Eine Wegleitung für die wichtigste Vorfasnachtsveranstaltung

Am Anfang war das Mehl, und das Mehl war beim Koch und der Koch war glücklich. Geröstet seist du, oh Mehl, und zwar bitte sorgfältig! – Das ist das A und O der fundamentalen Mehlsuppengenesis.

Mehlsuppe
Määlsuppe Araschmang.

Der historische Ursprung der Mehlsuppe liegt im Dunkeln. Steile These: Out of Ötztal, vor 5000 Jahren. Sie hiess dort Möhsubbn. Historiker*innen streiten über die Bedeutung des «Möh», es wird als Hinweis auf eine wichtige Zutat gesehen (Schaf). Zum Vergleich: In China wär die Zutat Hund (seit 4000 Jahren), in Luzern Katz (seit 1000 Jahren), im Disneyland Maus (seit 100 Jahren), im Bündnerland Wolf (seit kurzem), serviert mit Rösti.

Genug gedeepfaked. Geschichtlich, so heisst es halboffiziell, sei diese Suppe schon vor 2000 Jahren in Augusta Raurica genossen worden. Wir glauben das, fertig.

Mel Suppli
Stefan Subbli höchstpersönlich beim Ausschenken der fertigen Määlsuppe.

Damit gehen wir zum profaneren koch-chemophysikalischen Teil über. Um diesen geht es schliesslich. Wie gesagt, am Anfang war das Mehl. Für das Rösten müssen wir uns wirklich Zeit nehmen, wie eingangs erwähnt. Bei 500 Gramm Mehl sind vier bis fünf Röstrunden angesagt. Eine Eisen- oder Chromstahlpfanne leistet gute Dienste.

Wir gehen auf mittlere Hitze. Zuerst kommen 50 bis 100 Gramm Butter in die Pfanne, sie soll flüssig werden, etwas schäumen, aber nicht braun werden. Dann rühren wir das Mehl ein. Zuerst wird da gar nix passieren. Geduld, Leute, Geduld. Die Verlockung ist gross, volle Kanne zu heizen.

Dann wird die Chose allmählich bräunlich, dann hübsches rehbraun – reicht, viel mehr braucht es nicht. Das Röstprodukt kippen wir in eine Schüssel, besser: in zwei Schüsseln. Dann kommt die nächste Runde, etc.

Achtung! Das Mehl muss zwischendurch auskühlen. Mir ist schon passiert, dass der hübsche, braune Mehlhberg im Innern verkohlte – weil sich die Hitze staute und zu einer langsamen, anfänglich unmerklichen Verbrennung führte. Und eine Verbrennung führt bekanntlich zu noch mehr Energie. Irgendwann begann dieser Mehlberg zu rauchen und zu stinken. Igitt.

Mehlsuppe Ueli approved
Ueli approved: Stefan Subblis Määlsuppe mundet.

Doch zurück zum eigentlichen Kochprozess. Die zweite Komponente ist die Bouillon, und da gibt’s zahllose Möglichkeiten. Die einen schnippeln Gemüse, die zweiten legen Knochen rein, die dritten beginnen mit angebratenen Speckwürfeli und gehackter Zwiebel und toppen mit drei, vier Oxtail-Stücken. Die vierten hauen alles zusammen in den Topf, easy.

Jetzt riecht's langsam nach Küche, es ruft die Flasche. Zum Ablöschen nehme ich einen Weisswein, z.B. einen nordspanischen Rueda, der etwas nach Grapefruit duftet. Die eine Hälfte der Flasche wandert in den Topf, die andere in den Koch und Komparsen.

Jetzt kommt das geröstete und hoffentlich nicht verbrannte Mehl an die Reihe. Ich schnappe mir eine grosse Salatschüssel und rühre das Mehl mit dem Schwingbesen in einen Liter (oder mehr) kaltes Wasser oder Bouillon ein. Damit vermeiden wir weitgehend Knollenbildung. Lassen wir uns nicht abschrecken vom Anblick: Er erinnert an Kläranlage, Stufe 1. Und ich gestehe: Zu diesem Zeitpunkt riecht es jetzt auch nicht besonders appetitlich. Keine Bange, das kommt.

Mehlsuppe: Mengenverhältnisse ( 8 Portionen)
  • 150 Gramm Mehl (10 gut gehäufte Esslöffel)
  • 100 Gramm Butter
  • 2 grosse Zwiebeln
  • 2 Lorbeerblätter
  • 2 Liter Bouillon (Gemüse, ev. Knochen, ev. Speckwürfeli)
  • Salz, Pfeffer
  • Weiss-/Rotwein nach belieben

Tipp: Entfernt die Knochen, wenn ihr die Suppe über Nacht stehen lässt. Knochen beginnen zu riechen (also stinken). Sie wäre dann effektiv reif für die Kläranlage.

Die Bouillon befreien wir von dem Gemüsegrümpel – dieser schmeckt vortrefflich kalt mit einer Vinaigrette – die Knochen, evtl. Späggwürfeli und Zwiebelmatsch, lassen wir mal schön drin. Variante: Wir zischen das Gemüse durch den Stabmixer, ergibt eine spezielle Note.

Es folgt die Synthese, ein grosser Moment: Bouillon meets Kläranlage, Stufe 1. Dann geht der Prozess los, den wir gemeinhin «kochen» nennen. Es wird Stunden dauern – bitte auf kleinem Feuer!

Allmählich kann man dazu übergehen, dem noch immer hellen Gesuppe nun etwas Rotwein zuzusetzen. Er soll für meinen Geschmack eher leicht sein, aber die Qualität muss stimmen. Die eine Hälfte der Flasche jassen wir in die Suppe, die andere, ihr ahnt es! – reservieren wir fürs Küchenpersonal. «Je besser der Wein, desto fröhlicher der Koch», schrieb mal der von mir hoch geschätzte Koch-Kolumnist Christian Seiler. Kochen soll eine lustvolle und vorfreudige Veranstaltung sein. Je länger das Prozedere in der Küche dauert, desto mehr dämmert die Einsicht: Ja, genau das ist’s.

herz Koch
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