Wo Pflanzen eine zweite Chance bekommen
Im Pflanzenbrocki an der Kleinhüningerstrasse finden Pflanzen aus zweiter Hand ein neues Zuhause. Der Laden hat sich etabliert. Die Zwischennutzung im Kleinbasel endet jedoch im nächsten Jahr, dann braucht die Kollektivgesellschaft eine neue Räumlichkeit.
Jahrzehntealte Kakteen ranken sich entlang dem Schaufenster, eine mächtige Geigenfeige entfaltet soeben neue Blätter, in einem Regal türmen sich Töpfe und Vasen, die schon ein paar Pflanzenleben hinter sich haben. Im «Pflanzebroggi» an der Kleinhüningerstrasse 109 strotzt es nur so vor Leben.
Zwischen exotischen Zimmerpflanzen, Sukkulenten und Stecklingen trifft man auf Stefan und Ariane, zwei von drei Köpfen hinter der Kollektivgesellschaft rund um das Pflanzenbrocki. Seit Juni 2024 gibt es den kleinen Laden im Kleinbasel, inspiriert von der gleichnamigen Pflanzenbrocki in Bern. Es ist ein Ort, an dem Pflanzen, die andernorts keinen Platz mehr haben, neue Wurzeln schlagen dürfen.
So entstand ein kleines, liebevoll eingerichtetes Lädeli mit viel natürlichem Licht, gemütlichen Sitzplätzen und Raum zum Verweilen. Die Atmosphäre erinnert an ein wohliges Wohnzimmer – und genau das sollte es auch sein. «Wir möchten ein Treffpunkt fürs Quartier sein», erzählt Stefan. Manchmal verwandelt sich das Broggi zur Bühne für kleine Konzerte und Lesungen, oder es wird gemeinsam gestrickt und gemalt.
Die aktuellen Räume des Pflanzenbrocki sind Teil einer befristeten Zwischennutzung. «Das war perfekt, um zu sehen, ob sich das Pflanzenbrocki überhaupt etabliert», sagt Ariane. Die Zwischennutzung läuft nächstes Jahr aus – und der Laden soll bleiben. Die Suche nach einem neuen Standort läuft bereits.
«Am liebsten irgendwo mit viel Licht, einem Aussenplatz und genügend Platz für Pflanzen und Menschen», findet Stefan. «Aber so etwas findet man nicht an jeder Ecke.»
Darum halten sie die Augen offen und freuen sich über Hinweise oder Ideen aus der Kundschaft.
Das Pflanzenbrocki ist ein Herzensprojekt. Alle, die hier mitarbeiten, tun das neben ihren eigentlichen Jobs. Sie nehmen Pflanzen entgegen, beraten, pflegen, flicken, retten, gärtnern, hören zu. Denn jede Pflanze, die hier ankommt, bringt ihre eigene Geschichte mit. Da ist etwa die zwanzigjährige Monstera, die nach der Pensionierung ihrer Besitzerin aus einem Büro auszog. Oder über vierzigjährige Kakteen, deren Samen ein Ehepaar um seine Hochzeit herum gepflanzt hat. Manche Pflanzen kommen, weil die Besitzer*innen ins Altersheim ziehen, andere, weil in einer neuen Wohnung plötzlich kein Platz mehr ist. «Manchmal ist es schwer, sich von den Hauspflanzen zu trennen. Gerade, wenn die Pflanzen schon lange Teil der Einrichtung sind», erzählt Ariane. In solchen Fällen vermitteln sie gerne auch kleinere, handlichere Pflanzen als Ersatz.
«Jede Pflanze hat ihren Charakter», ergänzt Stefan. «Und nicht alle vertragen einen Standortwechsel gleich. Sie sind halt Pflanzen, und nicht dafür konzipiert, aufgehoben und woanders hinplatziert zu werden.» Im «Pflanzebroggi» wird ihnen dafür Zeit gegeben. Kränkelnde Gewächse kommen ins Quarantänezimmer, wo sie aufgepäppelt werden. Und was keine Abnehmer*innen findet, wird trotzdem nicht entsorgt und steht gratis für das Quartier bereit.
Das Pflanzebroggi beweist: Was bei Kleidern, Möbel oder Velos funktioniert, klappt auch mit Zimmerpflanzen. Und wer hier eine neue Pflanze mitnimmt, trägt nicht nur ein Stück Grün nach Hause, sondern auch die Geschichte, die daran hängt.