2024-12-19 Frage des Tages Eigenmietwert-1

Eigenmietwert abschaffen?

Mehrere Jahre lang hat das Parlament versucht, sich auf eine Vorlage zum Eigenmietwert zu einigen. Nun zeichnet sich ab, dass dieser künftig abgeschafft werden könnte. Wer eine Immobilie besitzt und selber darin wohnt, muss einen Eigenmietwert als Einkommen versteuern. Dieser entspricht der Miete, die er*sie für die Wohnung oder das Haus von Mieter*innen verlangen könnte und wird vom Kanton festgelegt. Der Hauseigentümerverband und auch viele Immobilienbesitzer*innen empfinden ihn als ungerechte «Strafsteuer». Auf der anderen Seite können Eigentümer*innen aber Schuld- und Unterhaltszinsen von den Steuern abziehen. Mit der neuen Regelung, der sowohl National- als auch Ständerat nun zugestimmt haben, würde der Eigenmietwert für Erst- und Zweitwohnungen abgeschafft – und die Steuerabzüge auch. Der Ständerat wird am Donnerstag entscheiden, ob er gemäss dem Vorschlag des Nationalrats auch will, dass gleichzeitig eine neue Objektsteuer für selbstbewohnte Zweitwohnungen eingeführt wird (was besonders für die Steuereinnahmen von Tourismuskantonen relevant ist). Sagt der Ständerat auch dazu Ja, kommt das Geschäft am Freitag in die Schlussabstimmung und danach vors Stimmvolk. Sagt der Ständerat Nein zur Objektsteuer, müsste nur bei einem Referendum über die Vorlage abgestimmt werden. Ob der Mieterverband ein solches ergreift, ist noch offen. Er spricht sich allerdings für ein Nein zur Abschaffung aus – wegen zu hoher Steuerausfälle und einer aus seiner Sicht steuerlichen Bevorteilung von Eigentümer*innen gegenüber Mieter*innen.

783 Stimmen
Helena Krauser
Helena Krauser
Moderation
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Andrea Strahm
Grossrätin Die Mitte, Fraktionspräsidentin

Ja, abschaffen

Es stimmt, dass Hypothekarzinsen steuerlich abgezogen werden können, was aber kein Argument für den Eigenmietwert ist. Diese Zinsen sind Schuldzinsen, die bezahlt werden müssen. Schulden sind generell abziehbar, nicht nur bei Immobilien. Der Eigenmietwert ist also ein Fremdkörper, er muss als Einkommen versteuert werden, ein Einkommen, dass man nicht erzielt. Wer Leasingschulden für ein Auto hat, muss sich auch keinen fiktiven Automietertrag anrechnen lassen, etc.. Wohneigentumserwerb ist für junge Leute schwierig genug, man sollte sie nicht noch mehr belasten.

Isabelle Bellakovics-Aebin
18. Dezember 2024 um 18:51

Wieso nicht einfach beibehalten?

Wir haben das Glück, ein Eigenheim zu haben. Grundsätzlich finde ich es nur fair, gibt es diese zusätzliche Steuer und im Gegenzug die Möglichkeit, für den Unterhalt der Immobilie Abzüge geltend zu machen. Als Mieter zahlt man Monat für Monat horrend hohe Mieten und ist so vielen Unsicherheiten ausgesetzt, dass dies emotional und finanziell in keinem Verhältnis steht zu den Belastungen von Eigentümern (punktuelle Ausnahmen vorbehalten natürlich): Wohnen in Sicherheit und Wärme müsste ein Menschenrecht sein, das gefördert wird ohne Anspruch auf Eigentum und basierend auf einem fairen System. Der Eigenmietwert ist eine Einnahme für die Allgemeinheit, welcher die soziale Kohäsion fördert. Auch das Abschaffen des Unterhaltsabzuges fände ich falsch, sichert dieses Instrument doch, dass die Eigentümer eine Immobilie nicht einfach "zu Tode" bewohnen. Gerade heute ist die Abzugsmöglichkeit ein gutes Argument, um energietechnisch aufzuwerten.

Ueli Keller
19. Dezember 2024 um 05:57

Für eine Ökonomie der Fülle

Eigentum generiert eine Ökonomie des Mangels. Abgeschafft gehört nicht die Eigenmietwert-Steuer, sondern das Eigentum. Damit sich für alle die Tür für eine Ökonomie der Fülle öffnet.

Karl Linder
19. Dezember 2024 um 08:13

Kompromiss würde versenkt werden

Der Eigenmietwert gibt es - 'wer hat's erfunden?' - in der Schweiz. Ansonsten staunt man in der restlichen Welt Bauklötze ab dieser Konstruktion. Wenn aber nun in diesem Prozess die Ferienwohnungen ausgenommen würden (in den Tourismus-Regionen), dann droht eine unheilige Allianz, welche diese Vorlage versenken dürfte. Zumal man ja im Gegenzug plant, die Aufwände an einer Liegenschaft einschränken zu wollen. Da stehen sich die Interessen gegenüber von selbstbewohnten Häusle-Besitzenden und Eigentümern von MFH (die von der Abschaffung des Eigenmietwerts gar nicht profitieren würden, wenn nicht selbst Mieter in der Liegenschaft, und bestraft, wenn Abzüge eingeschränkt würden). Am Schluss wird's so bleiben, wie es ist. Wenn es die neue Lösung nicht schafft, neue Ungerechtigkeiten zu generieren.

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