Ich bin weniger links! Nein, ich!
Beat Jans und Jon Pult liefern sich ein Wettrennen darum, wer weniger links ist. Aktuell steht es eins zu eins.
Vor ein paar Wochen noch erklärte Beat Jans den Schweizer Jungsozialist*innen in Luzern, die Überwindung des Kapitalismus sei etwas sehr Schwieriges, weil die Mehrheit in diesem Land nicht wirklich verstehe, was das bedeute (die «NZZ» hat den Matchbericht).
Die Juso waren gestern und mit den junglinken Streicheleinheiten gewinnt man an der Bundesversammlung keinen Nelkentopf. Und prompt liefert sich Jans inzwischen mit Genosse Jon Pult einen kommunikativen Wer-ist-weniger-links-Wettkampf.
Von rinks nach lechts
Denn nun geht es nicht mehr darum, die eigenen zu überzeugen, sondern die anderen. Und die sind in der Mehrheit bürgerlich in diesem zutiefst bürgerlichen Land. Oder wie ein Politnerd meines Vertrauens mir kürzlich per SMS schrieb: «Es ist wie bei den Amerikanern. In der Vorwahl musst du ganz links sein und dann ab in die Mitte.»
In der Mitte sind Jans und Pult, vom rechten Rand der SP aus betrachtet. Aus bürgerlicher Sicht gehören beide aber eher zu den Linken. Sowohl der Basler Stadtpräsident, der sich früher mit Genossin Eva Herzog Duelle zu den Unternehmenssteuern geliefert hat, als auch Jon Pult, der Olympia-Bekämpfer, Alpen-Initiativler und Juso-Graubünden-Mitgründer.
Und diese beiden müssen sich jetzt also bei den Bürgerlichen beliebt machen. Per Charmeoffensive nach rechts.
Lieber keine Juso
Den Aufschlag machte Beat Jans in der «NZZ», als er sich nicht nur sehr deutlich von Jon Pult distanzierte, sondern auch von der Jungpartei als Ganzes: «Ich war nie in der Juso», sagte Jans. Er sei erst in die SP eingetreten, als er bereits Berufs- und Lebenserfahrung von ausserhalb der Politik mitbrachte. «Ich beziehe meine politischen Überzeugungen aus dem, was ich erlebt habe, nicht aus Büchern oder aus der Juso.»
Hat Nino Russano deswegen ein Tränchen verdrückt? Der vor Kurzem zurückgetretene lokale Jusopräsident gab dem Basler Regierungspräsident an der letzten Parteiversammlung seinen kritischen Segen. Und das, während der übrigen Schweizer Juso alle sozialdemokratischen Kandidaten in toto zu wenig links sind.
Zuerst habe er gedacht: «Okay, das kam unerwartet», sagt Russano. Doch dann habe er schon verstehen können, dass sich Jans von der Juso distanzieren möchte.
Denn so spielt er voll auf seinen innerparteilichen Gegner Pult. Kein Narrativ scheinen die Bürgerlichen so zu fürchten wie das der Juso-Generation, die im Laufschritt die Macht innerhalb der SP ergreift und nun auch noch nach dem mächtigsten Amt der Schweiz greift.
Pult bringt Wirtschaftschefs
Das weiss natürlich auch Jon Pult. Der Bündner schreibt seine eigene «Seht-her-ich-bin-gar-nicht-so-links-Erzählung» und wirkt dabei ein weniger subtiler als Jans. Und zwar indem er Wirtschaftsnähe signalisiert. Gegenüber SRF verwies er auf einen «befreundeten CEO». Der «Tagesanzeiger» tat Pult den Gefallen, fragte nach und erhielt von Pult zwei Namen: Bernhard Kunz, Verwaltungsrat der Hupac, einer internationalen Bahntransportfirma.
Er hat häufig mit Pult zu tun, der die Verkehrskommission präsidiert. Pult stelle die richtigen Fragen und gehe pragmatisch vor, sagte Hupac und – Achtung, über diesen Satz wird Pult gejubelt haben – «er stellt die Lösung in den Vordergrund und nicht die Ideologie».
Der andere Chef, den Pult gegenüber dem Tagi nannte, heisst Nils Planzer, Transportunternehmer. Er wähle nicht per se links, sagte Planzer, doch Pult gehöre zu den Leuten in der SP, mit denen man zusammenarbeiten könne.
Den Rechten Rückhand-Return müsste Beat Jans eigentlich spielend annehmen können. Als Vertreter der urbanen Schweiz und der Wirtschaftsregion müsste es ja ein Leichtes sein, ein, zwei Wirtschaftsvertreter*innen zu finden, die für ihn sprechen?
Wo bleibt Jans' Wirtschaftssupport?
Zuständig für Jans’ Bundesratskampagne ist eigentlich Stefan Batzli von der Agentur CRK. Melanie Imhof, Sprecherin des Präsidialdepartements, lässt ausrichten: «Beat Jans erfährt im Moment sehr viel Unterstützung auch von Wirtschaftsführer*innen. Ob sie sich aber öffentlich zu seiner BR Kandidatur äussern, ist ihre persönliche Entscheidung.» Namen könne sie daher keine liefern.
Vielleicht können ihm Genossin Eva Herzog oder Regierungskollegin Esther Keller behilflich sein? Diese hatten in der Vergangenheit Wirtschaftsführer in ihren jeweiligen Komitees.
Nun, Jans hat immerhin Rückendeckung vom «Sonntagsblick» erhalten. Dort wurde Jans Melk-Credibility verteidigt. Ausserdem sei Jans bei realpolitischer Betrachtung nicht der grössere «Bauernschreck» als Jon Pult. Vertreter der Bauernlobby hatten im Oktober der Sonntagszeitung gesagt, es gebe «kaum einen Bauern im Parlament, der Jans in den Bundesrat wählen würde».
Ob es Jans hilft? Wir werden sehen. Am Montag ist das Hearing vor der parlamentarischen Gruppe Landwirtschaft. Der rechte Stallgeruch wird beiden fehlen.
Aber nur mit der Maschine. Werde Bajour-Milchkuh.