord-Süd-Strecke neben 12 anderen Kantonen selbstverständlich Mitglied des sogenannten Gotthardkomitees. Diese kantonale Lobby-Formation kann auf Bundesebene in der Verwaltung und in den Eidgenössischen Räten notwendige Mehrheiten herstellen. Die Anfänge des Komitees gehen ebenfalls ins Jahr 1853 zurück. Eine wichtige neue Konstituierung als «ständige Konferenz» zur Förderung des Basistunnels (NEAT) fand 1964 in Basel statt. Später stellte Basel in den Jahren 2011-2017 mit Regierungsrat und Baudirektor Hans-Peter Wessels den Präsidenten. In die Zeit der präsidialen Basler Präsidentschaft fiel die Inbetriebnahme der NEAT von 2016.
Ein wichtiges Ziel war, auf der Basislinie einen durchgehenden 4-Meter-Korrridor für die Lastwagen- und Container-Transporte zu realisieren. Das Komitee setzte sich aber auch für die Erhaltung der jetzt mit dem temporären Ausfall einer Basisröhre wieder wichtiger gewordenen alten Bergstrecke ein. Ein scheinbar spezifisches Basler Anliegen, das von gesamtschweizerischem Interesse ist und darum vom Gotthardkomitee gefördert wird, ist das von der Gateway Basel Nord AG und den Schweizerischen Rheinhäfen realisierte trimodale Umschlagsterminal für einen effizienten Import-/Export-Güterverkehr. Die in Basel beginnende Gotthard-Eisenbahn ist eine Fortsetzung sowohl der deutschen Rheintallbahninie als auch der in Basel endenden Rheinschifffahrt.
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