Noch viele weitere Silvester in der Rio Bar
Die Liegenschaft am Barfi wurde versteigert, aber die Kultbeiz soll bleiben. Das dürfte einige Basler*innen freuen, denn die Rio Bar verknüpfen viele mit schönen Erinnerungen. Wir haben die Anekdoten gesammelt.
Welches Stündlein hat geschlagen für die Rio Bar? Das letzte? Diese Frage sollte im Gantsaal auf dem Basler Dreispitz geklärt werden: Hier wurde am Donnerstag die Liegenschaft Barfüsserplatz 12 versteigert werden, in der sich die Rio Bar im Parterre befindet.
Das Interesse an der Kultbeiz ist gross, rund 50 Personen hatten sich eingefunden, als die Gantbeamt*innen sich wie auf einer Richter*innenbank zur Versteigerung einfanden. Um das Grundstück zu verlesen, setzte sich der Versteigerer vor seine runde, rote Brille noch einen Zwicker. Der Mindestzuschlagspreis lag bei 2‘325‘000 Franken.
Nach dem ersten Gebot stieg recht schnell Felix Bigliel in die Auktion ein. In grünem Anzug vertrat er von der ersten Reihe aus die Erbengemeinschaft Bigliel, der ein Teil der Liegenschaft bislang gehört – Bigliel ist ausserdem seit mehr als 45 Jahren Inhaber der Rio Bar, bereits in dritter Generation führt seine Familie das Lokal am Barfi.
Für 3,35 Millionen verkauft
Nach einigem Hin und Her in 50'000er-Schritten musste sich Bigliel schliesslich einem Herrn aus der hintersten Reihe geschlagen geben. Als Top Trends AG stellte er sich vor, für 3,35 Millionen Franken war schliesslich der Hammer zu seinen Gunsten gefallen.
Hinter Top Trends AG, so heisst seine Sportartikel Firma mit Sitz an der Klybeckstrasse, steckt Eric Stiefel. Er erklärt auf Anfrage, dass die Rio Bar bestehen bleiben soll. Das dürfte bei einigen Basler*innen für Erleichterung sorgen, die Beiz am Barfi verknüpfen viele mit schönen Erinnerungen. Die Familie Bigliel habe sich nach der Auktion kurz vorgestellt, sagt Stiefel, er wolle sich mit ihr treffen und weiter austauschen. Das bestätigt auch Felix Bigliel. Man müsse nun im Gespräch mit dem neuen Besitzer klären, wie es mit der Rio weitergeht.
«Es ist eine sehr schöne Liegenschaft. Die Rio Bar ist Teil des Zentrums von Basel, wenn man im Ausgang ist.»Eric Stiefel, neuer Besitzer des Barfüserplatzes 12
Auch Stiefel selbst gehöre zu den Leuten, «die schon das ein oder andere Bier in der Rio Bar getrunken haben». Damit ist Stiefel in Basel nicht allein, wie unsere Umfrage bei der Community gezeigt hat.
Wir haben bei der Frage des Tages nach den schönsten Rio-Bar-Erinnerungen gefragt. Das Basler Stadtoriginal -minu erzählt beispielsweise von der Abschiedstournee der schwedischen Sängerin Zarah Leander. Sie sei mit ihren Fans nach dem Auftritt im Fauteuil in die Rio Bar gezogen. «Nach dem siebten Glas Champagner liess sie ihre Baritonstimme ertönen. Alles war sofort still.»
Stammbeiz oder schnell einen Absacker
Das besondere an der Rio Bar: Mit dieser Kneipe verbinden ganze Familiendynastien ihre eigenen Geschichten. Bree erzählt, dass sie sich im letzten Herbst nach der Hochzeitsfeier einen Absacker in der Rio Bar gegönnt hätte – ihre heute 88-jährige Mami derweil hätte früher in der Bar gearbeitet, da sei sie mit Bree schwanger gewesen.
Sowieso ist das Personal das Herz und die Seele der Bar. Von einer Bedienungsfrau erzählt auch Marcell. Sie sei Katalanin gewesen und habe sich köstlich mit seinen Freunden aus Girona unterhalten, als diese vor 35 Jahren in Basel zu Gast waren. Christine berichtet ebenfalls, dass sie 1975 einige Monate im Tagdienst in ihrer Stammbeiz, der Rio, gearbeitet habe, da sei Max noch Wirt gewesen. Auch heute berichtet «orangeminze» via Instagram, treffe man sich noch morgens um 10 Uhr nach der letzten Semesterprüfung für «Gummibärli» in der Rio Bar.
Als Dracula geteert und gefedert
Viele Erinnerungen betreffen auch die Einrichtung der kultigen Bar. Nina schreibt von «Vodka Lemon ganz hinde am runde Tisch UND freii Wahl an drr Jukebox». Und Rebecca erinnert sich daran, in den 80ern als Kind an der ersten Gamekonsole Tetris gespielt zu haben, während sich ihr Papi ein bis zwei Feierabendbiere gönnte. Und auch Aïsha erzählt von ersten Vater-Tochter-Ausgang in der Rio Bar.
Die Rio ist aber auch ein Ort der Integration. Hier lernt man, Basler*in zu sein. Andrea erzählt von der Fasnacht 1997, als sie frisch von Frankfurt nach Basel gezogen war: «Ich bin als Dracula verkleidet in die Rio Bar gestiefelt. Und wurde unmittelbar geteert und gefedert.» Learning: An der Basler Fasnacht verkleidet man sich nicht einfach wie zum Karneval (diese Diskussion hatten wir bei Bajour doch auch schonmal?).
Und Erna schreibt, dass sie viele tolle Silvester in der Rio Bar gefeiert habe. Wenn die Rio Bar jetzt bleiben und ihre Seele bewahren kann, werden wohl noch viele weitere Silvesterfeiern folgen.
Wir haben unsere Community nach ihren liebsten Erinnerungen an die Kultkneipe am Barfi gefragt. Wenn auch Du eine Anekdote mit uns teilen willst, kannst Du das bei der Frage des Tages tun.