Bewundert und berüchtigt – Kater Paul aus 4056

Kein Büsi hat es im St. Johann zu so viel Berühmtheit gebracht, wie der verstorbene Kater Max. Nun behauptet einer seine Nachfolge. Der Versuch einer Annäherung.

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Hätte dieses Bild Ton, wäre es ein leicht hässiges Miau. (Bild: Michelle Isler)

Kater Max aus dem St. Johann war ein Basler Original, keine Frage. Kurz nachdem er jedoch von Bajour zu einem der sehenswertesten Tiere in Basel erkoren wurde, erreichte uns die schlechte Nachricht: Kater Max weilt seit etwa zwei Jahren nicht mehr unter uns, schrieb Bajour-Leser Remo Vitelli. Und er schrieb auch: «Was die Prominenz hier im Quartier betrifft, hat mein Kater Paul übrigens das Erbe angetreten. 😸»

Ist an dieser Behauptung etwas dran?

Ab ins St. Johann. 

Big Five Basel
Als hätten wir eine Vorahnung gehabt: Titelbild unserer Top 5 mit Kater Max im Himmel (Bild: Unsplash, Keystone-SDA, Pixabay, Valerie Zaslawski | Grafik: Michelle Isler)

«Paule, Paule, Paule», ruft Vitelli von seinem Balkon in den Innenhof. Der Kater macht sich zum Interviewzeitpunkt rar. Während wir in der Küche versuchen, ihn mit Kaffeetrinken anzulocken – für den Kater die Aussicht auf einen Schleck Kaffeerahm – zeichnen Vitellis Geschichten das Bild eines Tiers, das ambivalenter wohl nicht sein könnte.

Paul, das «Mönsterli»

«ACHTUNG! Paul, der rote Kater ist zwar härzig, aber BISSIG!», steht auf dem Schild an der Hebelstrasse 102. Remo Vitelli führt hier das Ampère, ein Antik- und Designladen und wohnt in der angrenzenden Wohnung. Zusammen mit Paul. Das Schild, so Vitelli, übertreibe nicht.

«Voller Ernst. Drei Leute waren wegen Paul schon im Spital.» Schluck. Zwei von ihnen waren Kund*innen. Einer ist Vitelli. Ein Biss habe sich entzündet. «Ein Kunde hat das mal nett ausgedrückt», so Vitelli: «Er sagte: I like your security concept.» 

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Manche Kund*innen denken, er sei ausgestopft. Grosser Fehler. (Bild: Remo Vitelli)

Um den Kater zum Tierarzt zu bringen, muss sich Vitelli mit einer dicken Jacke und Handschuhen ausrüsten. «Herr Vitelli, der ist gefährlich!», fand auch der Tierarzt. «Das ist mir einerseits ein bisschen peinlich», gibt Vitelli zu. Dann grinst er. «Und andererseits macht es mich auch ein bisschen stolz.» 

Diese Geschichten rücken den Besuch beim angeblich berühmtesten Büsi des St. Johann in ein neues Licht. Das Ziel scheint nicht mehr, diesen Kater zu treffen. Das Ziel ist, ihn zu überleben. Als sich das «Mönsterli» etwas später durch lautes Miauen im Innenhof ankündigt, gilt’s ernst.

Paul, das Schnüsibüsi

Doch dann zeigt sich: Paul ist die fleischgewordene Manifestation von Ambivalenz. Denn dieser streicht zuerst Vitelli, dann der Journalistin miauend um die Beine und lässt sich ausgiebig streicheln. Vitelli zuckt fast hilflos mit den Schultern. «Er ist ein gefährliches Vieh und ein Dickschädel. Aber eben auch mega jö und ein Schnüsibüsi.»

Wenn Vitelli mal für ein paar Tage in die Ferien fährt, komme der Kater bei seiner Rückkehr jeweils im «gestreckten Galopp» und laut miauend auf ihn zugerannt und wolle gebührend begrüsst werden.

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In Vitellis Küche wirkt Paul doch ziemlich friedlich. (Bild: Michelle Isler)

Pauls Lieblingsplatz im Laden ist eine der Schüsseln beim Schaufenster. Von dort aus hat er einen idealen Blick auf das Geschehen draussen auf der Hebelstrasse. Auch seiner Lieblingsbeschäftigung Schlafen frönt der Kater entweder unter einem der Büsche im Innenhof oder im Laden.

Vitelli hat ihm an diversen Orten ein Plätzli eingerichtet. Trotzdem: «Är hoggt ufs düürschte Züg ufe.» Kaputt geht dabei fast nie etwas. Vitelli überlegt kurz und zieht Bilanz: 1 Vase, 2 Gläser. Die seien aber nur kaputt gegangen, weil sich der Kater erschreckt habe. 

Das überrascht: Das monsterhafte Schnüsibüsi ist obendrauf auch schreckhaft?

Paul, der Opportunist

Kurz darauf erübrigt sich die Frage. Paul, mittlerweile Kaffeerahm schleckend, ergreift die Flucht, weil die Journalistin ihre Beine übereinander schlägt. Es dauert einen Moment, bis der Kater vorsichtig wieder zurück in die Küche kommt. Eines ist er also nicht: Mutig. «Nein, Paule ist eigentlich ein Feigling. Oder zumindest ein Opportunist», so Vitelli. Ab und zu schleicht er sich durch die Ladentür auf die grosse weite Hebelstrasse. Und erschrickt dann ab den Autos und seinem eigenen Mut, bis Vitelli ihn wieder ins sichere Zuhause bringt.

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Die zwei Gesichter des Paul. (Bild: Michelle Isler)
Das berühmteste Büsi im St. Johann?

Leider konnten wir bisher nicht verifizieren, wie breit abgestützt diese Behauptung ist. Du hast Einwände oder Bekräftigungen? Ab damit in die Kommentare! ⤵️

Es ist wohl nicht übertrieben, Vitelli als den besten Freund von Paul zu bezeichnen. Mit Kater Max habe er sich immer vertragen. Die beiden seien sich aber einfach aus dem Weg gegangen. Mit der Nachbarskatze Syra – die Schwester von Kater Max – ist er auf Kriegsfuss. Es komme regelmässig zu lautstarken Auseinandersetzungen im Innenhof. Da schmeisse er auch mal einen Kübel Wasser in Richtung des Geschreis, erzählt Vitelli. «Ich wüsste nicht, wer sonst mit so einem tasmanischen Teufel im gleichen Haushalt klarkommen würde.» 

Und fürs Geschäft ist der Kater zugleich ein Fluch und ein Segen. Ein Blickfang ist Paul in der Schüssel ohne Zweifel. Eine Kundin habe wegen ihm allerdings mal auf der Türschwelle kehrt gemacht. Wobei: Wenn man ihn nicht anfasst, hat man nichts zu befürchten. Um auf Nummer sicher zu gehen, bleibt einem deshalb nur eines übrig: Stille Bewunderung aus der Ferne. 

Und das ist Paul recht.

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Ein Blickfang and he knows it. (Bild: Michelle Isler)
Bär mit Herzen
Streicheleinheiten für Bajour

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Das ist Michelle (sie/ihr):

Nach einem Masterstudium in Geisteswissenschaften und verschiedenen Wissenschafts- und Kommunikations-Jobs ist Michelle bei Bajour im Journalismus angekommen: Zuerst als Praktikantin, dann als erste Bajour-Trainee (whoop whoop!) und heute als Junior-Redaktorin schreibt sie Porträts mit viel Gespür für ihr Gegenüber und Reportagen – vorzugsweise von Demos und aus den Quartieren. Michelle hat das Basler Gewerbe im Blick und vergräbt sich auch gern mal in grössere Recherchen. 


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