Wer will das Basler CO2?

Ein Siebtel der heutigen CO2-Emissionen Basels wird auch bei Erreichen der Klimaziele 2037 noch bleiben. Also muss die Regierung für das Netto-Null-Ziel auch Negativemissionen einberechnen. Basel will vor allem auf eine Karte setzen: Die Speicherung von CO2.

Drohnenaufnahme von der Basler Kehrichtverbrennungsanlage KVA , links unten, und dem im Bau befindlichen Naturhistorischen Museum Basel, Mitte, in Basel, am Mittwoch, 25. September 2024. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)
Die KVA, das Sorgenkind der Basler Klimapolitik. (Bild: © KEYSTONE / GEORGIOS KEFALAS)

Basel will bis 2037 klimaneutral sein, das hat die Stimmbevölkerung Ende 2022 entschieden. Damit wurde der Verwaltung eine enorme Aufgabe gegeben, denn das Ziel ist klar, der Weg dorthin nicht. Mit dem Aktionsplan und seinen 64 Massnahmen, die zu diesem Ziel führen sollen, wird der Weg etwas konkreter. Doch der Aktionsplan zeigt auch die Grenzen dessen auf, was Basel überhaupt zu seinem eigenen Ziel beitragen kann. Denn CO2-Emissionen wird es danach immer noch geben.

Zunächst einmal: Im ersten Teil seiner Klimaschutzstrategie, die rund ein Jahr nach dem Volksentscheid veröffentlicht wurde, hielt der Regierungsrat fest, wie hoch derzeit (Stand: 2020) die Emissionen in den einzelnen Handlungsfeldern sind – sofern sich das überhaupt bemessen lässt.

Gerade im Bereich Bauen zum Beispiel ist es sehr schwierig festzustellen, wie viel Treibhausgase auf einer Baustelle entstehen. Die Regierung schätzt die Zahl aufgrund von Lufthygiene-Daten auf 9000 Tonnen im Jahr 2020. Weil aber die Datenlage so gering ist, verzichtet die Regierung hier auf einen Absenkpfad. Ein Ziel des Aktionsplans ist es dennoch, bis 2029 Grenzwerte für graue Emissionen festzulegen.

Die Übersicht zeigt: Selbst wenn Basel wirklich alle geplanten Massnahmen umsetzt und diese sich tatsächlich eignen, um die Ziele in allen Handlungsfeldern bis 2037 zu erreichen, wird im Kanton trotzdem noch CO2 ausgestossen werden. Gewisse Emissionen lassen sich «aus technischen, wirtschaftlichen, sozialen oder ökologischen Gründen» nicht vermeiden, heisst es in der Klimaschutzstrategie. Netto Null ist eben nicht gleich Brutto Null. 

«Schuld» ist der Bereich Entsorgung (zu dem auch die Abwasserreinigung gehört), er ist das Sorgenkind des Basler Klimaschutzes. Denn während in allen anderen Bereichen schon jetzt der Trend nach unten zeigt, wird der CO2-Ausstoss im emissionsintensivsten Handlungsfeld wegen des prognostizierten Bevölkerungswachstums sogar noch steigen. Erst wenn der Klärschwamm ab 2030 nicht mehr mit Heizöl verbrannt wird, sinken die Emissionen. 

Wie also damit umgehen, wenn 2037 immer noch 88’000 Tonnen Treibhausgase in die Luft geblasen werden (die hauptsächlich aus der Abfallverbrennung stammen)? Auf den einfachsten Weg verzichtet die Regierung: CO2-Zertifikate, mit denen der Treibhausgasausstoss durch Klimaschutzprojekte (auch im Ausland) kompensiert werden soll. Die Verankerung des Netto-Null-Ziels nach «Verursacher*innenprinzip» in der Verfassung verhindert das derweil auch. 

Netto-was?

Klimaschutz soll für alle sein, aber die Worte, die wir dafür verwenden, sind schwierig. Mit unserem Klima-Glossar kommt jede*r draus.

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Dafür braucht man sogenannte Negativemissionen. Das Wort lässt an futuristische Staubsauger denken, die CO2 aus der Luft saugen – doch solche Technologien sind weit von der Massentauglichkeit entfernt, weil sie Stand heute einen sehr hohen Energiebedarf haben. Andere Optionen, die CO2 binden, wie die von der IWB betriebene Pflanzenkohleanlage, haben eine zu geringe Kapazität für die nötige Menge an Treibhausgasen, die aus der Atmosphäre entfernt werden müssen.

Die einzige Technologie, die also wirklich in Basel infrage kommt, ist die sogenannte CO2-Abscheidung am Entstehungsort, auf englisch Carbon Capture and Storage (CCS). Statt CO2 auszustossen, wird dieses einfach abgeschieden und gespeichert – beispielsweise in Beton. Die Kantonsregierung hat bereits vor einem Jahr angekündigt, CO2 in Asphalt für den Strassenbau speichern zu wollen. 

Der Grossteil wird aber in geologischen Speicherstätten abgelagert werden. Hier sieht die Regierung in der Schweiz nur begrenzte Speichermöglichkeiten, wie sie in der Klimaschutzstrategie schreibt. Eine bedeutende Menge CO2 müsste also ins Ausland exportiert werden. 

Wird's zu teuer, müssen Alternativen her

Das grösste Potenzial, um Treibhausgase abzufangen, bietet die Kehrichtverwertungsanlage (KVA). Eigentlich kommt die heutige KVA erst 2040 an ihr Lebensende, aber eine neue Anlage samt CCS-Technologie wäre äusserst relevant für die Negativemissionen. Mit dem Absenkpfad zu Netto-Null geht die Regierung gemäss Klimaschutz-Strategie bereits davon aus, dass die neue CCS-KVA vor 2037 gebaut wird und damit die Entsorgungs-Emissionen rapide sinken lässt.

Unabhängig vom Politikum um eine neue KVA ist eine der Massnahmen im Klimaschutz-Aktionsplan eine Machbarkeitsstudie zu CCS im Kanton. Bis Ende 2027 soll eine Machbarkeitsstudie für 90’000 Franken untersuchen, wie das CO2 gespeichert und wiederverwendet werden könnte, woher die eneuerbare Energie zum Betrieb einer solchen Anlage kommt – und wie viel sie kosten wird. 

Im Aktionsplan wird bereits festgehalten: «Stellt sich heraus, dass CCS nicht im nötigen Umfang realisierbar oder finanzierbar ist, werden Alternativen aufgezeigt.» Das wäre jedoch äusserst schwierig: Zurück auf Null quasi, zehn Jahre vor dem Netto-Null-Ziel.

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Das ist David (er/ihm):

Von Waldshut (Deutschland) den Rhein runter nach Basel treiben lassen. Used to be Journalismus-Student (ZHAW Winterthur) und Dauer-Praktikant (Lokalzeitungen am Hochrhein, taz in Berlin, Wissenschaftsmagazin higgs). Besonderes Augenmerk auf Klimapolitik, Wohnpolitik, Demopolitik und Politikpolitik. Way too many Anglizismen.

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