Basels Nachtkultur: Final Countdown oder das grosse Comeback?

Wir waren einen Samstagabend lang im Kleinbasel spazieren und haben gemerkt: Den Menschen fehlt das Nachtleben sehr. Über dieses Vermissen müssen wir reden. Unser nächster Livestream bei Gärngscheekultur handelt auch von der Systemrelevanz der Nachtkultur.

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Das Verlangen ist gross. Wie lange können die Bands und Veranstalter*innen noch ohne Publikum überleben? Wir reden drüber!

Du, liebe*r Leser*in, hast diese Momente, in denen du dich dabei ertappst, wie du vor dem Ausgehen vor dem Spiegel stehst und denkst:

Heute seh ich gut aus. Und du weisst: Das wird ein guter Abend.

Du kennst das Gefühl, vor der Bühne zu stehen, und das Licht wechselt ins Blau und die Band spielt dein Lied, auch wenn du immer fandest, so etwas wie «mein Lied» zu haben sei dir zu kitschig. Aber das ist dein Lied und du hast Gänsehaut auf dem Arm oder am Rücken und du machst die Augen zu und könntest weinen, so schön ist es, da zu sein.

Debatte! Super! Wo finde ich den Stream?
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Die Fotos in diesem Artikel zeigen Menschen, die Samstagnacht auf der Dreirosenbrücke oder im Kleinbasler Rheinufer unterwegs waren. Wir haben gefragt: Was vermisst ihr seit Ausbruch der Corona-Krise am meisten am Nachtleben? Es sind Menschen wie sie, die in unserer Debatte mitreden sollen.

Du bist Unternehmer*in. Du weisst schon, im Wortsinn: eine*r, der*die gerne was unternimmt. Du machst gerne einen drauf. Du bist eine, die von Bar zu Bar tingelt, ohne dass hinterher irgendwer hätte sagen können, warum ihr da los seid und warum dort nie angekommen. Dieser aufgekratzte Strom aufregender Erlebnisse, die so nachts und nur nachts passieren –  deine Lieblingstageszeit. 

Du willst endlich wieder glücklich sein. Im Taumel der Nacht. 

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Wir sind strikt gegen Befehle, aber weil es jetzt wichtig ist: Du musst dabei sein. Genau dich suchen wir. 

Weil wir haben auch gelitten, die vergangenen Wochen. Haben auch zuhause gesessen, wenn draussen schon wieder die Sonne so vielversprechend über der Dreirosenbrücke unterging und samstagmorgens waren wir wieder zu früh wach. Was ist passiert mit uns allen, mit dieser Nachtstadt Basel, wo ist die Energie hin? Wo ist der Flow?

Wo spielt die Musik? Spielt sie noch, oder ist ausgespielt?

Lasst uns drüber reden. Kurz nach Ausbruch dieser Krise haben wir bei Bajour Konzerte gestreamt, erinnerst Du dich? Damals war wenig Platz für Debatten, wir wollten Musik. Wir hätten weiterstreamen können, jede Woche neue Acts aufbieten können. Aber für uns hat sich dieser Umgang mit dem Kern des Problems, nämlich dem schleichenden Tod der Musikkultur, angefühlt wie die drei Affen, die blind 🙈, taub 🙉 und stumm 🙊dem Zapfenstreich entgegenwankten.

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Der Bundesrat fällt am 27. Mai einen Entscheid, bei dem es um Existenzen geht: Wann und in welcher Form sind Anlässe mit über fünf Personen wieder erlaubt? Künstler*innen, Veranstalter*innen, Booker*innen, Bars, Bühnen und Labels bangen diesem Moment entgegen. Und tags darauf trifft sich Bajour mit euch und Key Playern der Basler Musikszene zum Late-Night-Talk.

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Wir wollen darüber sprechen, wie die Veranstalter*innen und Bars auf die Situation reagierten, wieviel Geld bei der Abteilung Kultur BS beantragt wurde und warum die bereitgestellten Millionen zu wenig sind. Ob das Musikjahr 2020 abgeblasen ist, oder ob – im Gegenteil – die Krise auch eine Chance für lokale Musikschaffende ist, weil Grossveranstaltungen ins Wasser fallen.

Final Countdown oder das grosse Comeback – Wie steht es um Basels Nachtkultur?

Unsere Gäste sind: 

  • Katrin GrögelCo-Leiterin der Abteilung Kultur BS, Konzertbesucherin
  • Jo VergeatGrossrätin, Kulturlobbyistin mit Kulturstadt Jetzt, Livestream-Konsumentin
  • Luca PiazzalongaKünstler, Mitinitiant des Soforthilfe-Projekts Kulturklinik, Booker im Hirscheneck, Kein-Blatt-vor-den-Mund-Nehmer
  • Marlon McNeillMusiker, Labelbetreiber, Krisenversehrter

Special Guest – Michel Massmünster, Soziologe und Autor der Studie «Im Taumel der Nacht»

Gastauftritte der besonderen Art haben:

Daniel Koch, der höchste Epidemiologe der Schweiz

Es spielen: Was Ghetto?

Es moderieren: Olivier Joliat und Daniel Faulhaber

Ok, denkst du, Menschen reden im Internet. Bitte weckt mich, wenns vorbei ist. Aber dafür sind wir nicht einen Samstagabend lang mit der Kamera durch ein praktisch ausgestorbenes Kleinbasel spaziert und haben in den traurigen, verwaisten Strassen mit Menschen gesprochen, die das Nachleben ebenso vermissen wie wir. Wir haben das gemacht, um zu spüren: Das geht euch etwas an. Das geht uns alle etwas an: Wie lange noch? Wie lange, bis diese Stadt tot ist und auch im letzten Lokal deines Herzens ein IT-Startup eingezogen ist? 

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Stellt Fragen an unsere Gäste!

Wir versuchen hier, eine neue Debattenkultur aufzufahren. Das geht nur mit Euch. Also streamt the fuck das letzte Bit aus euren digitalen Endgeräten und dann geht auf die Strassen und dreht mit dem Ghettoblaster auf der Schulter eine Runde um den Block. Egal was wir tun, aber wir wollen uns im Jahr 2021 nicht vorwerfen müssen, das Ableben der Nachtkultur leider verpennt zu haben, weil wir damals im Krisenjahr 2020 lieber Netflix gebinged haben, anstatt über Probleme zu reden. 

Das wird ein Krisengespräch. Aber mit einem Getränk in der Hand und euren Fragen gehts. Los. Am Donnerstag, ein Tag nach UPDATE KOCH UND KONSORTEN, 20:00 LIVE in diesem Internet und auf Radio X. Steckt die Kabel ein. Wir sehn uns.  

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Themeninputs und Hinweise gerne an [email protected] . Twitter: @dan_faulhaber

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Bei Bajour als: Reporter und Redaktor

Hier weil: da habe ich die Freiheit, Neues anzupacken und unkonventionell zu arbeiten, ohne über sieben Hierarchiehürden zu springen. Das ist toll. Gleichzeitig macht diese Freiheit natürlich Angst, und das wiederum schweisst zusammen. Darum bin ich auch hier. Wegen des Teams.

Davor: Bei der TagesWoche und davor lange Jahre an der Uni mit Germanistik & Geschichte.

Kann: Ausschlafen.

Kann nicht: Kommas.

Liebt an Basel: Die Dreirosenbrücke. Das Schaufenster des Computer + Softwareshops an der Feldbergstrasse Ecke Klybeckstrasse. Das St. Johann. Dart spielen in der Nordtangente. Dass Deutschland und Frankreich nebenan sind.

Vermisst in Basel: Unfertigkeit. Alles muss hier immer sofort eingezäunt und befriedet und geputzt werden. Das nervt. Basel hat in vielem eine Fallschirmkultur aus der Hölle. Absichern bis der Gurt spannt. Ich bin schon oft aus Versehen eingeschlafen.

Interessensbindung: Vereinsmitglied beim SC Rauchlachs.

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