Obdachlose nicht mehr erwünscht
Im grössten Park des Gundeli hatten sich wiederholt Obdachlose eingerichtet. Wegen Konflikten hatten die Nachbar*innen sich beschwert, und der Kanton liess das Trafogebäude nun mit Bauzäunen absperren. Perspektivisch soll der Ort einer Buvette weichen.
Der Kanton hat schon länger die Vision, den Winkelriedplatz als grösste Grünfläche im Gundeli zu einer «neuen Naturoase» für das Quartier umzugestalten. In einer Medienmitteilung vermeldete er 2022, das bestehende Trafogebäude umbauen zu wollen. Dann könnte das Barista-Unternehmen «Die Kaffeemacher:innen» eine Buvette, das Café Sommer, dort eröffnen. Die Rede ist von Brunch am Wochenende, nachhaltigen Produkten und einer Parkbühne, welche von den Quartierorganisationen bespielt werden soll.
Seit kurzem befindet sich ein Bauzaun bei der Trafostation, der die Freifläche unter dem Vordach absperrt. Auf einem Schild des Bauzauns steht: «Betreten der Baustellen verboten».
Also geht es jetzt los mit dem Umbau des Gebäudes, den der Kanton vornehmen wird? Tatsächlich noch nicht, wie Bajour auf Anfrage vom Bau- und Verkehrsdepartement (BVD) erfährt – das werde frühestens Mitte 2025 der Fall sein. Der Grund für den Bauzaun seien Beschwerden aus der Nachbarschaft gewesen: An jenem Ort hätten sich «über Wochen mehrere Personen eingerichtet und den öffentlichen Raum mit privaten Habseligkeiten und Möbeln belegt».
Die Personen seien vom BVD darauf hingewiesen worden, dass dies nicht erlaubt sei und dass sie den Ort räumen müssten – das sei auch passiert. Es sei aber nicht das erste Mal gewesen, dass sich dort Personen länger aufgehalten hätten. Damit der Ort nicht wieder belegt wird, wurde er nun «vorübergehend» abgedeckt.
«Da wurde zu viel Party gemacht», sagt Christoph. Er sitzt zur Mittagszeit mit seinem Freund Vitali auf einer Parkbank abseits des Häuschens. Zwischen ihnen steht eine halbleere Rotweinflasche, Christoph hat sich eine Zigarette gedreht. Er erklärt, dass dort Leute von der Strasse zusammen kamen, um zu trinken oder zu kiffen. «Jetzt haben sie es zugemacht.» Wer zuvor dort war, habe sich nun an andere Orte verteilt.
«Ein solcher Nutzungsort für Obdachlose verträgt sich eben nicht optimal mit dem Umfeld von Kindern – ich kann das Reibungspotenzial schon nachvollziehen.»Adriana Ruzek, Gassenarbeiterin Schwarzer Peter
Die Gassenarbeiter*innen vom Schwarzen Peter kennen die Situation auf dem Winkelriedplatz gut. «Es hat direkt Toiletten dort, darum ist es ein praktischer Aufenthaltsort», erklärt Co-Geschäftsleiterin Adriana Ruzek. Sie erzählt, dass dort fast 20 Jahre lang ein Wohnungsloser namens Fritz gehaust habe. Nach seinem Tod habe sich dann vergangenes Jahr ein wohnungsloses Pärchen am Trafogebäude eingerichtet – sie hätten in der Zwischenzeit durch die Abteilung Sucht wieder eine Wohnung erhalten, so Ruzek. «Aber seither hat sich der Ort gewandelt und wir haben vermehrt beobachtet, dass er hauptsächlich von Durchreisenden aus dem osteuropäischen Raum genutzt wurde.»
Ähnlich zur Situation am Bahnhof habe immer wieder Alkoholeinfluss bei den Grüppchen, die sich dort bildeten, zu Konflikten innerhalb der Gruppe und Polizeieinsätzen geführt. Ruzek: «Direkt nebendran befindet sich ein Spielplatz und Familien haben sich wegen der lauten Konflikte nicht ganz sicher gefühlt. Ein solcher Nutzungsort für Obdachlose verträgt sich eben nicht optimal mit dem Umfeld von Kindern – ich kann das Reibungspotenzial schon nachvollziehen.»
Grundsätzlich sei der Bauzaun also schon eine Form von Verdrängung – die nun aber Konflikte vermeide: «Da sich die Grüppchen an andere Orte verteilt und anders formiert haben, hat sich auch bei ihnen das Konfliktpotenzial entspannt.» Die Gassenarbeiter*innen werden laut Ruzek weiterhin auch ein Auge auf das nun abgesperrte Trafohäuschen haben.