Kindernäscht vor dem Aus

Das Basler Kindernäscht im Herzen der Stadt muss schliessen. In einem Brief an die Eltern wird das Ende des Betreuungsangebots aufgrund fehlender finanzieller Mittel angekündigt.

Basler Kindernäscht
Das Basler Kindernäscht an der Gerbergasse ist nur noch bis Ende Jahr geöffnet. (Bild: zVg)

Ende Jahr gibt es ein Betreuungsangebot für Kinder in Basel weniger. Das Kindernäscht an der Gerbergasse 14 schliesst nach 24 Jahren aus finanziellen Gründen seine Türen. In einer Mitteilung an die Eltern wird darüber informiert, dass die langjährige öffentliche Unterstützung künftig wegfallen wird. Da das Kindernäst nicht allein aus den Betreuungsbeiträgen finanzierbar sei, ist Ende Dezember Schluss mit der Institution, in der «tausende Kinder in den unterschiedlichsten Situationen und mit ganz unterschiedlichem Hintergrund» betreut wurden. 

Das Konzept ist so einfach wie attraktiv: Eltern können ihre Kinder von 18 Monaten bis 12 Jahren mitten in der Innenstadt spontan, stundenweise und ohne Voranmeldung – und auch während der Schulferien – betreuen lassen. Auch Kinder mit Behinderungen oder Einschränkungen sind willkommen.

«Der Staatsbeitrag wird vom WSU nun letztmals für das Jahr 2025 bezahlt.»
Sonja Körkel, Kommunikationsbeauftragte beim WSU

Aktuell finanziert sich das Kindernäscht durch eine regelmässige Subvention vom Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt (WSU), durch die Beiträge der Eltern sowie durch Spenden und Sponsoring. Künftig gibt es vom Kanton jedoch kein Geld mehr und die übrigen Mittel reichen laut Kindernäscht nicht, um das Angebot auch in Zukunft aufrechterhalten zu können.

Auf Rückfrage beim WSU sagt Mediensprecherin Sonja Körkel: «Der Kanton Basel-Stadt hat via das Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt das Basler Kindernäscht seit 2009 wiederholt mit wechselnden Beiträgen, seit 2017 mit einem jährlichen Staatsbeitrag von 72'000 Franken unterstützt.» Was initial als vorübergehender Beitrag zur Unterstützung dieses Angebots angelegt gewesen sei, wurde in einen jeweils auf vier Jahre angelegten Staatsbeitrag umgewandelt, um Eltern in der Vereinbarkeit von Beruf und Familie mit einem sehr flexiblen Angebot unterstützen zu können. «Der Staatsbeitrag wird vom WSU nun letztmals für das Jahr 2025 bezahlt.»

Letizia Marioni
«Wir müssen jetzt sagen – ohne nachhaltige finanzielle Absicherung geht es nicht mehr.»
Letizia Marioni, Betriebsleiterin Basler Kindernäscht

Das Basler Kindernäscht wird vom gemeinnützigen Verein IG Basler Kindernäscht getragen. Betriebsleiterin Letizia Marioni hat das Kindernäscht 2002 gegründet, die Anschubfinanzierung kam von der Christoph Merian Stiftung. Anschliessend unterstützte die Krankenkasse Sympany während zehn Jahren das Betreuungsangebot. Bereits 2013 stand das Kindernäscht vor dem Aus, konnte aber gerettet werden. Dieses Mal aber sei das Ende «definitiv», so steht es im Schreiben.

Die Leiterinnen hoffen auf das Verständnis der betroffenen Eltern, «dass wir jetzt sagen müssen – ohne nachhaltige finanzielle Absicherung geht es nicht mehr». Im Gespräch mit Bajour sagt Marioni: «Für viele Eltern ist es drastisch, dass wir schliessen. Sie haben ihre Kinder regelmässig gebracht, gerade wenn sie nicht an festen Tagen arbeiten oder spontan Unterstützung brauchen.» Sie selbst ist seit einem Jahr pensioniert und hätte das Kindernäscht gerne in neue Hände übergeben. «Wir brauchen aber 80’000 Franken pro Jahr», sagt sie. 

Ende der öffentlichen Unterstützung

Vom WSU heisst es, mit dem Ausbau der Tagesstrukturen lasse sich der Bezug zum Departement, konkret zur Wirtschaft- und Standortpolitik im engeren Sinn, nicht mehr weiter begründen. Zumal das WSU auch nicht über die Kompetenz im Bereich der Kinderbetreuung und deren Aufsicht verfüge, so Körkel.

Das WSU habe auch geprüft, ob das für Kinder und Familien zuständige Erziehungsdepartement eine finanzielle Unterstützung für das Kindernäscht übernehmen könne. Das liessen die seit dem 1. August 2024 geltenden Regelungen zur Verbesserung in der Tagesbetreuung allerdings nicht zu.

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Kommentare

Christoph A. Müller
30. Juli 2025 um 09:27

Wo bleibt der Aufschrei?

Ein niederschwelliges, unkompliziertes und kostengünstiges Betrreungsangebot für Kinder wird geschlossen, weil ein lächerlicher Subventionsbetrag von 80‘000 Franken gestrichen wird. Grund: Der Bezug zum Departement sei nicht mehr gegeben. Derweil werden Millionenbeträge locker gemacht, um Grossunternehmen bei guter Laune zu halten. Solch einer Politik fehlt schlicht der Bezug zur Realität, in welchem Departement auch immer diese angesiedelt ist. Wo bleibt da der Aufschrei?