Es war einmal ein anderes Basel
Eines der geschichtsträchtigsten Gebäude der Stadt, das Café Spitz, steht vor einer ungewissen Zukunft. Die Zwischennutzung ist begrenzt und die Kosten für die nötige Sanierung sind hoch. Der Ort wird sich wandeln – aber Basel kennt sich mit Veränderung aus.
Seit der Fasnacht werden das Hotel Merian und das dazugehörige Café Spitz zwischengenutzt. Die Rhyschänzli-Gruppe hat den Betrieb der Brasserie, die den neuen Namen «Du Pont» trägt und die Hotelgruppe «B Smart» jenen des Hotels zwischenzeitlich übernommen. Längerfristig wird dem Gebäude aber eine umfassende Renovation bevorstehen, die der bisherigen Besitzerin ZFV-Unternehmungen zu teuer war und die deswegen eine neue Trägerschaft sucht.
Das stattliche Haus am Ende der mittleren Brücke hat eine lange Tradition. Es wurde 1838 bis 1840 von Amadeus Merian als Gesellschaftshaus der drei Kleinbasler Ehrengesellschaften in deren Auftrag erbaut. Und zwar auf dem Boden des Kleinbasler Rathauses. Nach dem Zusammenschluss der vormals unabhängigen Städte Kleinbasel und Grossbasel 1392 diente es während mehrerer Jahrhunderte als Richthaus für das Basler Stadtgericht.
Das alte Richthaus am rechten Ende der mittleren Brücke hatte ein kleines, spitzes Türmchen. (Bild: StABS BILD Falk. C 10)
Deshalb hiess die Brasserie bis vor kurzem «Café Spitz». (Bild: Ladina Tschurr)
Dass nun eines der geschichtsträchtigsten Gebäude in Basel vor einer ungewissen Zukunft steht, stimmt nachdenklich. Wo hat die Stadt sonst grosse Veränderungen erlebt?
Claraplatz
1920 War die Greifengasse einige Meter schmaler als heute. (Bild: StABS BSL 1045c 3-49-23)
Die vom Claraplatz her gesehen rechte Seite der Strasse wurde abgerissen und nach hinten versetzt. (Bild: Ladina Tschurr)
- Die Greifengasse wurde in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts deutlich verbreitert, um ihrer wachsenden Bedeutung als Hauptverkehrsachse zwischen Grossbasel und dem Badischen Bahnhof bzw. dem Fernverkehr Richtung Deutschland gerecht zu werden.
- Die vom Claraplatz aus gesehen rechte Seite der Strasse wurde Stück für Stück nach hinten versetzt. Dabei wurden die Baustrukturen der alten Gebäude unter dem neuen Strassenbelag begraben.
- Und das Restaurant «Zum Schiefen Eck»? Das gibt und gab es damals wie heute, nur das Gebäude ist ein anderes.
«Haus zum Greifen»/Greifengasse 1
Im Haus zum Greifen, das 1920 noch stand, gab sowohl der Greifengasse ihren Namen, als auch der Kleinbasler Ehrengesellschaft zum Greifen. (Bild: StABS BSL 1045c 3-49-5)
Heute sieht die Ecke deutlich anders aus. (Bild: Ladina Tschurr)
- Das mittelalterliche «Haus zum Greifen» (auch «Haus zem Gryffen») , das 1363 erstmals urkundlich erwähnt wird, musste ebenfalls der Verbreiterung der Greifengasse weichen.
- Ab 1426 beherbergte das «Haus zum Greifen» die Kleinbasler Ehrengesellschaft zum Greifen, die ihren Namen dem Haus entnahm. Auch die Greifengasse ist nach diesem Haus benannt.
- Später, als die drei Kleinbasler Ehrengesellschaften gemeinsam in das Café Spitz gezogen waren, beherbergte das Haus zum Greifen eine Apotheke. Allerdings nur während ca. 20 Jahren. Dann wurde das Haus zugunsten einer breiteren Greifengasse dem Erdboden gleichgemacht und durch ein neues Gebäude ersetzt, in dem sich heute eine grosse Sunrise-Filiale befindet.
Sporengasse/Marktplatz
Als der Marktplatz noch kleiner war, befand sich das Rathaus noch nicht so imposant in dessen Mitte wie heute. (Bild: StABS BILD Schn. 28)
Die Gasse zwischen Markplatz und Eisengasse gibt es heute nicht mehr. Rechts steht jetzt der Globus, hinten der Märthof, links ist heute Freifläche. (Bild: Springer Book Archive)
Aktuell lässt sich von den neuen Baustrukturen gerade nicht so viel erkennen. (Bild: Ladina Tschurr)
- Der Marktplatz ist heute deutlich grösser als am Ende des 19. Jahrhunderts. Die Fotografie auf dem Umschlag des Buchs «Basel in der guten alten Zeit» zeigt: Das Rathaus befand sich nicht prominent in der Mitte wie heute, sondern an einer Ecke des Platzes.
- Häuser und eine kleine Strasse zwischen Markplatz und Eisengasse, die Sporengasse, verschwanden im Zuge der vollständigen Überdeckung des Birsig.
- Zuvor floss der Birsig dort noch offen durch die Stadt. Wegen der Flut- und Hygienerisiken, die der Fluss darstellte, war klar: Er muss überdeckt werden.
Freie Strasse
Auf der Fotografie von ca. 1890 ist der obere Teil der Freien Strasse mit Blick Richtung Bankverein abgebildet. Links im Bild der Brunnen vor dem Münsterhügel, den es noch gibt, rechts eine Häuserzeile, die schon teilweise nach hinten versetzt worden war. (Bild: StABS BSL 1045c 3-4-1)
Nur das zweite Haus von links steht heute noch. (Bild: Ladina Tschurr)
- Die Freie Strasse ist die älteste Strasse von Basel. Es gab sie schon zu römischer Zeit als viel befahrene Verbindung zwischen Augusta Raurica und Kembs, und ihre verkehrstechnische Bedeutung wuchs stetig. Sie war bis Ende des 19. Jahrhunderts die einzige Strasse in der Basler Innenstadt, die effektiv «Strasse» hiess, was bezeichnend ist für ihren hohen Stellenwert. Andere Verkehrswege in der Stadt wurden normalerweise als «Gasse» oder «Berg» bezeichnet.
- Der Name «Freie Strasse» rührt wohl daher, dass sie im Mittelalter nicht der Stadt Basel unterstand, sondern dem römischen Reich, beziehungsweise später dem Deutschen Reich. Als Reichsstrasse kamen ihr spezielle öffentliche Nutzungsrechte zu. «Frei» bedeutet wohl soviel wie «öffentlich, allgemein».
- Bis Ende des 19. Jahrhunderts war die Freie Strasse schmaler und leicht gewunden. Dann wurde sie, ähnlich der Greifengasse, im Zuge der Optimierung der grossen Verkehrsachsen verbreitert. Dafür wurden ganze Häuserzeilen abgerissen.
Barfüsserplatz
Die Streitgasse (hier ein Bild aus den 1930ern) wurde als Verbindungsgasse zwischen der Freien Strasse und dem Barfüsserplatz zu eng. (Bild: Verschwundenes Basel)
Heute ist sie deutlich breiter. (Bild: Ladina Tschurr)
- Die Streitgasse, die den Barfüsserplatz mit der Freien Strasse verbindet, sollte ab 1928 von ihren ursprünglich neun Metern Breite auf zwölf Meter Breite vergrößert werden. Dass sie so schmal war, war für ihre Funktion als Verbindung zwischen zwei verkehrstechnisch bedeutenden Bereichen der Stadt hinderlich.
- Die vom Barfüsserplatz her gesehen rechte Seite der Strasse wurde deswegen komplett abgerissen und durch Neubauten ersetzt, die im Vergleich zur bisherigen Baulinie rund drei Meter nach hinten versetzt waren.
- In Zuge dessen wurde 1934 auch der Barfüsserhof erbaut. Er beherbergt bis heute unter anderem das beliebte Grand Café Huguenin und thront gewissermassen über dem Barfüsserplatz.
Webernbrunnen/Steinenvorstadt
Hier hat sich viel verändert. (Bild: StABS BSL 1045c 3-5-9)
Der Webernbrunnen ist etwas vom einzigen, das heute in der Steinenvorstadt bestehen geblieben ist. (Bild: Ladina Tschurr)
- Auch hier ist die Geschichte eine ähnliche, wie in den anderen grossen Strassen in Basel: Die Steinenvorstadt war einmal schmaler und wurde durch Abrisse und nach hinten versetzte Neubauten verbreitert.
- Heute gibt es in der Steinenvorstadt kaum noch alte Häuser. Sie sind grösstenteils durch kommerzielle Neubauten ersetzt worden.
- Eines der wenigen alten Überbleibsel ist der Webernbrunnen. Er steht seit 1672 vor der Hausnummer 27 und musste sich mehrmals gegen Skepsis aus der Bevölkerung durchsetzen, ob er denn überhaupt notwendig sei. Der Kanton hat sich aber immer für ihn eingesetzt.
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