Danke, Gärngschee-Heldinnen

Von der Nachbarschaftshilfe im Lockdown, über die Lebensmittelabgabe zur Wunschaktion: Gärngschee wächst und wächst und wächst. Dafür bedanken wir uns bei den Frauen, die das möglich machen.

Explosionsartig ging es los mit Gärngschee im ersten Lockdown: Es meldeten sich viele Menschen, die Hilfe brauchten, etwa beim Einkaufen. Und es meldeten sich noch mehr, die Hilfe anboten. Seitdem wächst die Gärngschee-Gruppe auf Facebook. Und wächst und wächst. Aktuell zählt die Gruppe rund 20’000 Mitglieder! Das ist vor allem der Verdienst unserer unermüdlichen Helfer*innen. Und genau diese möchten wir feiern.

Das heisst, Korken knallen lassen, anstossen und gratulieren! Wir möchten den Frauen gratulieren, die das alles möglich machen. Lebensmittelabgaben organisieren, die Gruppe moderieren, Hilfe bündeln und die ganze Sache am Laufen halten. 

Unsere Gärngschee-Tätschmeisterinnen Sandie und Tijana kennt ihr bereits. Sie sind die bekanntesten Gesichter, wenn es um Gärngschee geht, aber dahinter stehen noch weitere Frauen, ohne deren Engagement und endlose Motivation Gärngschee nicht existieren würde. Zeit, sie vorzustellen.

Eine von ihnen ist Giusy. Sie taucht hier nicht mit Foto auf, ist aber ein genauso wichtiger Teil der Gruppe. Giusy ist fast seit Anfang an dabei und springt immer ein, wenn Not an der Frau ist. Danke dafür!

Deniz Gärngschee
Was Deniz wohl zum Lachen gebracht hat? War es die Twix Story? (Bild: Valerie Zeiser)

Deniz: «Zu sehen, wie jemand wegen spitzigen Peperoni anfängt zu strahlen, das geht einem nahe»

«Eigentlich habe ich auf Facebook in der Gärngschee-Gruppe nur etwas verschenkt. Dann hatte ich Kontakt mit Sandie und schwupps war ich im Leitungsteam. Man kann sagen, ich bin irgendwie reingerutscht. Aber wie kann man sich auch wehren? Man lernt die Leute kennen, die bei der Lebensmittlabgabe vorbeikommen. Irgendwann merkt man sich, dass eine Person lieber die spitzigen Peperoni mag, anstatt die normalen. Es sind diese kleinen, einfachen Dinge, über die sich die Bezüger*innen freuen. Für andere ist das vielleicht selbstverständlich, aber zu sehen, wie jemand bei spitzigen Peperoni regelrecht anfängt zu strahlen, das geht einem nahe, klar. Gute Lacher gibt es immer wieder. Zum Beispiel als wir ein angefangenes Twix irgendwo in einer Kiste mit Gemüse gefunden haben. Da kam wohl jemand nicht dazu, den fertig zu essen.»

Anika Gärngschee
Anika hat Erfahrung im Verkauf von Gemüse und Früchten. Das hilft bei der Vertieiung von Lebensmitteln. (Bild: Valerie Zeiser)

Anika: «Es ist wahnsinnig, was alles hinter Gärngschee steckt»

«Ich weiss selbst, wie es ist, nicht viel zu haben. Wenn du froh bist um jeden Rappen. Deshalb helfe ich regelmässig bei der Lebensmittelabgabe. Ich möchte, dass die Menschen, die vorbeikommen, sich wohlfühlen. Viele, die herkommen, schämen sich. Den Blick, wie sie dich anschauen, fragend, ob sie denn wirklich sooo viel haben dürfen, das ist herzergreifend, aber auch erschütternd. 

Letztens hatten wir sehr viel Margarine. Eine Woche später sind die Leute zurückgekommen und haben einen selbstgebackenen Kuchen mitgebracht. Diese Dankbarkeit ist einfach schön, ich hab jetzt schon wieder Gänsehaut. Einfach Goldschätze. 

Es ist wahnsinnig, was alles hinter Gärngschee steckt. Ich denke dabei an die Mässpäggli-Aktion. Wir haben auch ein Mässpäggli bekommen und haben es mit drei anderen Familien geteilt, selbst dann hat es locker gereicht! Seitdem ich bei Gärngschee mithelfe, kann ich mit einem guten Gewissen ins Bett. Sandie hat mich vor einiger Zeit angefragt, vor allem meine Erfahrung beim Verkauf von Gemüse und Früchten ist wichtig. Dann kannst du den Leuten auch erklären, was sie aus den Lebensmitteln machen können. Viele kennen nicht jedes Gemüse oder jede Frucht.»

Laura: «Das Engagement gibt einem unglaublich viel zurück»

«Ich bin im Leitungsteam von Gärngschee und verteile jeden zweiten Samstag Lebensmittel. Das Engagement gibt einem unglaublich viel zurück. Meistens dauert es ein paar Wochen, bis sich die Leute auch tatsächlich trauen, Lebensmittel zu beziehen. Dann sind sie aber immer erstaunt und froh, wie einfach die Lebensmittlabgabe funktioniert. Eine Frau, zum Beispiel, kommt regelmässig am Samstag vorbei. Sie freut sich immer, wenn sie Hartkäse bekommt, dann kommen ihr die Tränen. Und Hobbyköche zeigen uns jedesmal Fotos, was sie alles Tolles aus den Lebensmitteln zubereitet haben. Eine Person kommt auch regelmässig, die wohnt in einer WG. Sie läuft jeden Samstag schnurstracks am Gemüse und den Früchten vorbei, direkt zu den Konserven. Wir mussten ziemlich lachen.

Ich bin über Facebook auf die Lebensmittelabgabe gestossen und war geschockt, dass es so etwas überhaupt braucht. Aber ich habe mir dann gedacht: Armut kann jeden treffen. Ich hatte Glück, dann kann ich ja was zurückgeben.»

Sandra Gärngschee
Sandras Highlight bei Gärngschee war die Wunschzettel-Aktion 2020. (Bild: Valerie Zeiser)

Sandra: «Es waren Dinge, die sie sich im normalen Leben nie leisten würden»

«Bei Gärngschee mitzuhelfen, bedeutet immer, mit der Zeit zu jonglieren. Ich arbeite 100 Prozent, und Gärngschee läuft dermassen schnell und unglaublich toll, da ist nichts berechenbar. Du kannst mit den Möglichkeiten, die du von Zuhause hast, so viel erreichen. Ich musste mich auch schon bewusst zurückhalten, aber manchmal kneift’s dich ins Füdli, und dann stürzt du kopfüber in eine Diskussion oder eine Aktion. 

Die Wunschzettel-Aktion zum Beispiel war bis jetzt mein Highlight. Wir konnten den Leuten dort direkt begegnen und ihnen eine Riesenfreude machen. Es waren Dinge, die sie sich im normalen Leben nie leisten würden oder können, das hat mich wirklich berührt. Da war die Stimmung im Büro auch einfach toll mit dem Tannenbaum und den vielen Geschenken darunter, logisch reisst einen das mit. 

Ab und zu passieren auch chaotische Sachen. Gestern wurde beispielsweise Sandie in der Gärngschee-Gruppe gesperrt, weil sie zu viele Kommentare geschrieben hat. Logisch tut sie das, sie moderiert ja unter anderem die Posts! Da hat sich Facebook grob verschätzt.»

Ariane: «Ich liebe diese Arbeit wegen der Menschen!»

«Ich habe das Foodsharing mit aufgebaut und bin fast jeden Samstag vor Ort. Nebenbei helfe ich bei der einen oder anderen GG-Aktion mit und bin Moderatorin in der Facebook-Gruppe. Ich liebe diese Arbeit, vor allem wegen der Menschen! Sei es das Team oder die Bezüger*innen ... Es sind alle so liebenswert! Es gibt auch mir sehr sehr viel diese Arbeit leisten zu dürfen. Bezüger*in zu sein, kann bedeuten, sich samstags Lebensmittel abzuholen oder aber auch als Mitarbeiter*in «Bezüger*in» zu sein an Dankbarkeit, tollen Kontakten und vielen Interaktionen.»

Barbara Gärngschee
Barbara leistet auch bei anderen Organisationen Freiwilligenarbeit, doch bei Gärngschee sei es anders, weil es die Leute dort wirklich brauchen. (Bild: Valerie Zeiser)

Barbara: «Eigentlich würdest du mehr geben wollen, aber die Leute sind zu bescheiden»

«Angefangen habe ich mit der Wunschzettel-Aktion letzte Weihnachten. Irgendwann hat mich Sandie angefragt für die Lebensmittelabgabe. Morgens kommt die erste Schicht, um aufzubauen. Eine zweite verteilt die Lebensmittel am Nachmittag und später werden die übrigen Sachen noch weggebracht. Mir gefällt diese Gewohnheit. Es gibt dir ein gutes Gefühl, weil du helfen konntest. und die Befriedigung, geholfen zu haben. 

Fast alle der Bezüger*innen sind sehr bescheiden. Du willst eigentlich mehr geben, aber sie lehnen ab. Kürzlich war jemand da, der hatte wegen dreifarbigen Cherrytomaten Tränen in den Augen. Gleiches passierte bei einer Person, der wir zwei Pouletbrüstli geben konnten. Fleisch ist sehr selten bei der Lebensmittelabgabe. Das ist herzerwärmend und -zerreissend zugleich»

Veronica: «Gärngschee ist für mich eine Herzensangelegenheit»

«Bei Gärngschee mitzuhelfen, ist für mich eine Möglichkeit, Gutes zu tun, ohne Entgelt dafür zu bekommen. Man lernt viele neue Gesichter kennen – gerade bei der Lebensmittelabgabe. Ich plane diese, ausserdem bin ich Administratorin und Moderatorin in der Facebook-Gruppe. Gärngschee ist für mich wirklich eine Herzensangelegenheit. Die strahlenden Gesichter zu sehen und die Dankbarkeit der Menschen zu spüren, das ist unvergleichlich. Seit Mai bin ich dabei. Irgendwann kennst du die Leute, die bei der Lebensmittelabgabe vorbeikommen. 

Klar gibt es auch Personen, die ein wenig über die Stränge schlagen, aber nur sehr wenige. Den meisten musst du die Lebensmittel regelrecht aufzwingen. Sie haben das Gefühl, andere könnten die Hilfe bestimmt besser gebrauchen. Du musst sie dann davon überzeugen, dass sie ohne schlechtes Gewissen noch einen Apfel nehmen dürfen.»

Logo mit Pfeil-3
Das ist «Gärngschee - Basel hilft»

Gärngschee wurde zu Beginn der Covid-19-Pandemie von Bajour gegründet. In der Facebook-Gruppe wurden Menschen, die Hilfe beim Einkauf oder ähnlichem benötigen, mit Menschen, die helfen möchten, vernetzt.  Mittlerweile fasst die Community 20’000 Mitglieder. Täglich werden Haushaltsgeräte, Kleidung, Möbel etc. getauscht oder verschenkt. 

Auch ausserhalb von Facebook hat sich Gärngschee weiterentwickelt. Letztes Jahr fand eine Wunschzettel-Aktion statt, es folgten verschenkte Osternestchen, Mässpäggli – und dieses Jahr wird die weihnachtliche Wunschzettelaktion wiederholt. Gärngschee wächst und wächst und wächst. 

Weil viele bei der Wunschzettelaktion 2020 den Wunsch nach Lebensmitteln geäussert haben, hat Gärngschee eine Lebensmittelabgabe eingerichtet, die jeweils am Samstagnachmittag Lebensmittel an Bedürftige verteilt. Alle Infos zu den Aktionen findest du auf der Gärngschee Website. Verantwortlich für Gärngschee ist Bajour

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Valerie aka «Zeisi» hat als Praktikantin bei Bajour gestartet, dann ein Studium begonnen und arbeitet nun nebenbei als freie Journalistin bei der bz sowie bei Bajour als Briefing-Schreiberin. Sie ist während der Vorfasnachtszeit – laut ihr das ganze Jahr – schlecht erreichbar, ist aber ständig unterwegs.

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