Die Regierung gibt (klimaneutral) Gas
Das Basler Netto-Null-Ziel ist ambitioniert. Heute hat der Regierungsrat Massnahmen vorgestellt, wie der Kanton bis 2037 und die Verwaltung bis 2030 klimaneutral sein sollen. Er schickt aber schon voraus, dass nicht alles rechtzeitig umgesetzt werden kann.
Basel-Stadt will schweizweit eine Vorbildrolle einnehmen: Als erster Kanton will er bis zum Jahr 2037 die Treibhausgasemissionen auf Netto-Null senken. Wobei «will» das falsche Wort ist. Er muss. Denn die Basler Stimmberechtigten haben im November 2022 mit deutlicher Mehrheit dieses Netto-Null-Ziel beschlossen. Bereits bis 2030 will die kantonale Verwaltung klimaneutral sein. Wie kann das funktionieren?
Nachdem der Regierungsrat im September 2023 die Klimaschutzstrategie vorgelegt hat, folgen nun ein Klima-Aktionsplan und die Strategie für die klimaneutrale Verwaltung. Vorgestellt wurden beide am Montag von den Regierungsrät*innen Conradin Cramer (LDP), Esther Keller (GLP) und Kaspar Sutter (SP).
Regierungspräsident Cramer betonte: «Klimaschutz soll für alle machbar sein. Es kann nur gelingen, wenn wir die ganze Bevölkerung und die Wirtschaft mitnehmen.» Dafür müsse Basel ein attraktiver Standort bleiben, sagt auch Wirtschaftsdirektor Sutter.
Die Regierung stelle sich aber auf Gegenwind ein, sagt Cramer. Es werde eine intensive politische Debatte zu den Massnahmen geben. Und: «Wir müssen uns auch auf Referenden einstellen.»
«Wir werden es als Verwaltung nicht ganz schaffen, bis 2030 komplett bei Netto-Null zu sein.»Conradin Cramer; Regierungspräsident Basel-Stadt
Die kantonale Verwaltung soll schon sieben Jahre vor dem Gesamtkanton klimaneutral sein. Wobei Cramer schon heute zugeben muss: «Wir werden es als Verwaltung nicht ganz schaffen.» Ab 2030 sollen die noch nicht umgesetzten Massnahmen kompensiert werden.
Der Klima-Aktionsplan für den Kanton baut auf den bisherigen Klimaschutz-Massnahmen auf. Er beinhaltet 64 Massnahmen – 34 davon sind neu hinzugekommen. Es geht unter anderem um attraktiven ÖV, Anreize für autofreie Haushalte, Vorgaben für Bauprojekte und den Ausbau des Fernwärmenetzes.
Wir stellen hier die wichtigsten der 64 festgelegten Massnahmen vor:
Mobilität
- Der Rheintunnel und das Projekt Zubringer Bachgraben-Allschwil (ZUBA) werden als «zweckmässige Erweiterung des Strassennetzes» angesehen, «wenn auch mit grossen Mengen grauer Energie und CO2-Emissionen». Es wird bei beiden Projekten ein Konzept zu flankierenden Massnahmen erarbeitet, die eine ÖV-Priorisierung, die Verbesserung des Fuss/Veloverkehrs, des Einbahnregimes, der Durchfahrtssperren oder der Temporeduktion beinhalten.
- Die Motorfahrzeugsteuer soll bis 2028 erhöht werden, gestaffelt nach Verursacher*innenprinzip (Grösse, Schwere, Emissionen).
Gebäude
- Bis 2037 müssen alle verbleibenden fossilen Heizungen ersetzt werden. Es gibt eine Ersatzpflicht für 2000 verbleibende Ölheizungen.
- Der Photovoltaik-Ausbau im Kanton wird vorangetrieben: Im Rahmen der Solaroffensive sollen das Bewilligungsverfahren und die gesetzlichen Vorgaben erleichtert werden.
Bauen
- Alle Baustellen im Kanton sollen lokal CO2-frei sein. Bis 2025 wird die Ist-Situation geprüft und bis 2027 Strategien und Konzepte erarbeitet. Der Regierungsrat wird allerdings erst dann darüber entscheiden, ob diese Massnahme fortgesetzt werden sollte.
- Für den Abriss von Gebäuden, die nicht älter als 60 Jahre sind, soll es eine Kompensationsgebühr geben.
- Wer zurückbaut/abreisst, muss Angaben zur Wiederverwendbarkeit von Bauteilen machen. Bei künftigen Baugesuchen braucht es Angaben zur Rückbaubarkeit von Gebäude und Bauteilen.
Wirtschaft
- Unternehmen werden bei der Reduktion von Treibhausgasen finanziell unterstützt.
- Die Betriebsprozesse in Unternehmen dürfen bis 2037 nicht mehr mit fossiler Energie laufen.
Energieversorgung
- Die Fernwärme darf nicht mehr aus fossilen Quellen kommen. Stand heute kommen 62,5 Prozent aus klimaneutrale Quellen. Neu muss sie vollständig dekarbonisiert werden.
Negativemissionen
- Es gibt eine Machbarkeitsprüfung, ob die Abwärme der Kehrichtverwertungsanlage und der regionalen Sondermüllverwertungsanlage als Fernwärme, Prozesswärme oder zur Stromproduktion verwendet werden kann.
Die geschätzten Investitionen des Aktionsplans betragen insgesamt zwischen 200 und 320 Millionen Franken. Die Ausgaben liegen bei rund 18 bis 24 Millionen, davon sind 11,1 bis 15,5 Millionen bereits budgetiert.
Wie die Verantwortlichen aufzeigen, solle der Aktionsplan aber auch Mehreinnahmen generieren: Das betrifft zum Beispiel die Erhöhung der Motorfahrzeugsteuer. Nur dadurch sollen Mehreinnahmen von mehreren Millionen Franken pro Jahr entstehen. Auch die Einführung einer Kompensationsgebühr für nicht amortisierte Scope 3-Treibhausgasemissionen im Baubereich, also Emissionen, die beispielsweise bei der Herstellung von Materialien oder durch Dienstleistungen, die das Unternehmen kauft, entstehen, werde laut Schätzungen Einnahmen in Höhe von 500’000 Franken pro Jahr einbringen.
Sowohl der Klima-Aktionsplan sowie die Strategie für die Verwaltung werden alle zwei Jahre überprüft und bei Bedarf angepasst oder ergänzt.