Ist das noch Fasnacht oder schon Kunst?
Das Sujet der Glunggi entsteht während den beiden Cortèges: Die Clique bemalt ihre weissen Goschdym und lassen Graffiti-Legende Philipp Tschanz ihre Laterne besprayen – und zwar ohne zu wissen, welches Motiv er sprühen wird.
Es war ein irritierender Anblick beim Morgestraich: Eine Lampe, die nicht leuchtet; eigentlich nicht mal als Lampe bezeichnet werden kann: Eine schwarze Wand auf der einen Seite, ein paar Farbspritzer auf der anderen. Und auch die Clique, die der Lampe folgte, fiel durch Schlichtheit auf: Die Glunggi waren komplett in weiss gekleidet.
«Manche Zuschauer haben schon ein bisschen enttäuscht ausgesehen, als sie uns gesehen haben», sagt Obmaa Olivier Dolder beim Einstehen für den Cortège auf der Wettsteinbrücke. Sein Lächeln dabei ist verschmitzt, denn er weiss, dass der Überraschungseffekt umso grösser sein wird. Die Glunggi wollen ihre Sujet nämlich erst im Verlauf der Cortèges entstehen lassen: Die Fläche auf der Laterne (oder eben: Wand) wird besprayt und auch die Kostüme der Pfyffer*innen und Drummler*innen werden beim Cortège bunt eingefärbt. Sie kollaborieren dafür mit dem Basler Graffiti-Artist Philipp Tschanz, der auch die Fasnachtsunterführung im Kleinbasel zu verantworten hat.
Die Idee sei entstanden, nachdem man sich sowieso eine*n neue*n Maler*in für die Lampe suchen musste, erzählt Thomas Heinzelmann vom Sujet-Comité der Glunggi. Karin Schärz ergänzt: «Wir fanden, das ist der richtige Moment, um mal etwas Neues, Gewagtes auszuprobieren. Bei der Clique kam die Idee super an.»
Das Spezielle: Bis auf wenige Eingeweihte weiss niemand in der Clique, welches Motiv im Endeffekt gesprayt wird. Künstler Philipp Tschanz, unter dem Sprayer-Namen Dest Jones eine Schweizer Graffiti-Legende, hat komplett Narrenfreiheit. Entsprechend gespannt ist auch Obmaa Olivier Dolder, was denn genau entstehen wird.
Die Gunst der Handykameras ist den Glunggi mit ihrer Aktion beim Cortège zumindest sicher. Im Vortrab wird munter in gelb, orange und rot auf die Rücken gesprüht. Die Besprühten tragen Halskrausen, es sind Pfyffer*innen, die den markanten Farbgeruch der Spraydosen nicht einatmen sollen – denn sobald sie vollends rückenbesprüht sind, reihen sie sich hinten ein und beginnen zu pfeifen.
«Fühlt sich witzig an», sagt Karin Schärz mit orangenen Rücken und bunt lackierten Fingernägeln beim ersten Halt: «Man sieht halt nicht, was hinter einem passiert und spürt nur etwas Kaltes», sagt sie und nimmt einen Schluck eines eingefärbten Waggis: Natürlich haben sie auch Lebensmittelfarbe für ihre Getränke dabei.
Das Rückeneinsprayen gehe noch zu langsam, um rechtzeitig durchzukommen, befürchtet Olivier Dolder. Dafür kommt Philipp Tschanz gut voran: Ganz in seinem Element sprüht er die Outlines, die Leitlinien seines Motivs auf die Vorderseite der Leinwand – unter interessierter Beobachtung der Glunggi.
«Könnte Pippi Langstrumpf werden», sagt Dolder, als er einen Blick auf den Zeedel erhascht, den Tschanz als Vorlage in der Hand hält. Und tatsächlich, schon beim zweiten Stopp nimmt das Motiv so weit Formen an, dass sich eine Pippi-Langstrumpf-ähnliche Figur erkennen lässt.
To be continued….
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