Liebe Männercliquen, drängt die Frauenfrage?
Die Alten Stainlemer nehmen künftig auch Frauen auf – weil es an Nachwuchs mangelt. Bei anderen Männercliquen stehen die Zeichen derzeit nicht auf Öffnung, wie eine kurze Umfrage zeigt.
«Alles ischt uns liiber, als in unsrer Clique Wyyber!» Einst war das eine Parole der Fasnachtsclique Vereinigte Kleinbasler (VKB). Als sie sich vor 20 Jahren aufgrund von Nachwuchsproblemen entschied, künftig auch Frauen aufzunehmen, sorgte das für emotionale Diskussionen und ein Teil der Clique spaltete sich ab und gründete die 1884 Fasnachtsgesellschaft.
Ende Mai 2024 haben die Alten Stainlemer nun – ebenfalls wegen Nachwuchsmangel – die Entscheidung getroffen: Fertig Männerclique, nach über 110 Jahren. Kontrovers seien die Diskussionen im Vorfeld gewesen, berichtete die BaZ kürzlich. Drastische Folgen wie eine Spaltung drohen derzeit aber offenbar nicht: «Weil jedem der Verein sehr am Herzen liegt», spüre er eine Bereitschaft für die Veränderung, sagte Obmann Raphael Vecchi.
Anlässlich dieses Entscheids – der Stainlemer-Obmaa Vecchi bezeichnet ihn als «mutig» – steht die Frage im Raum: Treibt die Frauenfrage eigentlich auch andere grosse Männercliquen um? Drängt sie?
Die kurze Antwort: Nein. Der Tenor bei den Cliquen Basler Mittwochsgesellschaft (BMG), Olympia, Schnurebegge, Märtplatz, Basler Bebbi Basel und Alti Richtig klingt ähnlich.
Bei der Olympia ist die Junge Garde mit rund 80 Personen derzeit so gut besetzt, dass sie mehr Räume und Instruktoren benötigen. Eine Öffnung sei aber nicht nur deshalb kein Thema, sondern auch, weil sich die Mitglieder «ganz bewusst» für eine nicht-gemischte Clique entschieden hätten. Obmaa Claude Schrank betont, dass man das nicht frauenfeindlich verstehen dürfe. Es habe vielmehr mit «der Stimmung und dem Charakter» einer Gruppe zu tun, die sich bei nicht gemischten gegenüber gemischten Cliquen unterscheiden würden. Die meisten Mitglieder kennen das nicht anders. «Die allergrösste Mehrheit ist deshalb sicher zufrieden», sagt er.
Auch bei den Bebbi und der BMG ist eine Öffnung nicht geplant. Das Thema werde zwar «immer wieder» diskutiert, schreiben beide Präsidenten. Aber auch hier läufts anscheinend nachwuchstechnisch gut. Deshalb fokussiert man sich bei den Bebbi auf «andere Themen», wie Bebbi-Präsident Tim Sommer schreibt: Das musikalische Niveau oder die Suche nach einer künstlerischen Leitung für die Sujetfasnacht würden «als Priorität» behandeln.
David Koechlin von der BMG erklärt, die Gesellschaft habe in den letzten fünf Jahren die Junge Garde mit dem «Buebezigli», wie er sagt, «wiederbelebt» und 36 «tolle Buben» gewonnen, «Tendenz steigend». Er schliesst aber nicht aus, dass diese dereinst eine Öffnung anpacken könnten: «Wir werden sehen, was die Zukunft bringt».
Bei den Schnurebegge setze man sich aktiv mit der Öffnung für Frauen auseinander, schreibt Junge-Garde-Obmann Christian Bihari. Es brauche aber einen starken Druck, «um solch eine grundlegende Veränderung in Angriff zu nehmen». Und dieser Druck besteht nicht: Der Nachwuchs sei gross genug und wachse. Im Sinne ihres Mottos «Wo Buebe no Buebe dörfe si», würden sie bei den Eltern für ihre Clique werben und so versuchen, den «Geschlechter-Nachteil» – also dass Frauen nicht dabei sein dürfen – positiv zu besetzen.
Die Alti Richtig versuchts mit einem anderen Ansatz: In der Jungen Garde «Schnuffer und Schnoogge» machen Jungen und Mädchen zusammen Fasnacht. Wenn sie 18 werden, werden sie in eine Frauensektion («Junte») und eine Männersektion («Alti Richtig») aufgeteilt. Mit diesem System seien sie sehr zufrieden, sagt Obmaa Simon Thiriet auf Anfrage.
Von allen Befragten ist Märtplatz-Obmaa Marc Buser der einzige, der sagt, sie hätten «mit «gewissen Nachwuchsproblemen» zu kämpfen. Trotzdem drängt eine Öffnung auch bei ihnen nicht: «Wir hatten uns vor wahrscheinlich ca. 20 Jahren intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt und damals entschieden, bis auf Weiteres eine Männer-Clique zu bleiben.» Seither habe die Sache bei Ihnen nie mehr «eine so hohe Aktualität» gehabt.
Bei den meisten der befragten Cliquen stösst das «Men only»-Konzept also auf eine genügend grosse Nachfrage. So bleibt bei ihnen bis auf absehbare Zeit wohl das einzig weibliche der Anlass selbst. Gäll, Frau Fasnacht.