Bei der Nominierungsveranstaltung der Basler LDP kritisierten Grossräte die SVP und die GLP mit harschen Worten: Von einem «Sauhaufen» war die Rede und es gab einen Insektenvergleich, Bajour war da. Das sorgte im Nachgang für Kritik, vor allem vonseiten der SVP. Die Partei wurde in der Vergangenheit aber auch schon für ihre Bild- und Wortwahl kritisiert und die nationale SVP für das so genannte «Messers
chlitzerinserat» sogar vom Bundesgericht verurteilt. Die Basler LDP-Präsidentin Patricia von Falkenstein sagte zu 20 Minuten und Baseljetzt: «Bei uns steht die Rede- und Meinungsfreiheit an einem internen Anlass im Vordergrund». SVP und LDP hätten sich ausgetauscht und Frieden geschlossen.

Braucht die Politik mehr Anstand?

1315 Stimmen
Franziska Zambach
Franziska Zambach
Moderation
Top antworten
Ueli
09. Februar 2023 um 08:25

Mehr Anstand ist gut. Weniger Machtkampf noch besser.

Grundsätzlich unanständig und dement scheint mir eine Politik nach dem Gewinner-Verlierer-Muster: wenn eine Mehrheit gewinnt und alle verlieren.

Isa
09. Februar 2023 um 11:25

Echter Respekt wär das Zauberwort

Raue Umgangstöne sind wohl kein Problem für eine Debatte , mangelnder Respekt aber schon. Respekt vor dem Gegenüber, nicht vor seiner Meinung ist aus meiner Sicht eine Grundvoraussetzung für eine faire, erfolgreiche Diskussion.

Mitleser
09. Februar 2023 um 11:35

In den Nachbarländer ist es heftiger

Ich verfolge regelmässig die Parlamentsdebatten unserer Nachbarländer Frankreich, Deutschland und Italien. Dort geht es viel heftiger zu. In Italien und Frankreich kommt es sogar vor, dass Parlamentarier handgreiflich werden. Und im Deutschen Bundestag geht es auch nicht gerade unzimperlich zu. Manchmal sind die Reden an Aggressivität und Niveaulosigkeit nicht zu überbieten. Und das bezieht sich auf die Rechte wie auch auf die Linke. Diesbezüglich sind wir in Basel noch sehr anständig. Hoffentlich bleibt das auch so.

Martin Luginbühl
Martin Luginbühl
Sprachwissenschaftsprofessor, angefragt von Bajour

Das hat nichts mit einer hart geführten Debatte zu tun

In politischen Debatten soll man hart diskutieren und tüchtig widersprechen dürfen. Wenn aber Menschengruppen pauschal als Verbrecher*innen abgewertet oder als Tiere (etwa Schafe, Ratten, Schweine oder Mehlwürmer, um ein paar Beispiele aus der Schweiz zu nennen) dehumanisiert werden, dann hat das nichts mehr mit einer hart geführten Debatte zu tun. Dann geht es darum, Tabus zu brechen und zu emotionalisieren, um so auf einer sachfremden Ebene zu punkten. In solchen Fällen erwarte ich von der Politik Vorbildfunktion – um echte politische Debatten zu ermöglichen und so demokratische Prozesse zu schützen.

Matthias
09. Februar 2023 um 11:34

Umgang mit Differenz: Gespräch

Die Frage des Anstands ist wichtig, sie unterschätzt aber so formuliert, die politische Dimension des Problems. Geht es nicht eher um die sehr politische Frage, die ein Grundproblem für Demokratien ist: Nämlich wie geht man mit Differenzen und mit Minderheiten in einer demokratischen Gesellschaft um?

Ich sehe da problematische Tendenzen: Bspw. ist aktuell die wichtigste politische Sendung der Schweiz die Arena - also ein Kampfplatz. Oft höre ich, das sei, weil in der Politik auch mal auf den Tisch gehauen werden muss (wie hier in der Frage) und es auch nicht zu freundlich zugehen darf. Sicher ist es richtig, dass es in der Politik auch darum geht, die Differenzen untereinander zu schärfen. In der Arena aber, wo man ständig mit der Angst lebt, vom Löwen gefressen zu werden, werden Differenzen eher zurückgehalten als wirklich sichtbar und nur von Agressiven formuliert. Sollten wir nicht eher das Gespräch als den Kampf als zentrales Mittel politischer Auseindersetzungen sehen?

Daniel Gerny
Daniel Gerny
Redaktor NZZ, angefragt von Bajour

Die politische Debatte verroht

Ein Ausdruck wie «Saupack» muss an einer hitzigen Parteiversammlung ausnahmsweise verkraftbar sein. Aber es gibt tatsächlich Anzeichen dafür, dass die politische Debatte unter dem Einfluss von Social Media verroht. Ich habe für die NZZ diese Woche die Geschichte von Politikerinnen recherchiert, die beleidigt, beschimpft und bedroht werden, sobald sie sich zu Militärfragen äussern. Solche Entwicklungen sind beunruhigend und schwächen auf lange Sicht die Demokratie. Wenn politische Gegner*innen auf der persönlichen Ebene angegriffen oder sogar eingeschüchtert werden, müssen die Parteien und ihre Vertreter*innen klare Kante zeigen.

Stefanie Bailer
Politprofessorin, angefragt von Bajour

Angst trägt nicht zum politischen Verständnis bei

Äusserungen, die politische Gegner:innen stark abwerten oder diese als Ungeziefer bezeichnen, sind populistische Rhetorik, am häufigsten wird diese von rechtspopulistischen Parteien wie der AfD oder der SVP verwendet. In Studien kann gezeigt werden, dass eine solche Rhetorik tatsächlich Auswirkungen hat. Mit abwertenden Begriffen der populistischen Rhetorik können Emotionen wie Angst bei Bürger:innen hervorgerufen werden. Zum politischen Verständnis und Austausch trägt dies nicht bei.

Daniel Süss
Medienpsychologieprofessor, angefragt von Bajour

Entmeschlichung ist manipulativ und destruktiv

Ja, sie hat eine Vorbildfunktion. 

Andere politische Gruppen öffentlich durch beleidigende Bilder oder Worte zu entwerten, respektive zu entmenschlichen, ist eine äusserst schwache Argumentation. Das ist manipulativ und destruktiv. Auch der diplomatischste Mensch darf jedoch mal aufbrausend sein und politisch unkorrekt reden, aber eben nur im privaten Kreis oder allenfalls am Stammtisch, wenn keine Aussenstehenden mithören können. Eine Nominierungsveranstaltung gehört wohl nicht zu diesen Situationen.

Florian Jauslin
09. Februar 2023 um 06:27

Nicht nur in der Politik

Natürlich braucht es Anstand in der Politik. Man kann und soll in der Politik nicht immer einer Meinung sein, aber man kann auch respektvoll miteinander diskutieren. Klar darf der Ton auch mal ein wenig rauer werden, aber immer auf respektvolle Art. Man muss den Diskussionspartner jetzt nicht gleich beleidigen.

Anstand betrifft nicht nur die Politik, auch im Alltag ist Anstand wichtig, sei es gegenüber der/des Kassierer*in an der Kasse oder im ÖV etc. Ein wenig mehr Anstand würde der Welt ganz gut tun.

Joerg Schild, Praesident Swiss Olympic, spricht an der 20. Versammlung des Sportparlaments, am Freitag, 25. November 2016, im Haus des Sports in Ittigen. Das Sportparlament waehlt den Nachfolger von Joerg Schild als Praesident von Swiss Olympic. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Jörg Schild
alt Regierungsrat (FDP), angefragt von Bajour

Will ich mir das antun?

Der politische Umgangston hat sich zum Negativen entwickelt. Nicht zuletzt in sozialen Medien, oft anonymen Stellungnahmen zu Zeitungsartikeln sowie populistisch aufgemachter Medienberichterstattung hat sich gegenüber Politiker/innen ein zum Teil ins Primitive abgleitender Stil entwickelt, der manche interessierte und auch fähige Person davon abhält, sich für ein politisches Amt zu bewerben. Manch Einer fragt sich: Will ich mir das antun? Traurig und unter der Gürtellinie ist es indessen, wenn sich demokratisch Gewählte diesen Stils im täglichen Kontakt untereinander bedienen. Politische Führungspersönlichkeiten, die ich mancherorts vermisse, wären jetzt gefragt und gefordert.

Lukas Hausendorf
Lukas Hausendorf
Chef 20 Minuten Basel, angefragt von Bajour

Wortwahl darf mal salopp sein, aber...

Auf den Tisch klopfen gehört in der Politik dazu, da darf die Wortwahl, gerade im Rahmen einer Parteiversammlung, auch mal salopp sein. Insektenvergleiche gehen aber nicht. Umso mehr, wenn dem Adressaten fehlender Anstand vorgeworfen wird.

Rudolf Lattmann
09. Februar 2023 um 14:27

Mit Anstand, Ironie und auch Sarkasmus Auf den Tisch klopfen

Und nicht die halbe Wahrheit verschlucken! Das ist die Debatte, die ich meine

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