Bundesratswahl: Werden die Städte diskriminiert?

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Ernst Field
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Susanne Ramsauer
08. Dezember 2022 um 07:39

Starke Frauen und dazu noch aus der Stadt sind nicht gefragt

Kaum gab es eine kompetentere Kandidatur, aber leider ist sie seriös und analytisch. Viele Männer hätten ihr nicht das Wasser gereicht. Und Tamedia mitsamt Bajour/Blick haben Eva Herzog mitsamt den Bürgerlichen in den Tagen vor der Wahl systematisch demontiert und Daniel Jositsch als Quertreiber hat die SP vorgeführt. Baume Schneider mag eine gute Bundesrätin werden, den Stadtblick bringt sie nicht mit.

Ich bin immer noch entsetzt über die Spiele im Parlament. What a shame.

Ueli
08. Dezember 2022 um 08:22

Urbane Träume

Vielleicht ist es so, dass die Landeier-Konstellation des Bundesrates der Schweizer Classe Politique entspricht, die mir doch grossmehrheitlich und von Links bis Rechts von einer König-im-Dorf-Mentalität geprägt scheint: und dies nebenbei bemerkt insbesondere auch im Kanton Basel-Stadt (was logischerweise alle, die von einem grandiosen Fortschrittsglauben getragen sind, ganz und gar nicht so sehen können oder wollen).

Unsere Themen kommen zu kurz

Katja Christ

Eva hätte den urbanen Blickwinkel hervorragend vertreten

Liebe Eva Für mich sowie die GLP Bundeshausfraktion hättest Du im 7-köpfigen Gremium den Blickwinkel einer urbanen Wirtschafts- und Grenzregion hervorragend vertreten. Ich danke Dir für Deinen Einsatz herzlich

Elisabeth Schneider-Schneiter
Elisabeth Schneider-Schneiter
Mitte-Nationalrätin, BL, angefragt durch Bajour

(K-)eine urbane Kraft aus wirtschaftlich starkem Dreiland

Es ist wirklich enttäuschend, dass wir es nicht geschafft haben, wenigstens eine urbane Kraft in den Bundesrat zu wählen. Eine Person, die aus dem wirtschaftlich starken Dreiland kommt, wäre für die Schweiz wichtig gewesen. Aber offenbar achtet man lieber auf Sympathien, die Regionen sind weniger wichtig. Karin Keller-Sutter (St. Gallen) ist nun die einzige Bundesrätin, die aus der Ostschweiz und damit nördlich des Röstigrabens kommt. Die Vertretung der Region Basel wäre überfällig gewesen - und die Wahl einer Basler Bundesrätin wäre dem Verfassungsartikel gerechter geworden.

Gabi Mächler
07. Dezember 2022 um 16:29

Baume-Schneider gratulieren und ab sofort mehr gemeinsames Lobbying für die Städte

Die urbane Schweiz wäre mit Eva Herzog im Bundesrat vertreten worden. Es wäre gut, wenn sich die Städte stärker verbinden und dafür sorgen, dass sie endlich das ihnen entsprechende politische Gewicht erhalten.

Ansonsten teile ich die Meinung von Daniel Ordas: die Deutschschweizer Männer wollten sich ihre Chancen auf einen Bundesratssitz nicht verbauen.

Beat Jans
Beat Jans
Vorsteher Präsidialdepartement, angefragt durch Bajour

Bauernverband organisiert Mehrheiten

Klar bin ich enttäuscht. Aber immerhin: Basel ist näher an den Bundesrat gerückt. Mit Elisabeth Baume-Schneider ist eine Frau aus der Region  gewählt worden.  Sie ist eine Vertreterin aus der Nordwestschweiz, unser Kanton hat immer gut mit ihr zusammengearbeitet. Ich habe kurz mit ihr gesprochen und sie hat mir signalisiert, dass wir auch künftig gut zusammenarbeiten werden.   

Es spielen bei einer Bundesratswahl immer verschiedene Faktoren mit. Aber mir hat die Wahl ein weiteres Mal gezeigt, dass es für die Städte schwierig ist und sie gegen die Bauernlobby immer wieder das Nachsehen haben. Ich bin ja selbst von der Landwirtschaft geprägt und habe Sympathien. Aber in den zehn Jahren, die ich in Bundesbern war, musste ich immer wieder machtlos zusehen, wie der Bauernverband Mehrheiten organisiert. 

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Laurent Goetschel
Politikwissenschafter, angefragt durch Bajour

Eine Frage der Zeit

Es verbleiben bei solchen Wahlen immer gewisse Unwägbarkeiten. Am Schluss resultierte das denkbar knappste Resultat, wenn man alle Stimmen, die Daniel Jositsch gemacht hat, Eva Herzog zuordnen würde. Ich gehe davon aus, dass sehr unterschiedliche Motive zur Wahl von Elisabeth Baume-Schneider geführt haben: einerseits inhaltliche von Sozialdemokrat*innen und Grünen, die sie als die linkere Kandidatin einschätzten, andererseits von Vertretenden aus ländlichen Kantonen, die sie als weniger urban und mehr der Landschwirtschaft verpflichtet sahen. Dann können es aber auch taktische Überlegungen gewesen sein, die schon an die nächste Nachwahlen in den Bundesrat denken. Auch wenn ich jetzt nicht von einer Übervertretung der Westschweiz sprechen würde, wird es bei der nächsten Wahl aber auch keinen Grund geben, eine Vertretung der lateinsprachigen Minderheiten zwingend durch eine Person ihresgleichen zu ersetzen. Für Eva Herzog ist es sicher ein herber Schlag. Aber als professionelle Politikerin weiss sie, dass so etwas vorkommen kann. Ich schätze sie als stark genug ein, dass sie damit umgehen kann. Ich bin überzeugt, dass Basel früher oder später eine erneute Vertretung im Bundesrat erreichen wird. Auf jeden Fall gibt es einen guten Pool an dafür geeigneten Personen. 

Mustafa Atici
Mustafa Atici
SP-Nationalrat, angefragt durch Bajour

Ich bin sehr enttäuscht

Ich muss zugeben. Ich bin schon sehr enttäuscht. Die Städte sind in der Landesregierung überhaupt nicht vertreten. Eva Herzog hätte sicher eine andere Sicht, die Sicht der urbanen Schweiz in die Landesregierung gebracht, was wir dringend nötig hätten. Vor allem im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit der EU wäre eine (urbane) Öffnung wichtig. Wir hatten zwei tolle Kandidatinnen. Ich gratuliere Elisabeth Baume-Schneider zu ihrer Wahl und freue mich für den Kanton Jura.

Melanie Eberhard, SP
Melanie Eberhard
SP-Grossrätin, angetroffen im Gewerkschaftshaus

Wir sind nicht alle Bauern und Bäuerinnen

Ich hätte mir gewünscht, dass die Bundesversammlung Eva Herzog als Repräsentantin einer progressiven und städtischen Schweiz gewählt hätte. Wir sind nicht alle Bauern und Bäuerinnen. Ein grosser Teil von Schweizer*innen leben in einem urbanen Umfeld. Dieser Umstand wird im Bundesrat aktuell nicht abgebildet, (ebenso wenig wie die Geberkantone aktuell im Bundesrat vertreten sind). Auch finde ich es stossend, dass Eva Herzog, immer wieder vorgeworfen wurde, dass sie «emotional distanziert» sei. Sie weist ein hervorragendes Arbeitszeugnis als Finanzministerin im Kanton Basel-Stadt und als Ständerätin vor und wurde nun wie es scheint, abgestraft, weil sie sich zielfokussiert, in der männerdominierten Politikwelt, durchsetzen kann.

Oliver Washington
Oliver Washington
Bundeshausredaktor SRF, im Echo der Zeit

Das ist durchaus problematisch

Grundsätzlich muss jedes Mitglied der Regierung den Anspruch erfüllen können, dass es eben die ganze Schweiz repräsentiert und auch die Interessen der ganzen Schweiz immer im Fokus hat. Also auch eine Vertreterin aus dem Kanton Jura muss die Interessen der Exportwirtschaft in die Landesregierung einbringen können. Trotzdem hat jeder Mensch seine individuelle Geschichte und es gibt ja auch die Menschen in diesem Land, auch sie müssen sich im Bundesrat repräsentiert sehen. Hier kann man schon ein Fragezeichen machen, ob sich eine intellektuelle Städterin aus Genf, us Bern, aus Lausanne, aus Basel, aus Zürich, aus Winterthur oder auch aus Lugano in dieser Landesregierung repräsentiert fühlt. Ich denke nein und das ist durchaus problematisch und das geht auch auf die Kappe der SP.

Hier zum nachhören: https://www.srf.ch/audio/echo-der-zeit/roesti-und-baume-schneider-umgaengliche-kandidaten-gewaehlt?id=12299071 

Portrait_Baschi_Duerr
Baschi Dürr
FDP-Politiker, angefragt durch Bajour

Ein bitterer Tag

Das ist sicherlich ein bitterer Tag für die Städte und die finanzstarken Geberkantone des Landes, die nicht mehr im Bundesrat vertreten sind.

Ina Pohorely Dornach
08. Dezember 2022 um 06:13

Eure eigene Nase

Liebes Bajour

Bern hat gewählt. Bern hat die Frau gewählt, die ihm führ- und formbar erscheint. Kompetente Frauen haben es schwerer als kompetente Männer, vor allem, wenn sie noch Frauenanliegen mitbringen. Und das tut Eva, ihr ist die Gleichberechtigung wichtig, das hat sie in ihren vielen Basler Jahren bewiesen. Davon wollen die Bauern und Ländler lieber nicht zu viel hören.

Und liebes Bajour - Ihr habt geholfen, sie zu demontieren! Ihr habt - mit dem Blick glaube ich (ausgerechnet) kurz vor den Wahlen zur Demontage beigetragen. Warum Ihr das gemacht habt, erschliesst sich mir nicht. Sie hätte Hilfe gebraucht!!

Da könnt Ihr Euch an der eigenen Nase nehmen.

Michael Hermann
Michael Hermann
Politgeograf, gegenüber der BaZ

Gut für die Zusammenarbeit

Meiner Meinung nach ist die jüngste Bundesratswahl gut für den Zusammenhalt der Schweiz. Es ist wichtiger, die Minderheiten, die Peripherie einzubinden. Werden diese übergangen, trifft sie das härter und länger. Es besteht die Gefahr, dass sie abdriften. Die Städter dagegen sind genug selbstbewusst, sodass solche Niederlagen kaum Folgen haben. Wie diese Wahl zeigt, ist die Schweiz gut darin, politischen Zusammenhalt zu produzieren. Leider geht das auf Kosten der Dynamik des Landes.

Zum ganzen Artikel: https://www.bazonline.ch/diese-wahl-ist-gut-fuer-den-zusammenhalt-der-schweiz-619785904348

Philipp Loser
Inlandredaktion Tagesanzeiger, im Podcast «Apropos»

Tatsache ist, der urbane Blick, der fehlt. Das Bewusstsein der spezifisch urbanen Problemstellungen ist jetzt im Bundesrat nicht präsent und das wird sich sicher in der ein anderen Form auswirken, auch wenn es die Ausnahme bleiben wird, dass man sagen kann “das und das ist jetzt nur, weil kein Städter im Bundesrat ist”.

Hier nachhören: https://www.tagesanzeiger.ch/der-neue-bundesrat-wo-bleiben-die-staedterinnen-und-die-agglomeration-742537095932

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