Kein Kulturförderpreis für Leila Moon: Richtig so?
Die Musikproduzentin und DJ Leila Moon wird den Kulturförderpreis 2024 nicht bekommen. Vor knapp einem Monat kündigte das Amt für Kultur an, die Vergabe zu prüfen, nachdem es Kritik u. a. von der Basler SVP gab. Entscheidend, schrieb das Amt damals, seien Äusserungen der Künstlerin auf Instagram gewesen, mit denen sie den Boykott von Institutionen und Kulturveranstalter*innen unterstützte, «die mit israelischen Kunstschaffenden zusammenarbeiten, welche sich nicht in einer bestimmten Weise zum Nahostkonflikt äussern». Nach Prüfung der Aussagen schreibt das Amt für Kultur jetzt, dass die Aussagen der Künstlerin unter die Meinungsäusserungsfreiheit fallen. Die Behörde sieht in den «Boykott- und Ausschlussaussagen» jedoch einen Widerspruch zum gesetzlichen Zweck der Preisvergabe, da Leila Moon gemäss Jury-Begründung «gerade für ihre vernetzende Arbeit in der Basler Musik- und Clubszene gewürdigt werden» sollte. Das Amt habe mit der Jury das Gespräch gesucht und Leila Moon habe Gelegenheit bekommen, sich zum Sachverhalt zu äussern.
Nachdem die Sistierung der Vergabe bekannt wurde, solidarisierten sich mehr als 4000 Menschen in einem offenen Brief mit Leila Moon und forderten, die Basler Kulturförderung müsse unabhängig bleiben. Sowohl Basta-Grossrat Oliver Bolliger als auch die SVP hatten eine Interpellation zur Causa eingereicht. Beide sind heute im Grossen Rat traktandiert.
Entgleist
Was derzeit im Basler Kulturbetrieb ausgetragen wird, ist beispiellos. Die Debatte um diese Preisverleihung ist komplett entgleist. Auch die heutige Frage des Tages von Bajour bringt uns da nicht weiter. Wohin mit den regionalen Problemen aufgrund geopolitischer Konflikte? Das sollte uns beschäftigen.
Der SVP und LDP überlassen…
Ich bin in der Diskussion rund um die Preisvergabe, als auch in allen anderen Diskussion im Kanton, welche den Krieg im Nahen Osten zum Thema haben, enttäuscht von der SP. Hier überlässt man das Feld komplett der SVP-Hetze und lässt die LDP dann ausführen.
Reden ist Schweigen, Silber ist ...
Die Empörung, die nun fern vom Nahen Osten, über die kleine Basler Jury schwappt, weil sie eine Künstlerin preisen wollte, kommt vor allem aus der Politik. Hätte Leila Moon einfach schweigen sollen? Zugegeben: Künstlerinnen verstehen möglicherweise nicht immer viel von Politik. Aber, Politkerinnen, die plötzlich von politischer Kunst viel verstehen (zumindest mehr als eine Jury, die Kunst beurteilt), dürfen daran erinnert werden: Kunst ist eigentlich immer politisch - manchmal sogar, wenn sie schweigt. In der Politik deutet Schweigen auf Mehrheit - oder Feigheit. In der Kunst sagt ein Schweigen aber mehr - Leila Moon, die in der aufgeregten Diskussion schon fast eine Nebenrolle spielen muss, versuchte - aus Verzweiflung über ein Schlachten - andere Künstlerinnen an die Kraft des Schweigens zu erinnern. Das wirkt nun, wie die Diskussion darüber beweist, ganz schön anregend ... oder vernetzend?
Zu Weihnachten: Kurt Tucholsky, Briefe aus dem Schweigen. Schweigend lesen.
Unlösbares Dilemma
Solche Entscheide - wie auch immer sie ausfallen - können nie richtig sein. Denn Kultur ist per se politisch. Wie die Medien. Deshalb steht die Kulturförderung vor dem gleichen Dilemma wie die Medienförderung. Wer bestimmt, was "politisch noch korrekt" ist und was gerade nicht mehr? Vor allem pointierte Aussagen kommen durch eine Ausgrenzung entweder unter die Räder - was der Kunst- und Meinungsfreiheit wiederspricht - oder aber sie werden politisch legitimiert - was dem Neutralitätsgebot des Staates zuwiderläuft. Es braucht deshalb neue, andere Wege zur Förderung der Kultur, ebenso wie der Medien. Denn ohne sie geht eine Gesellschaft zugrunde.
@Christian Mueller
Danke. Auf den Punkt gebracht.
Auch wenn ich versuche, alle Seiten adäquat zu berücksichtigen, all die verschiedenen Meinungen zu diesem durchaus schwierigen Thema, muss ich zugeben, nicht schlüssig zu sein, was diesen Fall angeht. Die Bilder, die uns aus der umkämpften Region erreichen, sind einfach nur erschütternd. Das Leid der Bevölkerung, die Angst, die Perspektivenlosigkeit und vieles mehr erschrecken (nicht nur in dieser Region!). Alles in mir schreit nach: AUFHÖREN! Bei all dem bleiben aber zwei Fragen offen: Die Geiseln und der 07. Oktober 23. Was ist mit den Geiseln geschehen (gemacht worden)? Warum wird der 07. Oktober 2023 bei all den Überlegungen nicht mit einbezogen, ist er doch eine Retraumatisierung eines ganzen Volkes, das seit je unter Verfolgung und dem tief verwurzelten Wunsch fundamentaler Kräfte nach deren Vernichtung gestanden hat. Darüber hinaus ist besagter 07. Oktober an Grausamkeit kaum noch zu überbieten und mit Befreiungskampf wohl nicht zu rechtfertigen. Das beschäftigt mich doch sehr.
Kritik am Krieg ist nicht Antisemitismus
Der Israelische Staat betreibt sein längerem eine imperialistische Siedlungspolitik welche in erster Linie auf Kosten der Bevölkerung im Westjordanland und im Gazastreifen geht. Diese Politik zu kritisieren ist sicher nicht judenfeindlich. Es ist diese Politik welche der Israelischen Bevölkerung und der Jüdischen Religion am meisten schadet. Sie ist im Grunde genommen antisemitistisch. Wenn allerdings eine Bevölkerung es in einem demokratischen Land nicht fertigbringt, eine vernünftige Regierung zu wählen, welche endlich Schritte unternimmt um einen Frieden zu ermöglichen, dann muss sich diese Bevölkerung sehr wohl auch Kritik gefallen lassen. Leider gibt es in der Schweiz und in der Westlichen Welt eine Minderheit die nicht müde wird jede fundierte und sachliche Kritik an Israel und der Regierung Benjamin Netanjahu sofort lauthals als Antisemitismus zu verschreien. Genau diese Minderheit ist es aber, welche mit ihrer indifferenten Haltung der Jüdischen Sache zu tiefst schadet.
Richtig so
Eine Künstlerin, die andere Nationalitäten boykottiert, hat den Kulturpreis der Humanistenstadt Basel nicht verdient. Die Fachjury hätte dies erkennen müssen. Es ist nicht das erste Mal, dass das Präsidialdepartement durch Naivität auffällt.
Spirale
Canceln erzeugt canceln erzeugt canceln erzeugt…? Einander zuhören vielleicht?
Scham kreativ wirksam werden lassen
Scham ist eine der stärksten Gefühlskräfte. Wird Scham verdrängt, wirkt sie als Schattenkraft im Untergrund. Wie alle Gefühle, die nicht (als) wahr genommen werden wollen. Wer sich schämt, kann traurig verzweifeln oder konstruktiv erkennen, dass etwas nicht stimmt: und sein Verhalten kreativ ändern.
Es ist ein politischer Entscheid, der schon lange gefällt wurde. Der ganze Prozess um die Anhörung von Leila‘s Seite war nur eine plumpe Farce. Die kantonalen Instanzen zeigen schon seit den Diskussionen über die Uni, dass sie unter den Fittichen der SVP stehen. Ekelhaft. Grögel konnte die Begründung des „Widerspruchs“ weder juristisch noch sachlich belegen. Es geht nach ihren Gefühlen und unprofessionellen Annahmen. Peinlich.
Auf die Äste vorgewagt
Was bedeutet schon „neutral“, „unabhängig“? Jede Kommission untersteht einer politischen Färbung und die Gründe, einen Preis zu verleihen oder eben nicht, folgt politischen Kriterien. In unseren Breitengraden werden wir nie einem Massenmörder eine Ehrung verleihen, aber dies ist nicht überall so. Israel/Gaza ist ein Schmelztiegel westlicher Spannungen, Aussagen können schnell ausarten, missverstanden und unklar dargestellt werden. Leila Moon hat sich auf die Äste vorgewagt, getrieben von einem fragwürdigen Mainstream, der ihr auf die Schulter geklopft hat: die liebe, arme, unschuldige Hamas mit seinen arabischen Palästinensern gegen die Bösen Juden. Leider habe ich nie eine vertiefte Stellungnahme von Frau Moon gelesen, so dass ich davon ausgehen muss, dass ihre Aussagen wie Konzertabsagen nicht wirklich reflektiert waren. Das fällt auf die Kulturkommission zurück, die wiederum keine seriöse Hintergrundarbeit getätigt hat.Auf diesem wackligen Boden dürfen keine Preise verliehen werden.
Was wäre, wenn...
... ein Künstler an einem Ort nicht aftreten will, weil dort auch Frauen auftreten? Oder Schwarze? Schwule? Kämen dann auch 4'000 Protestunterschriften zustande? Es braucht diese abstrakte Beurteilung, dann wird jedermann klar: Ja, der Entscheid ist richtig. Es geht um unsere Werte, um Diskriminierungen.
Gleiches mit gleichem vergleichen
Geschlecht, Hautfarbe, Religion kann man in der Regel nicht ablegen oder ändern. Politische Einstellungen hingegen schon. Antisemitismus ist Diskriminierung. Israelkritik nicht.
Werte?
Liebe Andrea, was sind denn Ihre Werte? Still sein während Genoziden? Genozide einfach passieren lassen und jegliche gewaltlosen Proteste (wie Boykotts) unterdrücken? Lesen Sie mal ein bisschen darüber, wie Südafrika sich aus der Apartheid befreit hat. Vielleicht denken Sie dann auch etwas anders.
@ET Der Vorwurf eines Völkermords ist aktuell Gegenstand der internationalen Justiz. Südafrika hatte eine entsprechende Klage gegen Israels Vorgehen in Gaza beim Internationalen Gerichtshof eingereicht. Dieser schrieb im Januar, dass einige der aufgebrachten Punkte über Handeln und Unterlassen Israels "in den Anwendungsbereich der Völkermord-Konvention fallen könnten". Diverse Massnahmen zu Verhinderung wurden angeordnet. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisierte, dass Israel mindestens in einem Fall die Massnahmen nicht umsetze.
@Andrea Strahm. Die Mitte hat sich noch nie für das Anliegen von Schwarzen Personen (so schreibt man das und nicht einfach „Schwarze“) interessiert. Aber für so ein weit hergeholtes, deplatziertes Beispiel sind Schwarze Personen dann plötzlich gut genug.
Es war einmal
Es war einmal ein Land, nicht so weit von hier, in welchem die Regierenden bestimmten, was zu denken, zu sagen, zu machen ist! Auch was Kunst und Kultur ist! Die Individualität, Menschlichkeit und Freiheit waren nicht erwünscht! Auch die Pressefreiheit! Oh, wohin sind wir unterwegs?? Wäret den Anfängen!! Danke
Wo ist dieses Reglement
Wo ist eigentlich dieses Reglement und was steht da drin? Ich habe nur die Verordnung des Kantons zum Preis gefunden, dort steht nichts von einem politischen Ausschlusskriterium. Mich würde das Reglement sehr interessieren. Könnt ihr da von Bajour Abhilfe schaffen?
Ich habe das bei der Abteilung Kultur nachgefragt. Es wird auf das Kulturfördergesetz, §4, Absatz 1, verwiesen: «Er (der Kanton) zeichnet Personen oder Institutionen aus, die sich um die Kultur besonders verdient gemacht haben.» Im Gesetz ist ausserdem geregelt, dass die Kulturförderpolitik gemäss §8 im Kulturleitbild festgelegt wird.
Die Verordnung ist tatsächlich nicht massgabend für die Vergabe von Preisen, sie bezieht sich auf die Förderung von Einzelprojekten auf Ausschreibungen.
Ein spezifisches Reglement für die Vergabe des Kulturförderpreises gibt es nicht. Dafür werden Nominationsverfahren angewendet. Die Jurymitglieder nominieren Personen, die sie vorschlagen möchten. Gemeinsam legt die Jury fest, wie sie vorgehen, um zur Empfehlung zu kommen. Die Abteilung Kultur schreibt, dass das in der Regel Verfahren mit Diskussionen der Vorschläge und Abstimmungen sind.
Dass Leila Moon entgegen dem gesetzlichen Zweck der Kulturförderung gehandelt hat, wird in der Medienmitteilung damit begründet, dass das Gesetz die Förderung des kulturellen Schaffens, der Vermittlung der Kultur sowie die Förderung des kulturellen Austauschs bezweckt (§1 Absatz 1 und 2). Vor allem die letzteren beiden Punkt waren für diese Entscheidung der Nichtvergabe relevant.
Wir müssen das in Zukunft wieder gemeinsam besser machen
Wir müssen miteinander und gegeneinander diskutieren können. Kultur muss als Ort genutzt und wahrgenommen werden, wo dies möglich ist. Boykotte, Ausladungen und Aberkennungen von Preisen sind nicht zielführend und schüren Unmut, Angst, sich zu äussern und schlussendlich auch Hass. Verurteilende Fingerzeige gegen Menschen, die sich kulturell engagieren und eine politische Meinung haben und sich trauen, diese zu formulieren, ist sicher der falsche Weg. Allerdings sollte bei jedem Diskurs zuerst der Respekt und die Toleranz stehen. Hassreden, Antisemitismus oder Diskriminierungen egal in welcher Form sind nicht zu tolerieren. In diesem Sinne muss ich ehrlich zugeben, froh zu sein, dass ich diese schwierige Entscheidung, welche die Abteilung Kultur nun gefällt hat, nicht treffen musste.
Ja, machen wir es besser - gemeinsam
Interessanterweise sind die propalästinensischen Demonstraten überhaupt nicht offen für Kritik. Die Gegenmeinung wird niedergeschrieen. Anlässe werden bewusst gestört. Respekt und die Toleranz müssen wieder gelernt werden. Gerade aus dieser Ecke.
Die Begriffe „Hassreden, Antisemitismus oder Diskriminierung“ finde ich in diesem Zusammenhang deplatziert und haben einen populistischen Beigeschmack. Sie werden dem Pragmatismus eines Boykottaufrufes und den Forderungen nach Sanktionen nicht gerecht. Boykotte und Desanktionierung haben beispielsweise dazu beigetragen das siedlerkolonialistische Apartheidregime in Südafrika zu beenden. Über die Angemessenheit der damaligen Sanktionen müssen wir heute nicht mehr diskutieren, oder?
Ganz einfach
Einen Ort zu boykottieren wegen dem Auftritt einer anderen Gruppe ist nicht vernetzend, und deshalb war die Verleihung eines Preises für die Förderung von Vernetzung im Kulturbereich ein Fehler, der nun korrigiert wurde.
Richtig so und danke für die Sistierung
Richtig so. Der Preis ist für Kulturschaffende, die vermitteln und nicht entzweien! Auch wenn die Jury unabhängig ist, muss sie und auch das Amt für Kultur eine mögliche PreisträgerIn überprüfen, ob sie den Kriterien des Preises nachkommt. Auch wenn der genannte Post erst nach der Preisverleihung gemacht wurde, gab es von Moon's Seite schon viel früher Aussagen, die auf Hass und Entzweihung aus waren, das zu sehen war nicht schwierig. Ich bin der Abteilung Kultur dankbar, dass sie den Preis sisitiert hat. Die unsäglichen Falschaussagen der Israelhasser zeigen, wie sie sogar einen Kulturpreis für Ihre Lügen instrumentalisieren.
Hauptsache es ist mir wohl dabei
Die Entweder-falsch-oder-richtig-Demokratie halte ich auf der Sachebene für ein Übel. Eine solche Demokratie kann als Glücksache gesehen werden. Wo eine Mehrheit entscheidet, was das Richtige ist. Und dies auch dann, wenn es das Falsche ist. Weil in der Regel bei Entscheidungen wichtige Aspekte flöten gehen. Und zudem: Die Erzeugung einer Illusion von Demokratie kann dazu dienen, wahrhaftige Machtverhältnisse zu stabilisieren. Was besonders gut gelingen kann, wenn es der Mehrheit an Bewusstsein und einen freien Gest mangelt. - „Glaubst Du denn immer noch, die Welt wäre gerecht?“ Das hat mich meine Chefin, eine Regierungsrätin, vor gut 25 Jahren gefragt, als es um einen „Bschiss“ in der Verwaltung ging, dem ich als dafür formell Verantwortlicher nicht zustimmte. Sie hat mich in der Folge als nicht für führungsfähig deklariert. Und das wäre ich im normalen und üblichen Sinne auch noch heute ganz und gar nicht. Hauptsache: es ist mir wohl dabei!
Simpel
Zum Vorwurf der politischen Einmischung. Wenn der Staat einen Preis ver- und damit verbunden auch noch (Steuer-) Geld ausgibt, dann ist das schon Politik. Und alle, die sich an dieser Debatte beteiligen, handeln ebenfalls politisch. So gesehen hat dieser Vorwurf einen etwas heuchlerischen Beigeschmack. Und Leila Moon hat den Preis nicht erhalten, da ihr Verhalten nicht mit den Bedingungen für die Erlangung des Preises entsprach. So simpel kann es manchmal sein. Man muss einfach lesen.