Die Renaissance der Blumenkinder
Leere Blumenauslagen bei den Grossverteilern – und die bange Frage vieler Menschen: Muss ich diesen Frühling ohne Blumen auskommen? Nein! Blumen, Setzlinge, Erde – es ist alles da. Bajour sagt, wo!
«Wow! Wo haben Sie die denn her?» Als St.-Johann-Bewohnerin Natalie Obergfell vor einigen Tagen mit zwei Blumensträussen in der Hand durchs Quartier lief, sprachen sie etliche Leute auf die Blumen an. Ein Frühling ohne Blumen ist für viele kein Frühling – schon gar nicht in Corona-Zeiten. Doch Blumen gehören offiziell nicht zu den lebensnotwendigen Dingen, weshalb Grossverteiler sie vorübergehend aus dem Sortiment entfernen mussten.
Der Tenor in der «Gärn gschee»-Gruppe lautet: Das darf doch nicht wahr sein! Neulich schrieb eine enttäuschte Frau beispielsweise, es handle sich möglicherweise um ein «First World Problem», aber: «Blumen sind für mich ein täglicher Aufsteller. Ihr Wesen, ihre Eleganz, ihr Duft, ihre Farben, ihr Eigensinn…».
Und jetzt die gute Nachricht: Es muss kein Frühling ohne Tulpen auf dem Küchentisch werden. Zahlreiche Blumengeschäfte arbeiten trotz Corona, wenn auch anders als sonst. «Die Telefone laufen heiss bei uns», sagt «Bluemelade bim Schloss»-Inhaber Michael Fleig. Seine Geschäfte in Oberwil und Aesch sind derzeit geschlossen, dafür läuft in der Basler Filiale umso mehr. Im Geschäft in der Aeschenvorstadt stellt Fleigs Team einen Strauss nach dem anderen zusammen – natürlich mit dem nötigen Sicherheitsabstand.
Kaum ist ein Bouquet fertig, liefert es jemand aus. Die Kundschaft bestellt über Telefon, Mail oder soziale Medien. Von Magden über Sissach bis nach Büsserach – das «Bim Schloss»-Team beliefert zahlreiche Blumenkinder der Region kostenlos. «Die Leute wollen bunte, fröhliche Frühlingssträusse und inzwischen Ostergestecke», sagt Fleig. Die Reaktionen auf die Farbenpracht bekommt sein Team, wenn überhaupt, aus der Ferne mit. Und dann: «Ein grosses Smile!» Es gilt: Sicherheitsabstand und keine Berührungen. Die Blumen werden per Karte oder Rechnung bezahlt oder mit Bargeld, das im Milchkasten hinterlegt worden war.
Verantwortung gegenüber Pflanzen
Bina Thürkauf geht es ähnlich: Auch sie hat alle Hände voll zu tun. Die Geschäftsführerin der Bio-Gärtnerei am Hirtenweg in Riehen sagt: «Wir haben eine Verantwortung gegenüber unseren Pflanzen und wollen, dass diese in die Gärten kommen.» Da Setzlinge, Erde und Kräuter aber offiziell ebenfalls nicht zum täglichen Bedarf zählen, darf Bina Thürkauf keine Kundschaft in der Gärtnerei empfangen. Telefonieren aber darf sie sehr wohl – und das tut sie derzeit sehr oft. Die Leute bestellen Kräuter, Setzlinge oder Erde und vereinbaren eine Abholzeit. Das Team stellt alles vor der Gärtnerei bereit – und glücklich ist der Mensch.
Die Nachfrage nach Erdbeersetzlingen sei derzeit besonders hoch. «Die sind aber bald ausverkauft, wenn es so weitergeht.» Für Tomaten hingegen sei es noch zu früh. Auch nach Saatgut fragen viele, da verweist Bina Thürkauf auf entsprechende Online-Geschäfte. Es kann also trotz Corona bunt werden – vielleicht noch mehr als in anderen Jahren. Natalie Obergfell konnte die Menschen auf der Strasse übrigens beruhigen: «Fleurs de Bâle» in der St- Johanns-Vorstadt verkauft weiterhin Sträusse – kontaktlos vor dem Laden oder per Heimlieferung. Noch erhalten die Blumengeschäfte genug Blumen, vor allem aus Holland – und werden damit viele weitere «Smiles» ernten.
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