2024-12-11 Frage des Tages kein Kulturförderpreis-1

Kein Kulturförderpreis für Leila Moon: Richtig so?

Die Musikproduzentin und DJ Leila Moon wird den Kulturförderpreis 2024 nicht bekommen. Vor knapp einem Monat kündigte das Amt für Kultur an, die Vergabe zu prüfen, nachdem es Kritik u. a. von der Basler SVP gab. Entscheidend, schrieb das Amt damals, seien Äusserungen der Künstlerin auf Instagram gewesen, mit denen sie den Boykott von Institutionen und Kulturveranstalter*innen unterstützte, «die mit israelischen Kunstschaffenden zusammenarbeiten, welche sich nicht in einer bestimmten Weise zum Nahostkonflikt äussern». Nach Prüfung der Aussagen schreibt das Amt für Kultur jetzt, dass die Aussagen der Künstlerin unter die Meinungsäusserungsfreiheit fallen. Die Behörde sieht in den «Boykott- und Ausschlussaussagen» jedoch einen Widerspruch zum gesetzlichen Zweck der Preisvergabe, da Leila Moon gemäss Jury-Begründung «gerade für ihre vernetzende Arbeit in der Basler Musik- und Clubszene gewürdigt werden» sollte. Das Amt habe mit der Jury das Gespräch gesucht und Leila Moon habe Gelegenheit bekommen, sich zum Sachverhalt zu äussern.

Nachdem die Sistierung der Vergabe bekannt wurde, solidarisierten sich mehr als 4000 Menschen in einem offenen Brief mit Leila Moon und forderten, die Basler Kulturförderung müsse unabhängig bleiben. Sowohl Basta-Grossrat Oliver Bolliger als auch die SVP hatten eine Interpellation zur Causa eingereicht. Beide sind heute im Grossen Rat traktandiert.

2007 Stimmen
David Rutschmann
David Rutschmann
Moderation
Top antworten
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Johannes Sieber
Grossrat GLP

Entgleist

Was derzeit im Basler Kulturbetrieb ausgetragen wird, ist beispiellos. Die Debatte um diese Preisverleihung ist komplett entgleist. Auch die heutige Frage des Tages von Bajour bringt uns da nicht weiter. Wohin mit den regionalen Problemen aufgrund geopolitischer Konflikte? Das sollte uns beschäftigen.

Carlo V.
12. Dezember 2024 um 08:23

Der SVP und LDP überlassen…

Ich bin in der Diskussion rund um die Preisvergabe, als auch in allen anderen Diskussion im Kanton, welche den Krieg im Nahen Osten zum Thema haben, enttäuscht von der SP. Hier überlässt man das Feld komplett der SVP-Hetze und lässt die LDP dann ausführen.

porträt betschart klein
Hansjörg Betschart
Regisseur

Reden ist Schweigen, Silber ist ...

Die Empörung, die nun fern vom Nahen Osten, über die kleine Basler Jury schwappt, weil sie eine Künstlerin preisen wollte, kommt vor allem aus der Politik. Hätte Leila Moon einfach schweigen sollen? Zugegeben: Künstlerinnen verstehen möglicherweise nicht immer viel von Politik. Aber, Politkerinnen, die plötzlich von politischer Kunst viel verstehen (zumindest mehr als eine Jury, die Kunst beurteilt), dürfen daran erinnert werden: Kunst ist eigentlich immer politisch - manchmal sogar, wenn sie schweigt. In der Politik deutet Schweigen auf Mehrheit - oder Feigheit. In der Kunst sagt ein Schweigen aber mehr - Leila Moon, die in der aufgeregten Diskussion schon fast eine Nebenrolle spielen muss, versuchte - aus Verzweiflung über ein Schlachten - andere Künstlerinnen an die Kraft des Schweigens zu erinnern. Das wirkt nun, wie die Diskussion darüber beweist, ganz schön anregend ... oder vernetzend?

Zu Weihnachten: Kurt Tucholsky, Briefe aus dem Schweigen. Schweigend lesen.

Leonhard Müller
12. Dezember 2024 um 09:05

Unlösbares Dilemma

Solche Entscheide - wie auch immer sie ausfallen - können nie richtig sein. Denn Kultur ist per se politisch. Wie die Medien. Deshalb steht die Kulturförderung vor dem gleichen Dilemma wie die Medienförderung. Wer bestimmt, was "politisch noch korrekt" ist und was gerade nicht mehr? Vor allem pointierte Aussagen kommen durch eine Ausgrenzung entweder unter die Räder - was der Kunst- und Meinungsfreiheit wiederspricht - oder aber sie werden politisch legitimiert - was dem Neutralitätsgebot des Staates zuwiderläuft. Es braucht deshalb neue, andere Wege zur Förderung der Kultur, ebenso wie der Medien. Denn ohne sie geht eine Gesellschaft zugrunde.

A.
12. Dezember 2024 um 09:43

@Christian Mueller

Danke. Auf den Punkt gebracht.

Charles
12. Dezember 2024 um 07:26

Auch wenn ich versuche, alle Seiten adäquat zu berücksichtigen, all die verschiedenen Meinungen zu diesem durchaus schwierigen Thema, muss ich zugeben, nicht schlüssig zu sein, was diesen Fall angeht. Die Bilder, die uns aus der umkämpften Region erreichen, sind einfach nur erschütternd. Das Leid der Bevölkerung, die Angst, die Perspektivenlosigkeit und vieles mehr erschrecken (nicht nur in dieser Region!). Alles in mir schreit nach: AUFHÖREN! Bei all dem bleiben aber zwei Fragen offen: Die Geiseln und der 07. Oktober 23. Was ist mit den Geiseln geschehen (gemacht worden)? Warum wird der 07. Oktober 2023 bei all den Überlegungen nicht mit einbezogen, ist er doch eine Retraumatisierung eines ganzen Volkes, das seit je unter Verfolgung und dem tief verwurzelten Wunsch fundamentaler Kräfte nach deren Vernichtung gestanden hat. Darüber hinaus ist besagter 07. Oktober an Grausamkeit kaum noch zu überbieten und mit Befreiungskampf wohl nicht zu rechtfertigen. Das beschäftigt mich doch sehr.

Alex Zürcher
13. Dezember 2024 um 08:10

Kritik am Krieg ist nicht Antisemitismus

Der Israelische Staat betreibt sein längerem eine imperialistische Siedlungspolitik welche in erster Linie auf Kosten der Bevölkerung im Westjordanland und im Gazastreifen geht. Diese Politik zu kritisieren ist sicher nicht judenfeindlich. Es ist diese Politik welche der Israelischen Bevölkerung und der Jüdischen Religion am meisten schadet. Sie ist im Grunde genommen antisemitistisch. Wenn allerdings eine Bevölkerung es in einem demokratischen Land nicht fertigbringt, eine vernünftige Regierung zu wählen, welche endlich Schritte unternimmt um einen Frieden zu ermöglichen, dann muss sich diese Bevölkerung sehr wohl auch Kritik gefallen lassen. Leider gibt es in der Schweiz und in der Westlichen Welt eine Minderheit die nicht müde wird jede fundierte und sachliche Kritik an Israel und der Regierung Benjamin Netanjahu sofort lauthals als Antisemitismus zu verschreien. Genau diese Minderheit ist es aber, welche mit ihrer indifferenten Haltung der Jüdischen Sache zu tiefst schadet.

B Unger
11. Dezember 2024 um 21:39

Richtig so

Eine Künstlerin, die andere Nationalitäten boykottiert, hat den Kulturpreis der Humanistenstadt Basel nicht verdient. Die Fachjury hätte dies erkennen müssen. Es ist nicht das erste Mal, dass das Präsidialdepartement durch Naivität auffällt.

Katharina Gohl Moser
Musikerin

Spirale

Canceln erzeugt canceln erzeugt canceln erzeugt…? Einander zuhören vielleicht?

SK
11. Dezember 2024 um 15:46

Es ist ein politischer Entscheid, der schon lange gefällt wurde. Der ganze Prozess um die Anhörung von Leila‘s Seite war nur eine plumpe Farce. Die kantonalen Instanzen zeigen schon seit den Diskussionen über die Uni, dass sie unter den Fittichen der SVP stehen. Ekelhaft. Grögel konnte die Begründung des „Widerspruchs“ weder juristisch noch sachlich belegen. Es geht nach ihren Gefühlen und unprofessionellen Annahmen. Peinlich.

Mathis Reichel
11. Dezember 2024 um 14:32

Auf die Äste vorgewagt

Was bedeutet schon „neutral“, „unabhängig“? Jede Kommission untersteht einer politischen Färbung und die Gründe, einen Preis zu verleihen oder eben nicht, folgt politischen Kriterien. In unseren Breitengraden werden wir nie einem Massenmörder eine Ehrung verleihen, aber dies ist nicht überall so. Israel/Gaza ist ein Schmelztiegel westlicher Spannungen, Aussagen können schnell ausarten, missverstanden und unklar dargestellt werden. Leila Moon hat sich auf die Äste vorgewagt, getrieben von einem fragwürdigen Mainstream, der ihr auf die Schulter geklopft hat: die liebe, arme, unschuldige Hamas mit seinen arabischen Palästinensern gegen die Bösen Juden. Leider habe ich nie eine vertiefte Stellungnahme von Frau Moon gelesen, so dass ich davon ausgehen muss, dass ihre Aussagen wie Konzertabsagen nicht wirklich reflektiert waren. Das fällt auf die Kulturkommission zurück, die wiederum keine seriöse Hintergrundarbeit getätigt hat.Auf diesem wackligen Boden dürfen keine Preise verliehen werden.

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Andrea Strahm
Grossrätin Die Mitte, Fraktionspräsidentin

Was wäre, wenn...

... ein Künstler an einem Ort nicht aftreten will, weil dort auch Frauen auftreten? Oder Schwarze? Schwule? Kämen dann auch 4'000 Protestunterschriften zustande? Es braucht diese abstrakte Beurteilung, dann wird jedermann klar: Ja, der Entscheid ist richtig. Es geht um unsere Werte, um Diskriminierungen.

Andi
12. Dezember 2024 um 06:56

Es war einmal

Es war einmal ein Land, nicht so weit von hier, in welchem die Regierenden bestimmten, was zu denken, zu sagen, zu machen ist! Auch was Kunst und Kultur ist! Die Individualität, Menschlichkeit und Freiheit waren nicht erwünscht! Auch die Pressefreiheit! Oh, wohin sind wir unterwegs?? Wäret den Anfängen!! Danke

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Christian Mueller
Aktivist

Wo ist dieses Reglement

Wo ist eigentlich dieses Reglement und was steht da drin? Ich habe nur die Verordnung des Kantons zum Preis gefunden, dort steht nichts von einem politischen Ausschlusskriterium. Mich würde das Reglement sehr interessieren. Könnt ihr da von Bajour Abhilfe schaffen?

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Michela Seggiani
Grossrätin SP

Wir müssen das in Zukunft wieder gemeinsam besser machen

Wir müssen miteinander und gegeneinander diskutieren können. Kultur muss als Ort genutzt und wahrgenommen werden, wo dies möglich ist. Boykotte, Ausladungen und Aberkennungen von Preisen sind nicht zielführend und schüren Unmut, Angst, sich zu äussern und schlussendlich auch Hass. Verurteilende Fingerzeige gegen Menschen, die sich kulturell engagieren und eine politische Meinung haben und sich trauen, diese zu formulieren, ist sicher der falsche Weg. Allerdings sollte bei jedem Diskurs zuerst der Respekt und die Toleranz stehen. Hassreden, Antisemitismus oder Diskriminierungen egal in welcher Form sind nicht zu tolerieren. In diesem Sinne muss ich ehrlich zugeben, froh zu sein, dass ich diese schwierige Entscheidung, welche die Abteilung Kultur nun gefällt hat, nicht treffen musste.

Erika Leiser
13. Dezember 2024 um 07:38

Ganz einfach

Einen Ort zu boykottieren wegen dem Auftritt einer anderen Gruppe ist nicht vernetzend, und deshalb war die Verleihung eines Preises für die Förderung von Vernetzung im Kulturbereich ein Fehler, der nun korrigiert wurde.

PK-hoch heller Hinterg
Philip Karger
Grossrat Basel-Stadt (LDP)

Richtig so und danke für die Sistierung

Richtig so. Der Preis ist für Kulturschaffende, die vermitteln und nicht entzweien! Auch wenn die Jury unabhängig ist, muss sie und auch das Amt für Kultur eine mögliche PreisträgerIn überprüfen, ob sie den Kriterien des Preises nachkommt. Auch wenn der genannte Post erst nach der Preisverleihung gemacht wurde, gab es von Moon's Seite schon viel früher Aussagen, die auf Hass und Entzweihung aus waren, das zu sehen war nicht schwierig. Ich bin der Abteilung Kultur dankbar, dass sie den Preis sisitiert hat. Die unsäglichen Falschaussagen der Israelhasser zeigen, wie sie sogar einen Kulturpreis für Ihre Lügen instrumentalisieren.

Ueli Keller
11. Dezember 2024 um 17:16

Hauptsache es ist mir wohl dabei

Die Entweder-falsch-oder-richtig-Demokratie halte ich auf der Sachebene für ein Übel. Eine solche Demokratie kann als Glücksache gesehen werden. Wo eine Mehrheit entscheidet, was das Richtige ist. Und dies auch dann, wenn es das Falsche ist. Weil in der Regel bei Entscheidungen wichtige Aspekte flöten gehen. Und zudem: Die Erzeugung einer Illusion von Demokratie kann dazu dienen, wahrhaftige Machtverhältnisse zu stabilisieren. Was besonders gut gelingen kann, wenn es der Mehrheit an Bewusstsein und einen freien Gest mangelt. - „Glaubst Du denn immer noch, die Welt wäre gerecht?“ Das hat mich meine Chefin, eine Regierungsrätin, vor gut 25 Jahren gefragt, als es um einen „Bschiss“ in der Verwaltung ging, dem ich als dafür formell Verantwortlicher nicht zustimmte. Sie hat mich in der Folge als nicht für führungsfähig deklariert. Und das wäre ich im normalen und üblichen Sinne auch noch heute ganz und gar nicht. Hauptsache: es ist mir wohl dabei!

Peter Seiler
13. Dezember 2024 um 08:41

Simpel

Zum Vorwurf der politischen Einmischung. Wenn der Staat einen Preis ver- und damit verbunden auch noch (Steuer-) Geld ausgibt, dann ist das schon Politik. Und alle, die sich an dieser Debatte beteiligen, handeln ebenfalls politisch. So gesehen hat dieser Vorwurf einen etwas heuchlerischen Beigeschmack. Und Leila Moon hat den Preis nicht erhalten, da ihr Verhalten nicht mit den Bedingungen für die Erlangung des Preises entsprach. So simpel kann es manchmal sein. Man muss einfach lesen.

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