In Basel-Stadt dürfen rund 38 Prozent der erwachsenen Einwohner*innen politisch nicht mitbestimmen, da sie kein Schweizer Bürgerrecht haben. Eine Motion von SP-Grossrätin Edibe Gölgeli wollte das ändern. 2022 überwies der Grosse Rat ihre Motion an die zuständige Justiz-, Sicherheits- und Sportkommission (JSSK). Diese hat nun einen Vorschlag für ein begrenztes Ausländer*innen-Stimmrecht ausgearbeitet: Ausländische Einwohner*innen mit einer Niederlassungsbewilligung (C-Ausweis), die mindestens seit fünf Jahren in Basel-Stadt wohnen, sollen auf kantonaler Ebene abstimmen dürfen. Eine Mehrheit der JSSK spricht sich für den Vorschlag aus und argumentiert: «Wer seinen Lebensmittelpunkt in Basel-Stadt hat und damit von politischen Entscheiden direkt betroffen ist, soll mitbestimmen können». Eine Kommissionsminderheit lehnt den Vorschlag ab und hält am Schweizer Bürgerrecht als «unabdingbare Voraussetzung» für das Stimmrecht fest. Als nächstes muss der Grosse Rat über das Geschäft abstimmen.

Begrenztes Stimmrecht für Ausländer*innen: Eine gute Idee?

1650 Stimmen
Franziska Zambach
Franziska Zambach
Moderation
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Mütze Kopie 2
Mathis Reichel
Pensioniert, Musiker, Tänzer

Swissness

Jeder, der seinen Fuss auf Schweizer Boden setzt, ist automatisch stimmberechtigt. Oder: Bedingungen sind 10 Jahre Wohnsitz in der Schweiz, eine Landessprache beherrschen, solide Kenntnisse der Schweizer Geschichte, jodeln und Polka tanzen. Die Lösung wird wohl irgendwo dazwischen sein, doch tendiere ich stark in Richtung Bedingungen. Ob man diese nun Bürgerrecht oder anders nennt, kann diskutiert werden. Offenheit und Toleranz sind recht und gut, doch die Zahlen sprechen ihre eigene Sprache. Beantragt als einziger Solschenizyn Asyl, kann er auch problemlos aufgenommen werden. Sind es allerdings tausende, werden es auch bald Millionen, und wenn eine fremde Kultur mit fremden Regeln die Mehrheit stellt, werden wir uns fragen müssen, was Swissness noch bedeutet, welchen Stellenwert Grenzen noch haben, ob man gleich alles auflösen sollte, auch unser demokratisches System, das doch weltweit einmalig ist. Deshalb: ja, es braucht Bedingungen, die auf unserer Geschichte beruhen.

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Daniel Ordas
Bürgergemeinderat GLP/ Advokat

Logische Weiterentwicklung der Demokratie

Erst durften nur alte, wohlhabende, christliche Männer wählen und es galt als Demokratie.

Dann durften auch etwas jüngere, wohlhabende, christliche Männer wählen und die Berechtigten fanden es richtig.

Später durften auch nicht wohlhabende christliche Männer wählen und für diese war das genug.

Noch später durften auch jüdische Männer wählen und man empfand das als ausreichend.

Viel später durften auch ein Teil der Frauen wählen und das galt als Fortschritt.

Heute dürfen 50% der Baslerinnen und Basler wählen.

Natürlich steht nun der nächste Schritt an. Natürlich finden viele der schon Berechtigten das unnötig.

Natürlich wird man in 2 Generationen nicht verstehen, warum das nicht immer schon normal war.

Die Vertiefung der Demokratie kommt vielen der schon berechtigten immer komisch, unnötig oder revolutionär vor, nach der Erweiterung kräht kein Hahn mehr danach und niemand würde wagen die vergangenen Demokratisierungsschritte zu hinterfragen.

Gast :-)
30. Mai 2024 um 07:46

Wo ist da noch der Anreiz?

Zur kurzen Vorstellung meinerseits, ich bin eine eher Linksorientierte Person welche selbst Migrationshintergrund hat. Ich habe das CH-Bürgerrecht mir "erarbeitet" und ich verstehe den Sinn hinter dem Ausländer*innenstimmrecht nicht. Wo setzt man den Anreiz sich intensiver mit der neuen Heimat, Sprache, Kultur ect. auseinander zu setzen als über das Bürgerrecht und die politische Mitbestimmung? Wieso sollte sich Person X die Mühe der Einbürgerung und damit verbunden auch die staatliche Kontrolle wer diese Person ist und was sie denkt, noch machen, wenn man das grösste Recht faktisch geschenkt bekommt?

Für mich selbst war es genau diese Mitbestimmungsmöglichkeit, dass ich mich Einbürgern lies und ich empfehle es jedem, dies zu machen. Was ich aber nicht empfehle ist jedem das Stimmrecht zu geben!

Der Staat soll die Kontrolle über seine Bürger*innen haben und diese Möglichkeit auch Nutzen und nicht einfach weggeben ohne Grund.

Mitleser
30. Mai 2024 um 07:20

Einbürgerung vereinfachen

Ich würde eher das Einbürgerungsverfahren vereinfachen und erleichtern. Die Einbürgerung führt zu einer besseren, nachhaltigeren Integration und Identifikation. Daher bin ich gegen ein Stimmrecht für AusländerInnen.

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Jessica Francis
Vizepräsidentin GLP BS, Britisch-Schweizerische Doppelbürgerin, Projektleiterin

Potential erkennen und würdigen

Dank unserer hohen Lebensqualität lassen sich viele politisch interessierte Personen für längere Zeit in Basel nieder, haben hier Familie und möchten zurecht in unserer direkten Demokratie mitgestalten. Dieses Interesse und Potential muss man erkennen und mit dem begrenzten Stimmrecht für Ausländer würdigen.

Gilbert
30. Mai 2024 um 08:22

Der Schweizer Pass steht jedem Integrationsfähigen offen

Es bekommt Niemand ohne eine Eigenleistung einen Preis, einen Pass,

oder dieser ist auch gar nichts wert.

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Barbara Heer
Grossrätin SP

Wer den Lebensmittelpunkt in Basel hat, soll mitbestimmen können

Mehr als die Hälfte der gesamten Wohnbevölkerung hat heute kein Stimm- und Wahlrecht. Es tut unserer Demokratie nicht gut, wenn eine Minderheit über die Mehrheit entscheidet. Das von der JSSK Mehrheit vorgeschlagene begrenzte Stimmrecht mit hoher Zugangshürde (C-Bewilligung = Niederlassungsbewilligung) ist die Lösung für dieses tiefgreifende Problem. Wer die Niederlassungsbewilligung hat, ist integriert, hat viele Jahre hier gelebt und viele Beiträge zur Gesellschaft und zu unserer Wirtschaft geleistet. Von den politischen Entscheidungen sind sie und ihre Kinder direkt betroffen.

Das begrenzte Stimm- und Wahlrecht, das Ermöglichen der politischen Partizipation, ist nicht zuletzt eine Anerkennung der erfolgten Integration.

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Fleur Weibel
Grossrätin GRÜNE

Mehrheit der JSSK für mehr politische Partizipation

Als Teil der Mehrheit der Justiz- und Sicherheitskommission befürworte ich die Einführung des aktiven Stimmrechts (wählen und abstimmen können) auf kantonaler Ebene für Einwohner:innen mit Niederlassungsbewilligung. Das passive Stimmrecht (sich in ein politisches Amt wählen lassen können) wird weiterhin die Einbürgerung voraussetzen.

Mit diesem eingeschränkten Stimmrecht wird die politische Partizipation von all den Menschen ermöglicht, die ihren Lebensmittelpunkt seit Jahren in Basel-Stadt haben und sich erfolgreich integriert haben. Durch die Ausweitung der Mitbestimmung stärken wir die Demokratie auf Kantonsebene. Gleichzeitig bleibt ein Anreiz, sich einbürgern zu lassen, wenn Menschen in ein Amt gewählt werden und sich noch aktiver in die Politik einbringen wollen. Ein auswogener Kompromiss, der hoffentlich Mehrheiten findet.

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Edibe Gölgeli
Grossrätin SP BS

Stärkung der Demokratie!

Die Einführung des kantonalen Stimm- und Wahlrechts für Einwohner:innen ohne Schweizer Pass ist ein Weg, um dieses Defizit auszugleichen. Basel-Stadt war der erste Kanton der Deutschschweiz, der 1966 das Frauenstimmrecht auf kantonaler Ebene einführte. Nun könnte er durch die Annahme dieser Vorlage der erste deutschsprachige Kanton sein, der ein Zeichen zur Stärkung der hiesigen Demokratie setzt. Damit würde wiederum das Bewusstsein gestärkt, dass zugezogene Menschen ein fester Bestandteil unserer Gesellschaft sind und mit ihren Steuern zu unserem Wohlstand beitragen. In Basel-Stadt sind das immerhin mehr als 38% der Bevölkerung.

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Christine Keller
Grossrätin SP

Für unsere Demokratie!

Die Demokratie ist immer noch die beste der bekannten Regierungsformen. Ihr Wert steigt mit der Zahl derjenigen, die mitmachen - und mitmachen können.

Seit der „Bill of Rights“ und dem Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg gilt: No Taxation without Representation.

Lassen wir diejenigen, die hier leben und steuerpflichtig sind, bei unserer Demokratie mitmachen. Das ist gut für uns alle!

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Felix Güthe
Unternehmer

Das Wahlrecht ist Teil der Integration

Die Möglichkeit der Stimmabgabe wirkt auch als Aufforderung sich zu informieren und zu partizipieren. Das war zumindest bei mir so.

Dadurch werden mehr Besucher zu aktiven Bewohnern. Zumindest bei lokalen und kantonalen Fragen ist dazu keine Staatsbürgerschaft nötig.

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Christian Mueller
Aktivist

Wer zahlt, befiehlt!

In der besten Demokratie dürfen alle mitbestimmen, über alles, was sie betrifft. In der zweitbesten dürfen alle mitbestimmen, was mit ihren Steuern passiert. Wer konsumiert, zahlt Steuern. Im Schnitt 3000fr Mehrwertsteuern jedes Jahr pro Person. Unabhängig der Herkunft oder des Alters. Wie gut soll unsere Demokratie sein?

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Patrick Vögelin
Vorstand BastA

Unbedingt

jeder Mensch der hier wohnt hat ein Recht auf politische Teilhabe

Ueli Keller
29. Mai 2024 um 19:51

Bürokratie oder Demokratie?

Seit Jahrzehnten engagiere ich mich wie und wo ich kann dafür, dass alle Menschen dort wo sie arbeiten, leben und wohnen, (politisch) gleichberechtigt sind. Was jetzt für Menschen in Basel grossartig und scheinbar grosszügig eingeführt werden soll, finde ich bürokratisch und mutlos: eben halt typisch schweizerisch.

Pat Steiner
31. Mai 2024 um 01:07

Taxation without Representation?

Wohne in BL, muss aber in BS auch Steuern bezahlen als Stockwerkeigentümer einer vermieteten Wohnung in der Stadt. So weit OK. Wenn man nun aber auf die Idee kommt, es unfair zu finden (was ich zum Teil sogar nachvollziehen kann), dass im Kanton wohnende Ausländer nicht stimmen dürfen und das politisch korrigieren will, dann müsste man fairerweise auch uns privaten BS-Steuerzahlern mit ausserkantonalem Wohnsitz ein begrenztes Stimmrecht in der Stadt zugestehen. Von mir aus auch OK, wenn man das begrenzt auf uns tangierende Abstimmungen (Wohnraum, Raumplanung, Steuern, Parkplätze, usw.)

Michael
Michael Erny
30. Mai 2024 um 05:54

Überfällig

Dieser Schritt ist längst überfällig . Man hat ja schon 2 mal den Anlauf gemacht, jedoch beide male aktives und passives Wahlrecht auf einmal. Ich habe das aus vielen Diskussionen damals noch mit C-Bewilligung selbst erlebt. Wahlrecht mit C-Bewilligung war für die meisten kein Problem, aber als Volksvertreter im Parlament war der Schweizer Pass Bedingung. Besser ein Schritt nach dem Anderen, das ist gut so.

Amina Trevisan
30. Mai 2024 um 07:32

Politische Partizipation ist ein Menschenrecht!

Die Verleihung politischer Rechte an Basler Einwohner:innen mit einer Niederlassungsbewilligung macht sie aus Zuschauenden zu aktiv Beteiligten an der Demokratie.

Dies ist eine zentrale Frage der Gerechtigkeit, denn durch die Inklusion eines grossen Teils bisher von der politischen Partizipation Ausgeschlossener, nota bene 38 % der Bevölkerung in Basel, vergrössern wir den Kreis der Beteiligten an den demokratischen Prozessen.

Mit der Einführung des Einwohner:innenstimmrecht knüpfen wir an die Geschichte des Frauenstimmrechts, das schweizweit erst nach vielen Anläufen im Jahr 1971 eingeführt wurde.

Das Einwohner:innenstimmrecht leistet somit einen wichtigen Beitrag gegen dieses Demokratiedefizit und zur Inklusion!

Nine
30. Mai 2024 um 07:37

Nicht nur Basel - Zeichen der Zeit

Politische Mitbestimmung ist essenziell, vor allem wenn 1/4 der Schweizer Bevölkerung eigentlich sich einbürgern lassen könnte (Aufenthaltsgenehmigung etc. vorhanden).

Um es in den eigenen Worten der SVP auszudrücken - sie hat Angst, in die Bedeutungslosigkeit abzurutschen und bäumt sich fast verzweifelt auf, bevor die 1/4 zusätzlichen Stimmen (Demokratie Initiative) kommen und die Wahlen mit entscheiden

Auch in Bern gibt es einen entsprechendes Projekt - der Regierungsrat hat zugestimmt, heute in 20 Min

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Zaira Esposito
Grossrätin SP BS

Ein positives Signal zur Stärkung und Weiterentwicklung unserer Demokratie

Eine Demokratie lebt davon, dass die Bevölkerung mitbestimmen kann. Im Kanton Basel-Stadt sind im Jahr 2023 50.6% der Gesamtbevölkerung stimmberechtigt gewesen. Bei einer durchschnittlichen Stimmbeteiligung von 43.9% haben somit rund 46'000 Menschen über Angelegenheiten entschieden, die einen Raum mit einer mittleren Wohnbevölkerung von 205’582 Personen betreffen. Das sind deutlich zu wenige.

Die Einführung des aktiven Stimmrechtes für Einwohner*innen mit einer Niederlassungsbewilligung auf kantonaler Ebene ist eine gute und vernünftige Lösung. Diese Personen sind fester Bestandteil unserer Gesellschaft und tragen mit ihren Steuern zu unserem Wohlstand bei. Wir lieben und loben unsere Demokratie - nun gilt es, diese zu stärken.

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