Fussball-Spitzenkampf unter dem Regenbogen

Die Berner Young Boys überraschen wenige Tage vor dem Spitzenkampf gegen den FC Basel mit einem politischen Statement, das keines sein will. Der FC Basel möchte gleichzeitig lieber nicht beim öffentlichen Einstehen für seine Charta erwischt werden. Ein Angsthasenbericht.

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Es könnte so einfach sein.

Am Sonntag spielt der FC Basel auswärts gegen den Tabellenersten BSC Young Boys aus Bern. Es geht um Ehre und die Tabellenführung.

Jetzt zu etwas anderem.

Das Logo der Berner Stadtclubs erscheint seit einigen Tagen auf den offiziellen Club-Accounts auf Facebook, Twitter und Instagram in den Farben der Regenbogenfahne. Der Mediensprecher der Berner, Albert Staudenmann, sagt auf Anfrage, das habe auf gar keinen Fall etwas mit der Abstimmung vom 9. Februar über die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm zu tun.

Staudenmann sagt über die Botschaft hinter dem «für einige Tage veränderten» Logo: «Der BSC Young Boys ist ein Klub für alle, die sich mit unseren Werten identifizieren können. Wir stehen für Begriffe wie Toleranz und Offenheit ein und distanzieren uns in aller Form von Diskriminierung, Rassismus und Gewalt.»

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So sieht das Twitter-Profil des BSC Young Boys aktuell aus.

Weiter sagt Staudenmann:

«Wir beziehen uns mit dieser Aktion nicht auf die Abstimmung im Februar, sondern halten den Zeitpunkt für richtig, wieder einmal auf die Werte des BSC Young Boys hinzuweisen.»

Aber oje, zu spät 😱. Aus ungeklärten Gründen haben viele Menschen das Einfärben des YB-Emblems in die Farben des LGBTIQ-Symbols schlechthin, rund vier Wochen vor einer für die LGBTIQ-Community höchst relevanten Abstimmung, als politisches Statement gelesen.

Oh no, wie konnte das nur passieren. Queere Sache Maloney.

Das Internet tat, was es in solchen Situationen immer tut: Es erkannte die Relevanz eines Themas und gab schnurstracks den Anstoss zu einer Debatte:

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Der Twitter-User Matthias Loser reagierte zum Beispiel, indem er die Aktion der Berner mit einem Wunsch nach mehr «politischem Sendebewusstsein» des FC Basel verknüpfte. Wir haben dieses Statement aufgenommen und einige Fragen beim FC Basel deponiert.

Hat der Verein Kenntnis von der Aktion der Young Boys? Wäre der FC Basel bereit, mit einer ähnlichen Aktion seinem Passus aus der FCB-Charta Nachdruck zu verleihen, der lautet: «Der FCB ist gegen Rassismus, Antisemitismus und Sexismus»? 

Hier ist die Antwort:

«Der FCB ist politisch neutral, weshalb wir uns im Vorfeld zu Abstimmungen nicht zu politischen Vorlagen äussern.» 
Simon Walter, Medienchef des FC Basel

Gut, denken wir an dieser Stelle. Die Berner Young Boys haben sich ja auch nicht zu einer politischen Vorlage geäussert, sondern nach eigenen Aussagen einfach irgendeinen Zeitpunkt für richtig gehalten, wieder einmal auf die Werte des Clubs hinzuweisen. Werte, wie sie zum Beispiel auch in der FCB-Charta stehen. Der FC Basel schreibt in seiner Antwort weiter: 

«Die in der Club-Charta festgehaltenen Werte sind für uns verbindlich. Dort heisst es unter anderem: Der FCB ist gegen Rassismus, Antisemitismus und Sexismus. Dieser Grundsatz hat in unserer täglichen Arbeit uneingeschränkte Geltung, genauso wie die vehemente Ablehnung jeglicher Art von Diskriminierung.»

Das ist ein klares Statement! Wenn es nur nicht so wenig aussagen würde. 

Wie das Beispiel der Berner zeigt, wäre es ein Leichtes, das sichtbare Einstehen für die eigenen Charta als Arbeit an der Corporate Identity zu vermarkten. Ohne dass dadurch die politische Neutralität verletzt würde. Denn einzustehen gegen Rassismus, Antisemitismus, Sexismus und Homophobie ist erstmal nicht politisch, sondern darf als normale Verantwortungswahrnehmung eines grossen Vereins eingestuft werden, der sich seiner Signalwirkung bewusst ist.

Und diese Normalität könnte man ja ab und an auch mal herzeigen.

_____________

Der Fussballblog zum Runden Leder hat einige Reaktionen auf die Aktion der Young Boys aus diesem Internet zusammengetragen. Eine Leseempfehlung.

Für Sportsfreund*innen ausserdem interessant: Am Freitag, den 24. Januar, geht unsere erste Fussballkolumne BOLZPLATZ online und, Spoiler, auch darin wird es unter anderem um die Affiche des BSC Young Boys gegen den FC Basel gehen.

Wer nix will ausser Fussball und keinen Bock hat auf Meta-Gedöns: Spielanpfiff ist am Sonntag, 26. Januar, um 16 Uhr, SRF 2 überträgt live.

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Bei Bajour als: Reporter und Redaktor

Hier weil: da habe ich die Freiheit, Neues anzupacken und unkonventionell zu arbeiten, ohne über sieben Hierarchiehürden zu springen. Das ist toll. Gleichzeitig macht diese Freiheit natürlich Angst, und das wiederum schweisst zusammen. Darum bin ich auch hier. Wegen des Teams.

Davor: Bei der TagesWoche und davor lange Jahre an der Uni mit Germanistik & Geschichte.

Kann: Ausschlafen.

Kann nicht: Kommas.

Liebt an Basel: Die Dreirosenbrücke. Das Schaufenster des Computer + Softwareshops an der Feldbergstrasse Ecke Klybeckstrasse. Das St. Johann. Dart spielen in der Nordtangente. Dass Deutschland und Frankreich nebenan sind.

Vermisst in Basel: Unfertigkeit. Alles muss hier immer sofort eingezäunt und befriedet und geputzt werden. Das nervt. Basel hat in vielem eine Fallschirmkultur aus der Hölle. Absichern bis der Gurt spannt. Ich bin schon oft aus Versehen eingeschlafen.

Interessensbindung: Vereinsmitglied beim SC Rauchlachs.

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