Feldbergstrasse? Kaufen
Sie ist dreckig, sie ist lärmig und sie ist günstig: Die Hauptverkehrsstrasse des Kleinbasels. Aber jetzt kommt Tempo 30 und die Preise werden steigen. Bajour goes Immobilien-Specki!
Hast du Geld, wenig Skrupel und einen langen Anlagehorizont? Dann kauf sofort ein Haus an der Feldbergstrasse. Solange es dort Verkehrslärm bedingt noch billig ist. Im Moment ist die Hauptverkehrsachse zwischen Gross- und Kleinbasel noch eine der dreckigsten und lärmigsten Strassen der Stadt: 12’000 Fahrzeuge brausen täglich durch.
Aber nicht mehr lange. Ab Sommer heisst es auf der Feldbergstrasse Tempo 30. Damit will die Regierung die Luftverschmutzung um 10 Prozent senken und die Anwohner*innen entlasten. Ausserdem würde die Regierung gerne grad noch alte Dieselmotoren verbieten und ist deswegen beim Bundesrat vorstellig geworden, wie die bz berichtet.
Hoch. Die. Hyperlokale. Lebensqualität
Ein guter Zeitpunkt also, um zu investieren. Aktuell sind die Mieten an der Feldbergstrasse noch einigermassen tief, denn die einfache Formel lautet: Je tiefer die Lebensqualität, desto tiefer die Mieten. Dreizimmerwohnungen sind für 1600 Franken zu haben.
Das dürfte bald vorbei sein.
Mietwohnungen rentieren sowieso am meisten, sie garantieren kontinuierliche Mieteinnahmen (mehr dazu hier). Aber auch Geschäftsmieten können einzahlen. Jetzt also in der Feldbergstrasse «einsteigen»?
«Mit den neuen Umweltmassnahmen ist ziemlich sicher mit einer Aufwertung zu rechnen», sagt Matthias Holzhey, Leiter Swiss Real Estate bei der UBS, «sofern Autoverkehr reduziert und Lebensqualität gesteigert werden.»
Auch höhere Mieten sind wahrscheinlich: «Basel hat generell noch ein tiefes Mietpreisniveau, so dass die Zahlungsbereitschaft und –fähigkeit wohl gross genug sind«, sagt der Immobilien-Experte.
Prima. An der Feldbergstrasse wird also eine alte Mehrfamilien-Hütte gekauft.
Nächste Frage: Lohnt es sich – aus Sicht von uns Hausbesitzer*innen –, gleich mit Luxussanierungen anzufangen?
Holzhey bleibt generell. Eine exakte Analyse lässt sich schwer machen: «Vermutlich ist der jetzige Zustand vieler Objekte mässig gut», sagt er. Eine Aufwertung (womit man auch noch von Energie-Subventionen profitieren kann), ergebe daher vor allem Sinn, wenn man «einkommenskräftigere Haushalte» anziehen wolle. «Damit steigen auch die Mieten. Ob eine Totalsanierung notwendig ist mit kompletter Neuvermietung, hängt von der Ausgangslage ab.»
Mein Investment-Risiko ist die Politik
Ein absolut sicheres Investment ist die Feldbergstrasse aber nicht. So rät Holzhey von der UBS, auch das «politische Risiko» zu berücksichtigen. Die Bevölkerung hat in den letzten Jahren mehrere Wohnschutzinitiativen angenommen, welche günstige Mieten erhalten wollen. Weitere sind geplant. Wenn man die Mieten nicht erhöhen dürfe, stelle das die Rentabilität in Frage, sagt Holzhey.
Freuen dürfen sich auf jeden Fall diejenigen Investor*innen, die sich in der Vergangenheit bereits Häuser in der Feldbergstrasse gesichert haben. Die grösste davon ist die «GAM Investment Management AG», wie die «Wem gehört Basel?»-Daten zeigen. Gemäss Eigendeklaration ist die GAM ein «globaler Vermögensverwalter von Anlegern für Anleger, der auf 158,7 Milliarden Franken sitzt» (in ganz Basel besitzt GAM 505 Wohnungen, darunter ein riesiger Neubau auf dem Erlenmattareal). Insgesamt besitzen Immobilienfirmen und Pensionskassen 203 der 743 Wohnungen entlang der Feldbergstrasse, also mehr als ein Drittel.
Für Neuinvestor*innen ist der Zug in der Feldbergstrasse eventuell schon abgefahren. Aber ein bisschen Risiko muss sein. Wer vom Potenzial der Lage überzeugt sei, solle «sofort» zuschlagen, sagt Holzhey.
Was die Temporeduktion für die Mieter*innen mit kleinem Portemonnaie bedeutet? Sie können sich auf eine ruhigere Wohnung freuen. Aber vermutlich irgendwo in der Agglo und nicht mehr im verkehrsberuhigten Zentrum von Basel.
Inspiration / Projektteam
«Wem gehört Basel?» ist inspiriert vom Schwarm-Rechercheprojekt «Wem gehört die Stadt?» des Recherchezentrums Correctiv aus Deutschland. Zudem durften wir Teile des Python-Codes zur Datenauswertung von unserem Partnermedium tsri.ch übernehmen – ❤️ dafür.
Das Webtool, mit dem die Bajour-Crowd Besitzer*innendaten sammelt, basiert auf Open Source Code, unter anderem von vue.js / nuxt.js, express.js in Verbindung mit node.js sowie der Hosting-Magie von Netlify.
Für Bajour an der Umsetzung beteiligt waren: Romina Loliva, Manuela Paganini, Silvan Hahn, Samuel Hufschmid, das ganze Bajour-Team und über 150 freiwillige Crowdsourcer*innen – hier findets du das ganze «Wem gehört Basel»-Team.