Keine Matur für Schulschwänzer*innen. Richtig so?
Seit der Corona-Pandemie bleiben schweizweit immer mehr Schüler*innen dem Unterricht unbegründet fern, das berichtet der Leiter Mittelschulen und Berufsbildung in Basel-Stadt im Regionaljournal von SRF. Besonders Oberstufen und Gymnasien seien betroffen. Konkrete Zahlen liegen nicht vor. Gründe wie Leistungsdruck, Ängste und Lustlosigkeit spielen eine zentrale Rolle. Die Konsequenz seien oft schulische Probleme, da die Schüler*innen wichtige Inhalte verpassen. Der Kanton Basel-Stadt überlegt, für die Zulassung zur Maturitätsprüfung eine Anwesenheitspflicht von 80 Prozent einzuführen. Aktuell werden Rückmeldungen von Lehrer*innen gesammelt.
Paradox und nicht zielführend
Ist es nicht paradox, dass wir an der Oberstufe, kurz bevor es zB ans Studium geht, von den Schüler:innen erwarten, dass sie immer anwesend sind, während an den Hochschulen dann oft Selbststudium und eigenes Zeitmanagement erwartet wird? Wer viel schwänzt und nicht lernt, wird schon durch die Matura fallen, wenn es relevant ist, nicht? Viel wichtiger wäre es doch zu fragen, WARUM geschwätzt wird und dass Lehrpersonen und Sozialdienste der Schule bei den entsprechenden Jugendlichen und Kindern nachfragen, was denn los ist. Denn wir haben während der Pandemie auch gsehen, wie wichtig die Schule als Institution ist, um insbesondere gefährdete Kinder im Auge zu behalten und ihnen ggf. zu helfen.
20 % sind viel
Wenn jemand über Jahre über 20 % der Zeit den Unterricht schwänzt und trotzdem die Matur besteht, dann war entweder der Unterricht grottenschlecht, oder die Maturprüfung ist viel zu einfach.
ich habe auch geschwänzt
Ich habe in meiner Schulzeit auch hin und wieder geschwänzt. Und der Grund war nicht Druck sondern weil ich keine Lust hatte und mich irgendwie ablenken liess durch gamen, fernsehen oder ins Gartenbad gehen. Den Druck hatte ich nachher bei den Prüfungen, weil ich den Inhalt verpasst habe! Ich denke ein grosser Teil der Schüler:innen, welche schwänzen, verpassen wichtige Inhalte und es würde ihnen gut tun, anwesend zu sein. Und den wenigen, welche sich aufgrund zu hohem Druck nicht in die Schule getrauen, denen kann anders geholfen werden. Aber schwänzen ist sicher nicht die Lösung.
Keine sehr intelligente Lösung
Aus meiner Sicht macht es sich eine Schule, die eine Zulassung zu Maturitätsprüfungen von einer Absenzenquote von weniger als 20 % abhängig macht, zu leicht - das scheint mir eine Vorschlaghammer-Methode. Sie sollte sich viel eher Gedanken darüber machen, weshalb diese Quote seit der Pandemie zunahm und was dagegen unternommen werden könnte (im Gespräch mit den Schüler:innen, die natürlich auch ihren Beitrag dazu zu leisten hätten).
Ich finde, die Frage ist falsch formuliert. Wenn es um psychische Belastungen geht, ist es kein „Schwänzen“.
Frei sich bilden anstatt Schule als Zwang
So wie viele Schulen ihren Betrieb organisieren, ist erwiesenermassen bei vielen Schülerinnen und Schülern von der Zeit, die sie anwesend sind der Anteil, wo sie in Tat und Wahrheit für sich wirklich wirksam am Lernen sind, in der Regel relativ klein. Zudem: Schule als Zwang entspricht nicht meinem Verständnis von frei sich bilden und von Menschenwürde.
Die Frage Warum
Die Frage ist, warum schwänzen sie. Nach meiner Erfahrung ist es so, dass der Druck zu hoch ist und man sich nicht mehr in die Schule traut .
Lehrerin Sek 2
Wir gehen in Schulen (besonders Gymnasien) davon aus, dass die Schülerinnen und Schüler direkt im Unterricht am meisten lernen, z.B. Kollaboration durch Zusammenarbeit in Gruppenprojekten, kritisches Denken in naturwissenschaftlichen Experimenten, Kreativität in digitaler Recherche und Kommunikation im klassischen Unterricht. Wer davon 20% verpasst hat, hat weniger gelernt, auch wenn die Fragen in den Prüfungen ( die ja nur einen Bruchteil des Gelernten abfragen) mit einer Note 4 beantwortet wurden. Daher sind 80% Anwesenheit das Minimum, egal was die Gründe für die Abwesenheit waren. Für lange krankheitsbedingte Abwesenheiten sind andere Schulformen (home schooling) bereits möglich.