Der österreichische Sender «Auf1» will in die Schweiz expandieren. Der Onlinesender hat sich als Leitmedium für Verschwörungsideologien im deutschsprachigen Raum etabliert. «Auf1» nennt die Corona-Impfung ein «Gen-Experiment», behauptet immer wieder, wirtschaftliche Eliten würden die Herrschaft an sich reissen wollen und spricht von «Bolschewisten» und «Globalisten» – Bezeichnungen, die von extremen Rechten als antisemitischer Code genutzt wird. «Auf1» gehört zu den sogenannten «Alternativmedien», die zwar selten komplett frei erfundene Nachrichten teilen, jedoch Fakten nach eigenem Geschmack auslegen und Verschwörungsmythen verbreiten. In den USA ein weit verbreitetes Phänomen. Jüngstes Beispiel: Der Nachrichtensender Fox News verbreitete Berichte über die angebliche Manipulation der Wahlcomputer. Rupert Murdoch, Vorsitzender der Fox Corporation, musste sich deswegen vor Gericht verantworten und räumte Fakenews ein. In der Schweiz gelten bei Falschinformationen und auch absichtlichen Lügen der weitgehende Schutz der Medien- oder Meinungsfreiheit, erklärt Martin Steiger, Anwalt für Recht im digitalen Raum, in den Tamedia-Zeitungen. Wirklich heikel könne es erst bei strafbaren Meinungsdelikten oder widerrechtlichen Persönlichkeitsverletzungen werden.

2023-08-09 Frage des Tages-1

Bedrohen rechtsextreme Verschwörungsmedien unsere Demokratie?

Der österreichische Sender «Auf1» will in die Schweiz expandieren. Der Onlinesender hat sich als Leitmedium für Verschwörungsideologien im deutschsprachigen Raum etabliert. «Auf1» nennt die Corona-Impfung ein «Gen-Experiment», behauptet immer wieder, wirtschaftliche Eliten würden die Herrschaft an sich reissen wollen und spricht von «Bolschewisten» und «Globalisten» – Bezeichnungen, die von extremen Rechten als antisemitischer Code genutzt wird. «Auf1» gehört zu den sogenannten «Alternativmedien», die zwar selten komplett frei erfundene Nachrichten teilen, jedoch Fakten nach eigenem Geschmack auslegen und Verschwörungsmythen verbreiten. In den USA ein weit verbreitetes Phänomen. Jüngstes Beispiel: Der Nachrichtensender Fox News verbreitete Berichte über die angebliche Manipulation der Wahlcomputer. Rupert Murdoch, Vorsitzender der Fox Corporation, musste sich deswegen vor Gericht verantworten und räumte Fakenews ein. In der Schweiz gelten bei Falschinformationen und auch absichtlichen Lügen der weitgehende Schutz der Medien- oder Meinungsfreiheit, erklärt Martin Steiger, Anwalt für Recht im digitalen Raum, in den Tamedia-Zeitungen. Wirklich heikel könne es erst bei strafbaren Meinungsdelikten oder widerrechtlichen Persönlichkeitsverletzungen werden.

976 Stimmen
Michelle Isler
Michelle Isler
Moderation
Top antworten
Eveline Siegenthaler
08. August 2023 um 23:48

Fake News-Verbot jetzt!

Es braucht endlich Gesetze zur empfindlichen Bestrafung des Verbreitens von demokratiefeindlichen und gesundheitsgefährdenden Fake News. In Deutschland ist man da schon weiter.

In der Schweiz hingegen haben Q-Anon und ihre Ableger/Gefolgschaft leichtes Spiel. Deren Ideologie steckt schon tief in der Gesellschaft drin. Sie ist mitten unter uns angekommen und wird als Courant Normal akzeptiert. Derweil vernetzen sich Organisationen wie „Aufrecht“ weiter und bauen eine Parallelgesellschaft auf.

Sie haben sogar bereits eigene Verbände für Pflegepersonal, die Gastronomie, für KMU, Lehrer, usw. Auf der entsprechenden Online-Plattform „Gemeinsam Schweiz“ sind sie aufgelistet. Das Forum der Armutsbetroffenen Schweiz hat schon im Frühsommer der Pandemie vor dieser Entwicklung gewarnt und Fake News aus und Hate Speech aus ihren Internetpräsenzen verbannt.

Denn gerade die untere Mittelschicht haben diese Organisationen besonders im Visier. Sie sind tendenziell leichter zu manipulieren.

Martin_Steiger
Martin Steiger
Rechtsanwalt und Unternehmer für Recht im digitalen Raum

Wir dürfen nicht auf Behörden und Politik zählen

Verschwörungserzählungen beeinflussen das politischen Denken und Handeln der Bürgerinnen und Bürger in einer Demokratie, egal, von wem sie stammen. Sie fördern Gleichgültigkeit, Menschenverachtung und Politikverdruss. Dagegen halten müssen in der Schweiz die Zivilgesellschaft und alle anderen, denen eine direkte Demokratie mit etablierten Grundrechten und mündigen Menschen wichtig ist. Wir dürfen nicht auf Behörden und Politik zählen, sondern müssen selbst die notwendige Überzeugungsarbeit leisten, so wie bei anderen Herausforderungen für Demokratie und Gesellschaft auch.

Marko Kovic
Marko Ković
Sozialwissenschaftler

Maximale Provokation und maximale Reaktionen

Meine Sicht ist relativ dezidiert: Ich sehe «Auf1» und Co. als Gefahr für Demokratie, und zwar aus zwei Gründen. Zum einen operieren viele alternative Medien nicht in guter Absicht. Ihr Ziel sind maximale Provokation und maximale Reaktionen, nicht eine aufrichtige kritische Debatte, zu der auch das Eingehen auf Gegenargumente und das Eingestehen von Fehlern gehören würde. Zum anderen normalisieren solche Medien durch stete Transgressionen und Tabubrüche rechtsextreme, antidemokratische Ansichten. Sie verschieben das Fenster des Sagbaren in eine bedenkliche Richtung.

Nationalrat Juerg Grossen, GLP-BE, vom ueberparteilichen Komitee aeussert sich an einer Medienkonferenz zum Freihandelsabkommen mit Indonesien, am Dienstag, 12. Januar 2021, in Bern. Am 7. Maerz hat die Schweizer Stimmbevoelkerung ueber dieses Abkommen zu entscheiden.(KEYSTONE/Peter Schneider)
Jürg Grossen
Nationalrat und Präsident GLP

Weg über die Bildung und Sensibilisierung

Die willentliche Verbreitung von Fake News und Verschwörungstheorien sind eine Gefahr für die Demokratie. Sie stellen unsere demokratischen Institutionen und die Werte einer liberalen Gesellschaft in Frage oder greifen sie sogar direkt an. Um dem entgegenzutreten, muss der Weg über die Bildung und Sensibilisierung gehen. In diesen Bereichen müssen wir mehr investieren, um Fake News entgegenwirken zu können.

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Alessandra Paone
Co-Redaktionsleiterin OnlineReports

Fundierten Journalismus bieten

Ja, Verschwörungsmedien können schon eine Gefahr darstellen. Umso wichtiger ist es, dass sich die seriösen Medientitel ihrer Verantwortung bewusst sind und fundierten Journalismus bieten. Zudem führt eine gelebte Medienvielfalt wie hier im Grossraum Basel zu einem gesunden und gegenseitig kontrollierenden Wettbewerb. Das verkleinert den Raum, in dem sich dubiose Medien ausbreiten könnten. In unserer Gegend sehe ich daher keine akute Bedrohung.

Ina Bullwinkel
Ina Bullwinkel
Co-Chefredaktorin Bajour

Unsere Demokratie ist recht stabil, doch...

Unsere Demokratie ist recht stabil, so schnell gerät sie nicht aus den Fugen. Doch es wäre naiv zu glauben, Propaganda und Fake News hätten keine Auswirkungen auf unsere Gesellschaft. Ist ein bestimmtes Narrativ erst einmal online oder im Fernsehen verbreitet – etwa die Mär von Donald Trumps angeblich «gestohlener Wahl» – bleibt das in den Köpfen hängen. Egal, wie viel Gegenrede es später gibt, und ob die Meldung längst als Fake News enttarnt wurde: Ein Zweifel bleibt vielleicht, ob nicht doch etwas dran ist. Langfristig kann das Einfluss auf die Meinungen der Wähler*innen haben. Das dürfen wir Journalist*innen nicht unterschätzen und müssen so gut es geht mit wahrheitsgetreuer, unabhängiger und integrer Berichterstattung dagegenhalten.

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Kaspar Surber
Redaktionsleitung WOZ

Förderung von Medienkompetenz

Das einzige, was gegen diesen Unsinn hilft, ist die Förderung von Medienkompetenz. In der Schule, der Familie, unter Freund:innen. Nach einem kurzen Einblick in die Auf1-Welt kann ich nur sagen: Höchste Vorsicht bei religiös erweckten Blicken, pathetischer Musik und antisemitischen Wortungeheuern wie Globalistenagenda.

„Mein Herr, ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, daß Sie sie äußern dürfen." Voltaire

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Jon Pult
Nationalrat SP

Es braucht den demokratischen Konsens

Es ist gefährlich, wenn unjournalistische Verschwörungsmedien mithelfen, das putinsche oder trumpsche Konzept der alternative Fakten im öffentlichen Diskurs zu etablieren. Wenn Lügen oder Falschinformationen als gleichwertige, eben „alternative“ Fakten angesehen werden, ist das für die liberale Demokratie ebenso schädlich wie eine Einschränkung der Medienfreiheit. Es braucht den demokratischen Konsens, dass alle ein Anrecht auf eine eigene Meinung aber nicht auf eigene Fakten haben. Die Stärkung des kritischen und unabhängigen Journalismus, die Stützung der seriösen Medien sowie die Förderung der Medienkompetenz der Bevölkerung sind vor diesem Hintergrund darum immer wichtiger.

Ueli Keller
09. August 2023 um 04:07

Ganz so einfach wie es scheint, ist es nicht

Nicht alles, was als eine Verschwörungstheorie bezeichnet wird, ist auch ein solche. So wie auch nicht alles, was als eine Wahrheit kolportiert wird, zu 100 Prozent stimmt. - Im Übrigen gibt es auch in der Politik erstens die Dummen: Sie wissen nicht, was (sie) tun. Zweitens die Gleichgültigen: Sie tun nichts. Drittens die Intelligenten: Sie kümmern sich darum, dass es allen bestmöglich gut gehen kann. Viertens die Schlauen: Sie tun vor allem das, was ihnen selber nützt. Merke A: Diese vier Verhaltensweisen sind keine Frage beispielsweise der Parteizugehörigkeit oder vom Schul- bzw. Studienabschluss. B: Wenn Intelligente in der Minderheit sind, wird es in der Welt schwierig. C: Es scheint oft so, als würden sie auf einem absteigenden Ast sitzen.

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Patrick Vögelin
Behindertenrechtaktivist

Gefährliche Entwicklung

Die Entwicklung ist gefährlich keine Frage aber wir dürfen nicht mit Verbote anfangen den sonst stärkt man sie und das wäre noch gefährlicher. Aber wir dürfen auch keine Rechtsextreme Meinung akzeptieren.

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