Luzernerring, Missionsstrasse – und jetzt Burgfelderstrasse: Immer wieder kommt es in Basel zu tödlichen Velounfällen. Gemäss dem «Masterplan Velo» will sich die Stadt zur velofreundlichsten Stadt der Schweiz etablieren. So werden im Rahmen des Teilrichtplan Velo seit 2019 entsprechende Massnahmen ergriffen, dazu gehören zum Beispiel Velostrassen oder die Aufhebung von Parkplätzen an engen Stellen neben Tramgleisen. Ab heute, Mittwoch, testet der Kanton eine neue Spuraufteilung zugunsten der Velos bei der Kreuzung Luzernerring/Burgfelderstrasse, wo 2021 eine Velofahrerin nach einem Unfall starb. Reichen diese Massnahmen, um Basel für Velofahrer*innen sicher zu machen? Und vor allem: Reicht das Tempo ihrer Umsetzung?
Macht Basel genug für sichere Velowege?
Platz und Tempo
Zwei Stichworte, nicht neu: mehr Platz für Velos, vor allem und gerade in Kreuzungsbereichen, dort hört es mit Velospuren meist auf. Und: generell Tempo 30, auch und gerade auf Strassen wie dem Luzernerring, Kannenfeldstrasse, Spalenring usw.!
Es braucht den Druck
Der Kanton Basel-Stadt macht zu deutlich zu wenig für sichere Velowege. Daher braucht es die Initiative für sichere Velorouten, damit im ganzen Kanton gut ausgebaute und vor allem sichere Velorouten geschaffen werden. Die Initiative ist momentan noch in der parlamentarischen Behandlung, aber es ist klar, dass es den Druck der Volksinitiative braucht, damit die Verwaltung endlich vorwärts macht.
Vorbild Amsterdam
In Amsterdam fahren die Velofahrer:innen ohne Helm - weil sie keinen brauchen. Ihre Fahrbahn ist klar geregelt und wird respektiert. Das könnte man sich in Basel zum Vorbild nehmen. Da wäre noch viel zu tun, aber es lohnt sich für alle. Velofahrerinnen müssten nicht mehr um ihr Leben fürchten und Auto-/Lastwagenfahrer nicht mehr Angst davor haben, dass sie ein Velo übersehen.
Anstatt Velostadt wohl eher Stadt statt Velo
Dass Basel eine Velostadt sei, beruht bestenfalls auf der Zahl gestohlener Fahrräder. De facto gibt es in Basel kaum echte Velorouten. Velostreifen sind keine echte Lösung und sind häufig (kurzfristig) blockiert. Insgesamt aber ist das Velonetz in Basel ein löchriges Flickwerk. Nur ein Beispiel: Die Achse Feldbergstrasse – Johanniterbrücke – Schanzenstrasse ist eine der wichtigsten Verkehrsachsen. Aber es gibt kein lückenloser Velostreifen, ganz zu schweigen von einer echten Velofahrbahn. Entspanntes Fahren ist nur auf der Johanniterbrücke möglich – vorher und nachher ist Entflechtung von Schnell- und Langsamverkehr totale Fehlanzeige. Fazit: Anstatt Velostadt viel eher Stadt statt Velo.
Verbesserung nach 40 Jahren?
Ich fahre seit 40 Jahren täglich mit dem Velo durch die Stadt. Es hat sich in dieser Zeit nicht wirklich viel verbessert. Ich vermeide die Hauptstrassen und fahre am Rhein entlang. Sinnvoll wäre es flächendeckend Velostreifen und Velowege zu etablieren.
Speziell an Kreuzungen sind die Regelungen für Velofahrer umständlich oder nicht existent.
Wenn ein Zitronenfalter keine Zitronen faltet, muss ein Verkehrsplaner auch keinen Verkehr planen.
Ich sehe das Problem eher am Mindset von den Planer*innen. Man hat sich in den letzten 20 Jahren zu wenig weiterentwickelt. Dass an vielen engen Strassenabschnitten neben den Gleisen die Parkplätze wegfallen, ist mal ein erster Schritt. Wieso aber Neugestaltungen wie bspw. der Kunstmuseumskreisel oder der Bankverein so Auto-Zentristisch geplant werden, kann ich nicht nachvollziehen. Beide Orte versuche ich mit dem Velo zu meiden, da entweder Ewigkeiten an Ampeln gewartet oder mit Autofahrern um die Kreisel-Hoheit gebattelt werden muss. Das gleiche gilt an anderen Orten wie der Dorenbachkreisel.
Im Sinne der Verkehrsplaner ist ein Veloweg, der vor einer Kreuzung im Nichts endet, eine Sicherheitsmassnahme. Dort sollen dann alle Verkehrsteiln. auf einander aufpassen. An das muss ich jedes mal denken, wenn ich über die Peter-Merian Brücke fahre und links in die Postpassage einbiegen will oder wenn ich auf der Dufourstr. zum Kunstmuseumskreisel komme und habe immer gleich schlechte Laune.
Autos gehören nicht in die Städte
Entflechtung funktioniert nur auf dem Land. In den Städten hat es dafür keinen Platz. Es sei denn, man baue eine unterirdische Ebene für den Verkehr, wie es der Visionär Leonardo da Vinci vorschlug — in einer Zeit, in der es noch keine Motorfahrzeuge gab! Es gibt nur eine Lösung: Konsequente Priorisierung von Fussgängern, Velos und anderen Fortbewegungsmitteln mit geringer Geschwindigkeit. Massive Einschränkung aller anderen Vehikel durch flächendeckende Fahrverbote und/oder Tempolimits von 20 — 30 km/h. Man weiss es ja schon lange: Die verkehrsgerechte Stadt funktioniert nicht. Und der stadtgerechte Verkehr ist autofrei.
Velowege: ja. Aber es fehlt auch an Sensibilität.
Als Fussgänger, Velo- und Autofahrer (in der Reihenfolge) stelle ich täglich fest, dass die Sensibilität für andere Verkehrsteilnehmer:innen bei vielen Leuten fehlt. In einer individualisierten Gesellschaft sollte vielleicht auch wieder vermehrt darauf hingewiesen werden, dass persönliche Befindlichkeiten im Strassenverkehr nur bedingt Platz haben und allgemeine Regeln keine Schikane sondern eine Notwendigkeit für ein gemeinsames gefahrloses Miteinander darstellen. Und es sind, zumindest aus meiner Sicht, eher Velofahrer:innen, die die Verkehrsregeln entweder nicht kennen oder sie bewusst missachten. Deshalb: ja, es muss mehr getan werden. Auf allen Ebenen.
Ein Kampf ums Ueberleben
Solange die Kampfzonen Autos gegen Fahrräder, Fussgänger gegen Autos, Fahrräder gegen Fussgänger etc sind und dazu kein oder nur ein beschränktes Verständnis für schwächere Gruppen da ist, wird eine sinnvolle Verkehrslösung schwierig.
Klar nicht genug
Basel macht klar nicht genug für eine sichere Veloinfrastruktur. Vergleiche mit anderen Städten zeigt, gute Veloinfrastruktur verhindert Unfälle. Die Stadt muss nun dringend gefährliche Verkehrsknoten sanieren und durchgehende Velomassnahmen schaffen. Damit Velofahren in Basel attraktiv wird, muss eine sichere, komfortable und flüssige Fortbewegung auf zwei Rändern ermöglichen werden.
Kanton schneller ins Handeln bringen
Für die Sicherheit von Velofahrer:innen wird klar zu wenig gemacht. Davon zeugen die vielen tödlichen Unfälle sowie die Dauer bis jeweils entsprechende Massnahmen ergriffen werden (Bsp. Luzernerring). Die grosse Hoffnung liegt daher auf der Annahme der Initiative für sichere Velorouten in Basel-Stadt, um den Kanton schneller ins Handeln zu bringen.
Das Zauberwort heisst Entflechtung
Die Sicherheit muss für alle Verkehrsteilnehmer gewährleistet sein. Vom Fussgänger, über den Velofahrenden bis zum MIV. Heute teilen wir uns diesen Raum. Das führt trotz Velostreifen und Velostrassen zu unvermeidbaren Konflikten. Eine Entflechtung des Verkehrs wäre ein Ansatzpunkt um diesen Konflikt zu minimieren. Dies ist mit grossen baulichen Massnahmen und hohen Kosten verbunden. Eine Investition die sich m.E langfristig lohnt.
Es kann immer mehr getan werden
Ich bin jeden Tag mit dem Velo unterwegs, was mir auffällt ist, dass viele Velofahrer sich nicht an die kleinste Verkehrsregel halten, es wird im Fahrverbot und auf dem Trottoir gefahren. Man hat die Kopfhörer auf, schreibt freihändig Whatsapp oder SMS, erzwingt sich jeden Vortritt etc. Manche Autofahrer sind weiss Gott keine Engel, wenn aber im Verkehr ist es wie anderswo auch: ein mit- und nicht gegeneinander. Viele E-Bike-Fahrer sind meiner Meinung nach auch schlichtweg überfordert mit der Geschwindigkeit. Vielleicht wäre es gut, wenn man auch als Fahrradfahrer in eine Verkehrserziehung gehen sollte, damit man wenigsten die Basics lernt (Rechtsvortritt, tote Winkel bei LKW etc.
Kein Heil in der Entflechtung
Ich halte das Zurück zur Entflechtung für falsch. Langsamfahren ist das Zauberwort. Das müssen vielleicht manchmal auch Velofahrer besser beachten, auch Fussgängerinnen sollten sich als verantwortungsvolle Verkehrsteilnehmer verstehen. Aber es geht doch immer noch darum, dass die Automobilisten und Automobilistinnen es aushalten lernen, in der Stadt langsam unterwegs zu sein. Deswegen finde ich die Velostrassen nützlich, es sind Verhaltenslernstrassen für Autos: hinter einem Velo herfahren ohne nervös zu werden. Entflechtung heisst Königswege für die Schnellen. Solange wir Schnelligkeit als Hauptziel von Fortbewegung sehen, wird es immer wieder Opfer geben. Fokussieren wir uns auf Flow und Bequemlichkeit.
Zu hohe Gefahr von Mischverkehr
Ja, aber unbedingt dranbleiben: Der TCS beider Basel setzt sich für eine stärkere Entflechtung der Verkehrsarten ein. Ein Mischverkehr aus Schwertransport, Auto, Tram und Velo birgt zu hohe Gefahr.
Viel zu viel Verkehr?
Dass immer mehr Menschen mit dem Velo mobil sind, ist an sich erfreulich. Aber auch immer noch mehr Veloverkehr kann zu viel werden. Zudem passt das Verkehrssystem in der Schweiz und speziell in der Region grundsätzlich nicht gut für Velos. Das erlebe ich in andern Ländern und Städten wie beispielsweise in Deutschland als wesentlich besser.
Entflechtung wird nicht gefördert, sondern verhindert
Basel tut viel, aber nicht nur das Richtige. Velos werden bevorzugt und gefördert, der motorisierte Verkehr wird vergrämt. Gegeneinander statt Miteinander mit gesundem Menschenverstand. Linksgrün/VCS verhindert Bahnanbindung Euroairport. Konsequenz: es zwängen sich inzwischen 25-m -Busse über die gleichen Strassen, auf der auch Velos fahren müssen. Oder: der Gundelitunnel wurde schubladisiert, obwohl hunderte Bundesmillionen dafür bereit lägen. Das Auto soll auf Velogeschwindigkeit heruntergebremst werden statt separat zu fahren. Erziehungsmassnahme. Dasselbe beim Anschluss Bachgraben, der 4055 und 4054 massiv entlasten würde. Jedes grössere Dorf hat einen Autobahnzubringer, nicht aber die 20000 EW-Stadt Allschwil. BS verhindert den unterirdischen (!) Zubringer um nicht etwa dem motorisierten Verkehr etwas zuzugestehen. Zum Leidwesen des Langsamverkehrs und der Anwohner*innen der Quartiere. Förderung von Velowegen und Entflechtung statt ideologischer Grabenkämpfe wären nötig.
Disziplin der VelofahrerInnen
Diese Velofahrerin ist unschuldig eine Opfer des Verkehrs geworden. Wenn ich als Velofahrer aber an einem Rotlicht ordnungsgemäss warte, werde ich links und rechts von anderen VelofahrerInnen überholt, für die offenbar die Verkehrsregeln überhaupt nicht gelten. Dass es hier zu Unfällen kommt, ist offenkundig. Mehr Bussen für sich verkehrswidrig verhaltende VelofahrerInnen würden auch zur Verkehrssicherheit beitragen