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Musicalbad

Cramer und Soland tauchen ab

Die Befürworter*innen des Musical Theaters und die Schwimmer*innen wollten mit Regierungsrat Conradin Cramer und Tanja Soland zusammensitzen. Doch diese wollten nicht.

05/11/23, 03:00 AM

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Tanja Soland und Conradin Cramer finden das Musicalbad eine gute Idee.

Tanja Soland und Conradin Cramer finden das Musicalbad eine gute Idee. (Foto: www.bs.ch Collage: Bajour)

Seit Conradin Cramer (LDP) und Tanja Soland (SP) die Idee eines 50 Meter-Schwimmbeckens im Musical Theater lancierten, haben sowohl Schwimmer*innen als auch Musical-Fans eine grosse Sorge: dass der Sport gegen die Kultur ausgespielt wird.

Genau aus diesem Grund haben Verantwortliche aus dem Komitee für den «Erhalt des Musical Theater» und das Komitee für ein «50 Meter Hallenbad in Basel – jetzt» sich kürzlich ausgetauscht und Regierungsrat Conradin Cramer und Tanja Soland um ein gemeinsames Treffen gebeten, wie Luka Takoa vom Komitee für den Erhalt des Muscical Theaters Bajour auf Anfrage bestätigt. «Ja, wir wollen beide unbedingt vermeiden, dass es in unserer Stadt zum Kampf 'Sport gegen Kultur' kommt. Deshalb wollten wir mit der Regierung zusammensitzen.» Beide Interessensgruppen hätten ausserdem verlangt, dass die Behörden einen alternativen Standort zum Musical Theater ausarbeiten sollen.

Doch die Regierungsrät*innen Cramer und Soland lehnten ab und vertrösteten die beiden Komitees auf den Herbst. Dann werden sie eine Vorlage für ein 50-Meterschwimmbecken im Musical Theater präsentieren. 

«Die Regierung agiert mit Scheuklappen.»

Johannes Sieber, GLP-Grossrat

Das stösst auf Kritik. So sagt Grossrat Johannes Sieber (GLP), der das Musical Theater ebenfalls erhalten möchte: «Die Regierung agiert mit Scheuklappen und treibt das Projekt voran, ohne nach links und rechts zu schauen.» Natürlich könne eine Exekutive nicht jedes Projekt sofort begraben, sobald Kritik komme. «Aber der Widerstand gegen das Projekt ist so gross, es wäre Zeit, sich gesprächsbereit zu zeigen.» Die nötigen Unterschriften kamen in drei Monaten zusammen, das Unterstützungskomitee setzt sich aus 500 Personen zusammen.

Warum trafen die zuständigen Regierungsrät*innen sich nicht mit den beiden Komitees? Eine Mediensprecherin schreibt per Mail, das Erziehungs- und Finanzdepartement würde zurzeit an einer Projektierungsvorlage für ein Hallenbad am Standort Musical Theater arbeiten. Diese Vorlage zuhanden des Grossen Rates werde das Projekt erstmals konkret umschreiben. Gleichzeitig werde sie auch mögliche Alternativen für einen Hallenbadstandort aufzeigen und ebenso ausweisen, was eine Sanierung des Musical Theaters und ein Weiterbetrieb als Bühne mit sich bringen und kosten würden. «Gestützt darauf kann dann eine informierte Debatte in Parlament und Öffentlichkeit stattfinden.»

Die Regierung ist den Schwimmer*innen insofern entgegengekommen, als sie – mit dem Segen des Grossen Rats – die Abstimmung über die Initiative für ein 50-Meter-Becken verschoben hat. Die Idee: Der Stadtkanton soll zuerst über die Zukunft des Musical Theaters entscheiden – damit Kulturinteressierte zum Beispiel nicht aus Angst um die Institution dem Begehren eines Schwimmbads eine Absage erteilen.

Das werde die Diskussion über Sport und Kultur entflechten, zeigt sich Roger Birrer, Präsident des Schwimmvereins beider Basel und des Initiativkomitees «50 Meter Hallenbad für Basel – jetzt», erfreut. Cramers und Solands Absage an ein gemeinsames Treffen kommentiert er nicht. Birrer möchte zuerst einmal den Regierungsvorschlag abwarten, bevor er weitere Schritte einleitet. Der Regierungsrat arbeite in die Richtung der Forderungen der Schwimmer*innen.

Musicalbad – what?

Basler Schwimmer*innen warten seit Jahrzehnten auf ein 50-Meter-Hallenbad. Im Februar 2022 reichte das Komitee «50 Meter Hallenbad für Basel! ‒ jetzt» eine entsprechende Initiative ein. Sie fordert eine «zeitgemässe Schwimmhalle» mit Sportbecken.

Nur zwei Monate später präsentierte die Regierung Pläne für eine solche Schwimmhalle am Standort des Musical Theaters im Kleinbasel. Der Vertrag mit dem Betreiber des Musical Theaters, dem Freddy Burger Management, sei einvernehmlich gekündigt worden.

Sofort formierte sich Widerstand: Ein Komitee rund um Toni Kleimann protestierte gegen das Ende des Musical Theater. Nach eigenen Angaben haben Kleimann und seine vielen Mitkämpfer*innen die nötigen Unterschriften beglaubigt und zusammen, aber die Initiative ist noch nicht eingereicht. Sie fordert, dass der Kanton «das Gebäude an der Feldbergstrasse 151 als Theater- und Konzerthaus zur Verfügung stellt».

Als Nächstes bringt der Regierungsrat einen Planungskredit für ein Bad vor den Grossen Rat. Im Herbst will die Regierung über ein konkretes Projekt entscheiden und es ins Parlament bringen.

«Die Regierung spielt ein Katz- und Mausspiel.»

Luka Takoa, Komitee «Erhalt des Musical Theater»

Verschiedene Politiker*innen haben in den letzten Monaten diverse alternative Standorte ins Spiel gebracht, unter anderem das Joggeli. Dieses ist allerdings auf Baselbieter Boden, die Initiative der Schwimmer*innen verlangt explizit ein Bad «in der Stadt Basel». Dies, weil frühere Pläne an den Verhandlungen zwischen den beiden Basel an technischen Hindernissen und anderem gescheitert sind. Die Schwimmer*innen sind schon mehrmals zwischen die Fronten geraten – sie warten seit Jahrzehnten auf ein Sportbad.

Die Regierung hat nach eigenen Angaben für das aktuelle Projekt 22 Standorte geprüft. Wo, will sie «aufgrund der laufenden Standortsuche» nicht sagen, so die Mediensprecherin. Für das Komitee für den Erhalt des Musical Theater ist das bezeichnend für die aktuelle Debatte: «Die Regierung spielt ein Katz- und Mausspiel», sagt Takoa. «Das ist Gift fürs politische Klima in dieser Stadt.» Es sei doch Aufgabe der Regierung, den Standort Basel zu stärken und Kultur und Sporttreibende zusammenzuführen und nicht durch eine Fehlplanung gegeneinander auszuspielen und aufzubringen. «Wir können diese Gesprächsverweigerung der Regierung nicht verstehen, widerspricht sie doch der Art und Weise, wie wir in dieser Stadt erfolgreich Probleme lösen.»

Es gehe auch ums Geld, betont Grossrat Johannes Sieber. Wenn der Regierungsrat nun weiter an einem Projekt Schwimmbad im Musical Theater plane und Parlament und oder Bevölkerung das Ganze nachher verwerfen, sei die ganze Arbeit umsonst. Er werde darum einem Planungskredit für das Hallenbad im heutigen Musical Theater gar nicht erst zustimmen.

Wird hier Geld für eine Fehlplanung aus dem Fenster geworfen?

Charlotte Staehelin, Mediensprechern des Erziehungsdepartments: «Der Standort ist für die Realisierung eines seit Jahrzehnten geforderten Hallenbads mit 50-Meter-Becken sehr gut geeignet. Mit der Machbarkeitsstudie wird nun die Realisierung inklusive der Kostenfolge vertieft geprüft. Auf der Basis dieser fundierten Informationen kann das Parlament einen Entscheid über die zukünftige Nutzung des Gebäudes fällen. Das ist sinnvoll.»

Wie viel kostet es?

Ein Problem der ganzen Diskussion bislang: Niemand weiss so recht, um wieviel Geld es geht. Das Musical Theater ist eine private Institution, die sich selbst finanziert. Es mietet allerdings die Räumlichkeiten des Kantons. Basel-Stadt hat die Halle 2020, grad kurz vor der Corona-Pandemie, der MCH Group abgekauft, laut eigenen Angaben zu einem «tiefen einstelligen Millionenbereich». Weil die Räumlichkeiten im Finanzvermögen sind, muss der Regierungsrat diese Zahlen dem Parlament nicht öffentlich machen.

Die Behörden stellten sich bislang auf den Standpunkt, das heutige Musical Theater lohne sich nicht mehr, es müsse für 50 bis 80 Millionen Franken saniert werden, hat etwa die bz protokolliert. Kulturschaffende zweifelten diese Berechnungen an. Auch über die Mietkosten gab die Regierung keine Auskunft, da es sich um einen «privatrechtlichen Vertrag» handle, wie Regierungsrätin Tanja Soland am 8. Februar auf eine Interpellation von EVP-Grossrat Christoph Hochuli sagte. Der Kanton generiere unter dem Strich keine Einnahmen durch die Vermietung ans Musical Theater. Und es gäbe keinen Investor, der bereit sei, die Kosten für die «dringende Sanierung» zu übernehmen.

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