Bei der Demonstration am 1. Mai vor einem Jahr wurde ein Fotograf in Basel von Vermummten attackiert. Nach weiteren eskalierenden Demonstrationen und hartem Eingreifen der Polizei – zum Beispiel bei einer Frauendemo am 8. März und einer Klimademo am 11. Februar – will die Basler SP zum diesjährigen 1. Mai Gewalt möglichst verhindern: Mit einem «Aktionskonsens», ausgearbeitet von der SP-Parteileitung, soll der Schwarze Block ferngehalten werden. Unterzeichnet haben ihn laut Basler Zeitung die Parteien Basta und Grüne, die Gewerkschaften Unia, VPOD und Syndicom, der feministischer Streik Basel, der Klimastreik Basel sowie die linken Jungparteien Basels. Mit den «Benimmregeln» machen sie vor der Demonstration bereits klar, dass sie Zerstörung von Eigentum und Gewalt ablehnen und «Übergriffe von aussen solidarisch abwehren».

Demo-Codex für den 1. Mai: Reicht das?

1443 Stimmen
David Rutschmann
David Rutschmann
Moderation
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Oliver Bolliger
Grossrat BastA! / Sozialarbeiter

Der 1. Mai ist zu wichtig!!

Der 1. Mai-Aktionskonsens bietet hoffentlich die Möglichkeit, dass der diesjährige 1. Mai zu dem wird, für was dieser steht – nämlich für die internationale Solidarität der Arbeiter:innen-Bewegung. Unsere Forderungen nach einer gesellschaftlichen Alternative sind in Anbetracht all der aktuellen Krisen auf der Welt berechtigter denn je. Ich wünsche mir, dass diese Forderungen im Zentrum stehen und nicht die Bilder des letzten Jahres, so dass die populistischen SVP-Initiativen ins Leere laufen.

Anonym
05. April 2023 um 11:12

Die Regierenden wollen regieren

Es ist ein ganz spezieller Treppenwitz der Schweizer Geschichte, dass die sozialdemokratische Regierungspartei Menschen vorschreiben will, wie sie zu protestieren haben und dabei wie in der Schule auf einen eigens dafür entworfenen Kodex verweisen. Dazu passt es wie die Faust aufs Auge, dass man das Ganze dann als «Fest» bezeichnet. So geht es längst nur noch darum, wie man sich selbst beweihräuchern kann. Dass der 1. Mai ein Kampftag ist? Vergessen! Dass man selbst nicht den geringsten Einfluss auf eine Demonstrationskultur hat, von der man nie Teil war? Ebenso vergessen! Entsprechend sieht auch die eigene Strategie aus: Viel wichtiger als der Tag selbst ist die mediale Profilierung im Vorfeld, und das macht die SP im Wahljahr wie üblich ganz professionell über die grossen Zeitungen.

Und nebenbei bemerkt: Gewerkschaften wissen eigentlich sehr gut, dass sich die Frage nach den angemessenen Formen nicht immer mit der Frage nach der Legalität entsprechender Formen beantworten lässt.

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Christoph Hochuli
Grossrat EVP

Wichtiges politisches Statement

Dieser Aktionskonsens ist ein wichtiges politisches Statement der Linken und Gewerkschaften. Ich bin gespannt, wie die Umsetzung funktioniert und wie sich der Schwarze Block verhalten wird. Im besten Fall werden mit diesem Aktionskonsens die Demos friedlicher und die Arbeit der Polizei einfacher. Mein EVP-Grossratskollege Thomas Widmer-Huber hat vor einigen Wochen einen Vorstoss zum Thema Demonstrationen geschrieben (aber noch nicht eingereicht). Mit der Forderung, dass Demozüge eine Distanz halten müssen zu vermummten Demonstrierenden. Die Linken und Gewerkschaften müssen sich aber unbedingt auch klar von Sprayereien distanzieren – diese sind auch Sachbeschädigungen und asozial.

Sabine Brunner
05. April 2023 um 06:54

Von wo die Gewalt kommt

Schauen wir doch mal wieder den Tatsachen in die Augen: Die besagten Demonstrationen machen auf wichtige und auch dringliche Anliegen aufmerksam, also etwa Klimaschutz, Stopp von Gewalt gegen Frauen, Einschreiten gegen Nazi-Gedankengut. Die vermeintliche Gewaltbereitschaft beschränkt sich dabei in der Regel auf das Mitführen von Schutzbrillen und ähnlichem – es geht also weniger um Gewaltbereitschaft als vielmehr um Bereitschaft, sich vor Gewalt zu schützen! Gewalt, die – vielfach kommentiert – in einem Übermass von unserem Staatsapparat den Demonstrierenden entgegenkommt. Nun sollen diese mutigen Menschen am 1. Mai ausgegrenzt werden?

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Johannes Sieber
Grossrat GLP

Überfälliger Schritt

Der Schritt ist vor allem eines: längst überfällig. Reichen wird er nicht. Um aus der Sackgasse heraus zu kommen, ist auf allen Ebenen eine kritische Auseinandersetzung mit dem Umgang mit Demonstrationen angezeigt. Polemik schadet. Darum haben die Grünliberalen eine überparteiliche parlamentarische Gruppe zur Beobachtung von Demos vorgeschlagen.

Katrin Hauser
Katrin Hauser
BaZ-Politjournalistin, angefragt von Bajour

Erleichtert Arbeit der Polizei

Natürlich macht der Schwarze Block, was er will, und wird das wohl auch am diesjährigen 1. Mai tun. Der Kodex ist dennoch oder gerade deshalb wichtig. Es geht darum, wie sich die friedlichen Demonstranten und Demonstrantinnen gegenüber den Gewaltbereiten verhalten. Wenn sie sich vor Ort von ihnen distanzieren, wie es nun vom 1.-Mai-Komitee propagiert wird, erleichtert das die Arbeit der Basler Polizei. Sie weiss in diesem Fall, welche Demo friedlich verlaufen wird und welche nicht. Dazu kommt, dass eine Demo, bei der die Gewalt von Beginn weg im Vordergrund steht, meines Wissens nach nicht durch Grundrechte geschützt ist.

Stephanie Eymann
Stephanie Eymann
Regierungsrätin LDP, angefragt von Bajour

Mutiges Bekenntnis

Ich begrüsse sehr, dass schon im Vorfeld einer Kundgebung eine klare Haltung gegen Gewalt und Sachbeschädigungen eingenommen wird. Ein wichtiger Bestandteil ist das mutige Bekenntnis, dass den Worten auch Taten folgen sollen. Ich habe immer klar ausgedrückt, wo ich bei der Demo-Frage stehe: Demos ja, aber friedlich und mit Bewilligung. Nun hoffe ich, dass andere diesem Beispiel folgen und die kleine Gruppe derer, die sich nicht an die für alle gültigen Umgangsformen in einer Stadt halten wollen, keine weiteren Entfaltungsmöglichkeiten erhält.

Anonyme Demonstrantin
angefragt von Bajour (Name der Redaktion bekannt)

Erstmal mit allen reden

Vielleicht sollten wir erstmal mit allen Akteur*innen reden, denen der 1. Mai wichtig ist, bevor wir die wichtige Diskussion in den Medien – übereinander und gegeneinander – führen.

Pascal Messerli
Pascal Messerli
Präsident SVP Basel, angefragt von Bajour

Bevölkerung hat die Nase voll

Es ist für mich klar, dass der Schwarze Block ohnehin macht, was er will. Linksextreme Chaoten geniessen in der Stadt Basel seit Jahren die Freiheit, sich alles erlauben zu dürfen. Jedes Mal, wenn die Polizei einschreitet, fällt Rotgrün den Sicherheitsbehörden mit polizeikritischen Vorstössen in den Rücken. Der jetzige Aktionskonsens von Rotgrün kommt deshalb, weil sie merken, dass die Bevölkerung die Nase voll hat und die Doppelinitiativen der SVP gut findet.

Daniel Schindler Gewerbeverband
Daniel Schindler
Gewerbeverband Basel, angefragt von Bajour

Demos können schädigend sein

Demonstrationen sind ein Grundrecht, an welchem nicht gerüttelt werden darf. Trotzdem können Demonstrationen je nach Anzahl und Art für das Gewerbe schädigend sein. Hierzu haben wir letztes Jahr zusammen mit der IG Kleinbasel, dem Verein Stadtkonzept Basel sowie dem Wirteband das Gespräch mit der zuständigen Departementsvorsteherin Stephanie Eymann gesucht. Sie hat den Handlungsbedarf erkannt und regte verschiedene Massnahmen an, wie z.B. eine Demo-Ordnung oder die Entlastung besonders stark betroffener Gebiete. Dies begrüssen wir sehr.

Jessica Brandenburger, Co-Präsidentin SP Basel-Stadt
Jessica Brandenburger
Co-Präsidentin SP Basel, angefragt von Bajour

Dieses Jahr wird es wieder friedlich

Am 1. Mai soll es bunt, solidarisch und friedlich zugehen. Dafür soll der Demokonsens ein wertvoller Beitrag sein. Er gibt klare Regeln vor, was an der Demo zum 1. Mai in Basel Platz hat und was nicht. Ich bin deshalb zuversichtlich, dass wir dieses Jahr wieder eine friedliche 1. Mai Demo erleben werden.

Ueli
05. April 2023 um 07:49

Politik stärken

Immer mehr Demos sind typisch für eine schwache Politik. Immer mehr Gewalt kann als Zeichen einer ganz schwachen, nicht gemeinschaftsfähigen Politik gesehen werden. Mit der parlamentarischen Parteiendemokratie scheint es nicht zu gelingen, die Politik zu stärken. Damit bei einem maroden System eine für alle günstig wirksame Veränderung erreicht werden kann, braucht es gemeinsam den Mut, mit den falschen Dingen radikal aufzuhören. Erst dann wird Raum frei für grundlegend und wahrhaftig zukunftsfähig Neues.

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