Netto-Null bis 2037: Reichen die Massnahmen?

Basel muss bis 2037 klimaneutral sein. Dieses Netto-Null-Ziel hat die Basler Stimmbevölkerung 2022 gesetzt. Heute hat der Regierungsrat den Klima-Aktionsplan vorgestellt, also den Massnahmen-Plan, mit dem der Kanton das Netto-Null-Ziel erreichen soll. Er enthält 64 (mehr oder weniger) konkrete Massnahmen – 34 davon sind neu. So will die Regierung unter anderem die Attraktivität des ÖV steigern, Anreize für autofreie Haushalte schaffen, das Fernwärmenetz weiter ausbauen, gesetzliche Grenzwerte für Treibhausgasemissionen für Bauprojekte festlegen und testen, ob man CO2 aus der Kehrichtverbrennung entfernen und speichern kann. Das Netto-Null-Ziel der Verwaltung ist noch strikter gesetzt. Sie soll bis 2030 klimaneutral sein. Das will sie unter anderem mit einer Umstellung auf emissionsfreie kantonale Fahrzeuge, mit Fernwärme statt Gasheizungen, mehr Um- statt Neubauten und, wo möglich, einen Solarausbau bei kantonalen Gebäuden schaffen. Diese Strategie und der Aktionsplan sollen im Zweijahresrhythmus überprüft werden. Schon jetzt räumt Regierungspräsident Conradin Cramer ein, dass es die Verwaltung nicht schaffen wird, bis 2030 komplett bei Netto-Null zu sein.

435 Stimmen
Helena Krauser
Helena Krauser
Moderation
Top antworten
Benjamin Rytz näher
Benjamin Rytz
Klimaaktivist, Grossrats-Kandidat Grüne

Klimamassnahme Nummer eins wäre, den Rheintunnel nicht zu bauen.

Zuerst möchte ich der Klimafachstelle für ihre gute Arbeit ein Lob aussprechen. Zum Beispiel im Bereich Hochbau wurden die Zeichen der Zeit endlich erkannt und die grauen Emissionen werden konsequent thematisiert. Umso unverständlicher ist es für mich, wenn man dann den Teil unter der Erde nicht mitdenkt. 

Der Regierung fehlt der Mut sich gegen grosse Projekte wie den Rheintunnel zu stellen, obwohl sie diesen im Bericht selbst als klimaschädlich bezeichnet. Es bedarf schon einer gewissen rhetorischen Akrobatik, wenn man ein solches Projekt nun mit klimaschonenden Begleitmassnahmen abfedern möchte, ohne über den Elefanten im Raum zu sprechen. Klimamassnahme Nummer eins wäre, den Rheintunnel nicht zu bauen. 

Wichtig ist, dass die beschlossenen Massnahmen nun rasch, konsequent und mit der Bevölkerung umgesetzt werden. Denn diese hat klar gezeigt, dass sie mehrheitlich hinter der notwendigen gesellschaftlichen Transformation steht, die nun auf uns zukommt. Die Basler*innen haben gute Ideen und viel Goodwill, um die Klimaziele umzusetzen – diesen Schwung sollte die Regierung nutzen.

Portraitbild 2021
Raffaela Hanauer
14. Oktober 2024 um 16:35

Wir müssen von der Klima-Loki zum Schnellzug werden.

Ich begrüsse den Aktionsplan, der auf eine Forderung meiner Motion zurückgeht. Er ist für mich ein positives Zeichen. Grundsätzlich finde ich die vorgestellten Massnahmen sehr gut, wobei klar ist, dass es sich dabei um einen ersten Schritt handelt. Im Verkehrsbereich besteht beispielsweise Nachholbedarf: Der Rheintunnel und der ZUBA (Zubringer Bachgraben, Anm. d. Red.) sind klimaschädlich und haben in einem Klimaaktionsplan nichts zu suchen. 

Grundsätzlich ist jetzt wichtig: Wir müssen von der Klima-Loki zum Schnellzug werden. Das heisst, wir müssen agiler werden, denn 13 Jahre bis zum Netto-Null-Ziel sind nicht viel. Noch aber fehlt uns die Messbarkeit der Massnahmen und wir sollten unser Augenmerk auf ein gutes Controllingsystem richten. 

Beim Klima handelt es sich um ein bereichsübergreifendes und komplexes Querschnittsthema. Es wäre daher zu begrüssen, wenn sich der Kanton mit anderen Städten wie Zürich oder Winterthur zusammentut und Synergien nutzt. Denn es macht keinen Sinn, wenn jede Stadt für sich ihre eigenen Studien in Auftrag gibt, es gilt nun, vernetzt zu denken. Wichtig ist nun auch, dass verständlich kommuniziert wird, damit KMU und Private mitgenommen werden. Denn alleine kann die Regierung die Klimaziele nicht erreichen.

Fuhrer Raphael 07
Raphael Fuhrer
Grossrat Grüne

Es ist ein grosses Gemeinschaftsprojekt, das Netto-Null-Ziel zu erreichen.

Grundsätzlich finde ich es sehr wichtig und gut, dass der Aktionsplan endlich vorliegt. Klar ist aber auch, dass es nun morgen losgehen muss, denn die Zeit läuft. 

Es wird wichtig sein, die Wirtschaft und die Bevölkerung mitzunehmen, denn es ist ein grosses Gemeinschaftsprojekt, das Netto-Null-Ziel zu erreichen. Es gilt nun, aufzuzeigen, dass wir einen Gewinn an Lebensqualität haben werden, wenn wir die Massnahmen umsetzen.

Vera Mühlebach
Vera Mühlebach
Mediensprecher*in Basel 2030

Klimagerechtigkeit ist in den einzelnen Departementen noch nicht ganz angekommen.

Wir von Basel 2030 begrüssen die Massnahmen grundsätzlich, haben aber auch Kritikpunkte. Positiv ist die Einführung von Grenzwerten für Graue Emissionen im Bereich des Hochbaus zu sehen, für den Tiefbau gibt es allerdings grossen Nachholbedarf. 

Ein wichtiges Beispiel ist der Rheintunnel, den die Regierung immer noch unterstützt, obwohl er schwer mit den Klimazielen und der Mobilitätsstrategie vereinbar ist. Wir haben hier den Eindruck, dass Klimagerechtigkeit in den einzelnen Departementen noch nicht ganz angekommen ist. 

Ich denke, wir befinden uns nun in einem spannenden Moment, da sich die Regierung neu bildet und es Politiker*innen braucht, die sich nun mit Nachdruck der Massnahmen annehmen.

Daniel Seiler
Daniel Seiler
Grossrat FDP

Viele der Massnahmen sind absolut unrealistisch.

Für mich ist der Aktionsplan nicht viel mehr als eine Weiterführung der bisherigen Klima-Massnahmen, die ich im Bereich der Mobilität grösstenteils kritisch sehe. So sind die Reduktionsziele im Automobilverkehr von 30 Prozent nicht demokratisch legitimiert. Weder durch das Parlament noch durch das Volk. 

Zudem sind viele der Massnahmen absolut unrealistisch. Es macht keinen Sinn, die Superblocks als flankierende Massnahmen für den Rheintunnel aufzuführen. Abgesehen davon wird der Rheintunnel erst nach 2037 fertiggestellt, wenn Netto-Null erreicht sein müsste. 

Für mich gleichen die Massnahmen eher einem Wunschdenken, mit dem sich die ambitionierten Klimaziele nicht realisieren lassen. Um sie zu erreichen, müsste man mit viel radikaleren Verboten kommen, aber für Verbote gibt es nunmal keine politischen Mehrheiten.

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Felix Güthe
Technologieentwickler

Wo, wenn nicht in Basel

...sollten wir das schaffen. Das sind ein Menge guter Massnahmen dabei. Ich bin gespannt, wie wir in 13 Jahren darauf schauen werden und wie Basel dann wahrgenommen wird, im internationalen Vergleich. Wenn wir 2037 gerade dabei sind einen Tunnel zu einzubetonieren, haben wir etwas falsch gemacht. Spannend auch wie weit Basel mit dem CCS kommt oder ob es da andere Ideen gibt.

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Johannes Sieber
Grossrat GLP

Absehbare Kommentare

Selbstverständlich wird die Linke jetzt alles für unzulänglich erklären. Und der Rechten ist alles zu zuviel, zuunnötig und zuteuer. Aber keine:r hat den Massnahmen-Katalog wirklich gelesen. Hallo Wahlkampf!

Patrick Vögelin
14. Oktober 2024 um 17:19

Nein

Man hätte es mit Wille sogar geschafft, bis 2030 klimaneutral zu werden. Aus meiner Sicht braucht es mehr Massnahmen und konkrete Massnahmen, wie z.b. Umsteigen auf attraktive ÖV und keine zusätzliche Autobahnen wie den Rheintunnel.

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Lisa Mathys
Grossrätin und Präsidentin SP BS

Die Regierung setzt mit den Massnahmen ein richtiges und wichtiges Zeichen.

Ich finde den Aktionsplan auf den ersten Blick sehr gut. Die Massnahmen sind sehr transparent dargestellt und ich begrüsse, dass ein grosser Fokus auf die Wirtschaft gelegt wird. Offensichtlich wird geschaut, dass auch die Unternehmen mit ins Boot geholt werden, damit das Netto-Null-Ziel bis 2037 gemeinsam erreicht werden kann.

Ich möchte mich noch nicht zu konkreten Massnahmen äussern, da der Bericht gerade erst erschienen ist und ich kein abschliessendes Urteil fällen kann. Die Regierung setzt aber mit den Massnahmen ein richtiges und wichtiges Zeichen, so mein erster Eindruck.

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Sacha Lüthi
LDP Grossratskandidat

Risiko der null Sterne Meinung ;-)

Trotz dem Risiko eine Klatsche zu bekommen äussere ich mich trotzdem. Wir müssen der Umwelt Sorge tragen, unbestritten. Mit den Massnahmen sind wir auf dem Weg. Aber auch ich gehe nicht davon aus, dass dies in 12 Jahren realistisch ist. Wir sind viel zu träge im Entscheiden. Viele Einsprache Möglichkeiten und Befindlichkeiten stehen im Weg. Warum genau sollten wir das Grosse schaffen, wenn so viele Menschen nicht fähig sind, nur schon ihren Abfall in einen Abfalleimer zu befördern ? Abfall wird illegal in den Strassen entsorgt. Bei jeder Gelegenheit wird online Waren und Essen aus 500 Meter Entfernung bestellt. Wenn wir es hinbekommen, dass die Menschen in Basel diese "Kleinigkeiten" und eigentlich Selbstverständlichkeiten wieder in den Griff bekommen, dann können wir beginnen nach den Sternen zu greifen. Vorher ist es für mich halt bei Vielen mehr Schein als sein für die #WahlenBS. Lieber mit "Gsundem Menschenverstand" als mit Ideologien. Zwang funktioniert in einer Demokratie nicht.

Ueli Keller
14. Oktober 2024 um 19:09

Politik geht nicht nur mit dem Kopf und dem Verstand

Für eine Politik mit Herz braucht es Gefühle.Wutkraft ermöglicht es, fundamental geklärt in ein wirkungsvolles Handeln und zu kommen. Trauer lässt die Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit wahrnehmen: Sie nimmt diese Lücke an, um sich von dem zu befreien, was nicht zu ändern ist. Trauerkraft würdigt zudem, was an sich wichtig, aber nicht erreichbar ist, und sie lässt die Seele weinen. Wutkraft will hingegen die Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit schliessen. Beide Kräfte tun auf ihre Art ihr bestes, um uns lieben zu lassen, was und wie es ist. Angst kann dazu bewegen, kreativ wirksam zu werden. Scham animiert zur Selbstreflexion. Und Freude kann vor allem dann gut sein und gut tun, wenn sie auf Wahrhaftigkeit und nicht auf Schein beruht.

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