Endlich mehr Einfluss in Bern?

Wir kennen die Klage: Die Region habe im Rest der Schweiz nichts zu melden, jammern wir gerne. Würde eine Bundesrätin Eva Herzog daran etwas ändern? Kleine Auslegeordnung.

nationalrat
Hallo Bern, hier spricht Basel. (Bild: © KEYSTONE / GAETAN BALLY)

Schön wärs. Schön wärs, könnte eine Bundesrätin für die Interessen des eigenen Kantons regieren. So tönte etwa Eva Herzog auf die Frage eines Journalisten, ob sie eine Pharma-Bundesrätin wäre: «Ich würde im Bundesrat nicht nur Basel und die Pharma vertreten. Es sind ja noch 6 andere da. Wenn ich mich so einfach durchsetzen könnte, würde ich das gerne auch in anderen Dossiers tun.»

Genau diese Hoffnung haben aber die Politinteressierten beider Basel, die sich wünschen, nach knapp 50 Jahren wieder einmal eine Vertretung in der Landesregierung zu haben. 

Elisabeth Schneider-Schneiter, Baselbieter Nationalrätin und Präsidentin der Handelskammer, hat dabei naturgemäss wirtschaftliche Interessen im Kopf, wenn sie sagt: «Es ist Zeit, dass eine der grössten Wirtschaftsregionen der Schweiz wieder einmal eine Bundesrätin stellt.»

Beispiel OECD-Reform

Wenn es um die wirtschaftlichen Interessen der grossen Basler Unternehmen geht, stimmt Herzog auch mal gegen die eigene Partei. Beispiel OECD-Reform. Herzog setzt sich als Ständerätin für einen Deal ein, bei dem die Kantone 75 Prozent der Steuereinnahmen behalten könnte. Der Basler Pharma und ihren Mitarbeiter*innen käme das zugute, dafür will Herzogs Nachfolgerin in der Basler Regierung sorgen: SP-Finanzdirektorin Tanja Soland hat bereits angekündigt, man würde das Geld unter anderem in Abfederungsmassnahmen für die höher besteuerten Grossunternehmen reinvestieren, beispielsweise in die Standortattraktivät.

Beispiel Finanzausgleich

Ein weiteres Beispiel ist der Finanzausgleich. In der Schweiz gilt der Deal: Bund und Kantone mit viel Geld finanzieren wirtschaftsschwache Kantone quer. Der Pharmakanton Basel-Stadt gehört, selbstverständlich, zu den 7 zahlenden Kantonen und liegt deswegen immer wieder einmal im Clinch mit den Nehmerkantonen. Der Bundesrat hat einen gewissen Gestaltungsspielraum, wer wem wie viel zahlt. Wirtschaftslobbyistin Schneider-Schneiter sieht auch dabei Potenzial in einer Bundesrätin Eva Herzog. «Wenn Ueli Maurer aufhört, ist keiner der Geldgeberkantone mehr in der Regierung», gibt sie zu bedenken. 

Europapolitik

Und nicht zuletzt hofft die Region auf Fortschritte in den Beziehungen zur EU, wenn eine Baslerin im Bundesrat sitzt. Menschen aus der Region kennen Europa nicht nur von Städtetrips, sondern leben nachbarschaftliche Beziehungen jeden Tag: Wenn sie einkaufen, arbeiten, das Tram nehmen, studieren, forschen, investieren. Entsprechend heftig erleben die Menschen in der Region nun die Hürden aufgrund des abgebrochenen Rahmenabkommens durch den Bundesrat. 

Die Grüne-Basta-Nationalrätin Sibel Arslan verspricht sich denn auch: «Eva Herzog könnte das Europa-Dossier voranbringen.»

Herzog selbst sagte vor den Medien: «Als Baslerin im Dreiland bin ich von einer Offenheit geprägt. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist mir wichtig.»

Arslan erhofft sich ausserdem Schub für linke Anliegen – etwa in der Gleichstellung. «Beide Basel hatten noch nie eine Frau im Bundesrat.»

Andere Machtverhältnisse

Auch in Verkehrsfragen könnte die Region wieder mehr Beachtung finden. Beim Bachgrabentunnel ist die Region kürzlich in Bern aufgelaufen. Der Bundesrat hat durchaus Einfluss darauf, welche Prioritäten er setzt.

Man darf den Spielraum einer möglichen Basler Bundesrätin in Bern aber auch nicht überbewerten. Dort sind die Machtverhältnisse klar: Die Bürgerlichen haben die Mehrheit in Parlament und Regierung.

Eine Situation, die für Eva Herzog neu ist. In Basel-Stadt hatte Rotgrün zu ihrer Zeit die Rotgrüne Regierungsmehrheit. Und auch die finanzielle Lage ist eine andere: Herzog amtete in den goldenen Jahren sprudelnder Steuern. 

Der Bundesrat wird in den nächsten Jahren sparen müssen. Aufgrund der hohen Ausgaben für Pandemie und Militär wird die Schuldenbremse greifen. Ausserdem stehen schwierige Dossiers an: Die Altersvorsorge, die Gesundheitskosten, der Fachkräftemangel und und und. 

Es wird also kein Schoggijob, sollte Herzog gewählt werden. Aber wie Elisabeth Schneider-Schneiter sagt: «Eva kann Bundesrätin.»

Das könnte dich auch interessieren

Michael Hug an der St. Jakobs-Strasse

Ernst Field am 17. April 2025

Ärger an der St. Jakobs-Strasse

Ein neuer Veloweg und verschobene und gestrichene Parkplätze sorgen bei Anwohner*innen für Unmut. LDP-Grossrat Michael Hug stellt der Regierung deswegen Fragen.

Weiterlesen
Kommentar Michelle IDG-1

Michelle Isler am 10. April 2025

Hopp, Demokratie

Der Grosse Rat hat am Donnerstag einem Vorstoss zugestimmt, der die Einführung eines Schlichtungsverfahrens im Öffentlichkeitsgesetz fordert. Das ist ein gutes Zeichen für die Demokratie. Ein Kommentar.

Weiterlesen
19. März 2025

David Rutschmann am 10. April 2025

Basler Journis bekommen Schlichtungsstelle

Journalist*innen sollen weniger Hürden bekommen, um Dokumente der Regierung anschauen zu können. Für den Fall von Streitigkeiten über den Einblick in Interna will der Grosse Rat jetzt Schlichtungsverfahren einführen.

Weiterlesen
Microsoft

Valerie Wendenburg am 09. April 2025

Setzt der Kanton aufs richtige Daten-Pferd?

Der Regierungsrat setzt bei der kantonalen Verwaltung voll auf Windows 365 und löst eine Debatte über die Sicherheit sensibler Daten aus. Nicht nur die Datenschutzbeauftragte, auch Grossrät*innen reagieren mit Skepsis auf den Entscheid.

Weiterlesen
Foto Pino Covino

Bei Bajour als: Journalistin.

Hier weil: Das Hobby meines Mannes finanziert sich nicht von alleine.

Davor: Chefredaktorin im Lokalmedium meines ❤️-ens (Bajour), TagesWoche (selig), Gesundheitstipp und Basler Zeitung

Kann: alles in Frage stellen

Kann nicht: es bleiben lassen

Liebt an Basel: Mit der Familie am Birsköpfli rumhängen und von rechts mit Reggaeton und von links mit Techno beschallt zu werden. Schnitzelbängg im SRF-Regionaljournal nachhören. In der Migros mit fremden Leuten quatschen. Das Bücherbrocki. Die Menschen, die von überall kommen.

Vermisst in Basel: Klartext, eine gepflegte Fluchkultur und Berge.

Interessensbindungen:

  • Vorstand Gönnerverein des Presserats
  • War während der Jugend mal für die JUSO im Churer Gemeindeparlament. Bin aber ausgetreten, als es mit dem Journalismus und mir ernst wurde.

Kommentare