Eigenmietwert abschaffen?
Mehrere Jahre lang hat das Parlament versucht, sich auf eine Vorlage zum Eigenmietwert zu einigen. Nun zeichnet sich ab, dass dieser künftig abgeschafft werden könnte. Wer eine Immobilie besitzt und selber darin wohnt, muss einen Eigenmietwert als Einkommen versteuern. Dieser entspricht der Miete, die er*sie für die Wohnung oder das Haus von Mieter*innen verlangen könnte und wird vom Kanton festgelegt. Der Hauseigentümerverband und auch viele Immobilienbesitzer*innen empfinden ihn als ungerechte «Strafsteuer». Auf der anderen Seite können Eigentümer*innen aber Schuld- und Unterhaltszinsen von den Steuern abziehen. Mit der neuen Regelung, der sowohl National- als auch Ständerat nun zugestimmt haben, würde der Eigenmietwert für Erst- und Zweitwohnungen abgeschafft – und die Steuerabzüge auch. Der Ständerat wird am Donnerstag entscheiden, ob er gemäss dem Vorschlag des Nationalrats auch will, dass gleichzeitig eine neue Objektsteuer für selbstbewohnte Zweitwohnungen eingeführt wird (was besonders für die Steuereinnahmen von Tourismuskantonen relevant ist). Sagt der Ständerat auch dazu Ja, kommt das Geschäft am Freitag in die Schlussabstimmung und danach vors Stimmvolk. Sagt der Ständerat Nein zur Objektsteuer, müsste nur bei einem Referendum über die Vorlage abgestimmt werden. Ob der Mieterverband ein solches ergreift, ist noch offen. Er spricht sich allerdings für ein Nein zur Abschaffung aus – wegen zu hoher Steuerausfälle und einer aus seiner Sicht steuerlichen Bevorteilung von Eigentümer*innen gegenüber Mieter*innen.
Ja, abschaffen
Es stimmt, dass Hypothekarzinsen steuerlich abgezogen werden können, was aber kein Argument für den Eigenmietwert ist. Diese Zinsen sind Schuldzinsen, die bezahlt werden müssen. Schulden sind generell abziehbar, nicht nur bei Immobilien. Der Eigenmietwert ist also ein Fremdkörper, er muss als Einkommen versteuert werden, ein Einkommen, dass man nicht erzielt. Wer Leasingschulden für ein Auto hat, muss sich auch keinen fiktiven Automietertrag anrechnen lassen, etc.. Wohneigentumserwerb ist für junge Leute schwierig genug, man sollte sie nicht noch mehr belasten.
Wieso nicht einfach beibehalten?
Wir haben das Glück, ein Eigenheim zu haben. Grundsätzlich finde ich es nur fair, gibt es diese zusätzliche Steuer und im Gegenzug die Möglichkeit, für den Unterhalt der Immobilie Abzüge geltend zu machen. Als Mieter zahlt man Monat für Monat horrend hohe Mieten und ist so vielen Unsicherheiten ausgesetzt, dass dies emotional und finanziell in keinem Verhältnis steht zu den Belastungen von Eigentümern (punktuelle Ausnahmen vorbehalten natürlich): Wohnen in Sicherheit und Wärme müsste ein Menschenrecht sein, das gefördert wird ohne Anspruch auf Eigentum und basierend auf einem fairen System. Der Eigenmietwert ist eine Einnahme für die Allgemeinheit, welcher die soziale Kohäsion fördert. Auch das Abschaffen des Unterhaltsabzuges fände ich falsch, sichert dieses Instrument doch, dass die Eigentümer eine Immobilie nicht einfach "zu Tode" bewohnen. Gerade heute ist die Abzugsmöglichkeit ein gutes Argument, um energietechnisch aufzuwerten.