Die Krankenkassen werden erneut teurer – schweizweit steigen die Prämien 2024 um 8,7 Prozent. Der Anstieg ist in Basel-Stadt mit 6,5 Prozent zwar unter dem Durchschnitt, aber der Kanton gehört nach wie vor zu den teuersten – nur die Genfer*innen zahlen mehr. Das belastet den in der Regel relativ gut verdienenden Mittelstand, der keine Prämienverbilligungen erhält. Denn diese werden in Basel-Stadt analog zu den Prämien erhöht. Steigende Prämien, Teuerung und stagnierende Löhne drücken auf die Kaufkraft und auch Haushalte, die bisher nicht jeden Rappen umdrehen mussten, machen sich Gedanken, wohin ihr Geld fliesst. Darunter leidet nicht nur die Bevölkerung, sondern auch die Wirtschaft. Ist es Zeit für den Kanton, zu handeln?

Prämienanstieg: Muss Basel-Stadt den Mittelstand entlasten?

Die Krankenkassen werden erneut teurer – schweizweit steigen die Prämien 2024 um 8,7 Prozent. Der Anstieg ist in Basel-Stadt mit 6,5 Prozent zwar unter dem Durchschnitt, aber der Kanton gehört nach wie vor zu den teuersten – nur die Genfer*innen zahlen mehr. Das belastet den in der Regel relativ gut verdienenden Mittelstand, der keine Prämienverbilligungen erhält. Denn diese werden in Basel-Stadt analog zu den Prämien erhöht. Steigende Prämien, Teuerung und stagnierende Löhne drücken auf die Kaufkraft und auch Haushalte, die bisher nicht jeden Rappen umdrehen mussten, machen sich Gedanken, wohin ihr Geld fliesst. Darunter leidet nicht nur die Bevölkerung, sondern auch die Wirtschaft. Ist es Zeit für den Kanton, zu handeln?

989 Stimmen
Michelle Isler
Michelle Isler
Moderation
Top antworten
Beobachter
27. September 2023 um 10:33

Krankenkasse vs. Steuern

Die Prämienerhöhung meiner Krankenkasse hebt gerade die kürzlich beschlossene (sehr kleine) Steuersenkung in Basel auf. Dazu kommt noch die Inflation. Der Kanton hingegen kalkuliert wieder einen Überschuss von CHF 190 Millionen. Welche Politiker finden Lösungen für die Finanzprobleme des Mittelstandes?

Helen Vogel
Antwort auf Basel Briefing

Die bz und Herr Landolt haben recht, die Kantone UND die Lobbyisten sollten entmachtet werden. Nicht Herr Berset oder die linken Bundesräte sind Schuld, wie es die BAZ schreibt, sondern die Kantone und das rechtslastige Parlament. Der Hauptgrund, warum jetzt so viele Einwohner jeden Rappen umdrehen müssen, ist für mich: Die Krankenkassenprämien zählen NICHT beim Konsumentenindex, aber alle MÜSSEN sie zahlen. So haben Arbeitnehmer einen immer grösseren Verlust an Kaufkraft verglichen mit der Teuerung.

Beat Niederhauser
Geschäftsführer und Stellvertreter des Preisüberwachers

Immer mehr Menschen kommen finanziell in Bedrängnis

Der Preisüberwacher äussert sich nicht zu politischen Fragen, sondern nur zu Preisen. Klar ist aber, dass immer mehr Menschen finanziell in Bedrängnis kommen. Das äussert sich auch in zunehmenden Beschwerden, die an ihn gerichtet werden. Er hält es deshalb für absolut dringlich und notwendig, dass die Fehlanreize aus dem Gesundheitssystem entfernt werden. Heute verdient mehr, wer mehr Leistungen erbringt. Die Qualität spielt keine Rolle. Das gibt einen starken Anreiz, die Mengen zu erhöhen – was die steigenden Kosten zu einem schönen Teil erklärt. Wenn zudem Kantone sich selber beaufsichtigen bei der Festlegung der Spitaltaxen, dann kann das vom System her nicht gut kommen. Und schliesslich gibt es auch Preise, die der Bundesrat direkt senken könnte, etwa bei den Medikamenten. Dass dies nicht längst geschehen ist, stimmt nachdenklich.

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Johannes Sieber
Grossrat GLP

Mehrkosten nicht tragbar

Mehrkosten von mehreren Hundert Franken aufgrund steigender Krankenkassenprämien sind für eine Familie nicht tragbar. Auch Einzelhaushaltsbudgets kommen an ihre Grenzen. Die «subjektorientiere Unterstützung», was die Prämienverbilligung ist, muss überprüft und angepasst werden müssen. Parallel dazu muss die Kostenstruktur ins Auge gefasst werden. Warum steigen die Prämien und wie nehmen wir darauf Einfluss?

Niels Jost Caritas
Niels Jost
Mediensprecher Caritas Schweiz

Die Politik ist gefordert

Jein. Klar, den erneut markanten Anstieg der Krankenkassenprämien spürt nun auch der Mittelstand, zumal in anderen Bereichen ebenso Mehrkosten anfallen, etwa bei den Mieten, Nebenkosten oder Lebensmitteln. Sorge bereitet uns von der Caritas aber insbesondere der untere Mittelstand. Personen, die zuvor ohne Unterstützung über die Runden kamen, könnten nun in finanzielle Engpässe geraten. Das belegt eine Studie am Beispiel des Kantons Bern: Wäre die heute geltende Armutsgrenze um nur gerade 500 Franken höher angesetzt, würde sich die Zahl der armutsbetroffenen Personen in der Schweiz verdoppeln, von 745'000 auf fast 1,5 Millionen. Die Politik ist deshalb gefordert – mit individueller Prämienverbilligung können die Kantone eigenständig, schnell und sehr gezielt helfen.

Maurus Ebneter
Maurus Ebneter
Präsident Wirtenverband BS

Wir sorgen uns sehr um die Kaufkraft unserer Gäste

Wir sorgen uns sehr um die Kaufkraft unserer Gäste. Ich glaube aber nicht, dass eine massenhafte Subventionierung der Krankenkassenprämien das Problem lösen wird, denn es würden einfach die Steuern weiter steigen. Es braucht dringend Reformen und echte Sparmassnahmen im Gesundheitswesen, zudem eine Erhöhung der Mindestfranchise und vor allem des Selbstbehaltes – ausser bei chronisch kranken Menschen.

Raoul Furlano
Raoul Furlano
Kinderarzt und Grossrat LDP

Schlussendlich geht es um das Überleben von Familien

Solche Fragen sind schwierig mit Ja oder Nein zu beantworten. Müssen die Prämien überhaupt steigen? Ich bin hier klarer Meinung und sage Nein. Das gesamte System des Gesundheitswesens muss revolutioniert werden. Wir sollten schauen, dass die Schere zwischen Arm und Reich nicht noch weiter auseinandergeht. Sicherlich kann man hier auch die Kaufkraft berücksichtigen, aber schlussendlich geht es um das Überleben von Familien. Die Geldumverteilung ist eine komplizierte Angelegenheit und wer schlussendlich zahlt, ist auch eine schwierige Frage, vor allem wenn wir nicht einmal eine klare Definition des «Mittelstandes» haben.

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Sarah Wyss
Nationalrätin

Wir brauchen eine sozialere Verteilung der Prämienlast

Sozialpolitisch brauchen wir eine sozialere Verteilung der Prämienlast – kurzfristig sind dies bessere Prämienverbilligungen um die Haushalte endlich zu entlasten. Aber das alleine reicht nicht. Kostendämpfende Massnahmen ohne eine schlechtere Versorgung zu haben, ist möglich. So beispielsweise eine einzige Krankenkasse in der Grundversicherung, eine Generika-Pflicht oder generell die Überversorgung im Gesundheitswesen eindämmen. Leider verhindert die Lobby solche effizienten Massnahmen. Langfristig muss die Gesundheit im Dienste der Menschen und nicht im Dienste privater Profiteure stehen.

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Lukas Engelberger
Regierungsrat BS

Prämienwachstum stellt eine deutliche Belastung dar

Es ist klar, dass ein Prämienwachstum von 6.5% natürlich für einen beträchtlichen Teil der Kantonsbevölkerung – auch für den Mittelstand, der zum Teil nicht von der Prämienverbilligung profitiert -  eine deutliche Belastung darstellt. Es ist unabdingbar, dass die nationalen und kantonalen Anstrengungen für eine Dämpfung des Kostenwachstums unverändert weitergeführt werden. Die Strategie, stationäre durch ambulante Behandlungen zu ersetzen (AVOS) und die enge Zusammenarbeit mit dem Kanton Baselland (GGR) haben bereits eine erste Wirkung gezeigt. Im Rahmen der ambulanten Zulassungssteuerung haben die Regierungen der beiden Kantone beispielsweise erstmals Obergrenzen festgelegt, womit eine weitere Dämpfung des Kostenanstiegs angestrebt wird.

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Oliver Bolliger
Grossrat BastA! / Sozialarbeiter

Es ist Zeit für einen Kurswechsel - Pflästerpolitik ade!

So kann es nicht mehr weitergehen - die Prämienlast und die von der Bevölkerung getragenen Gesundheitskosten belasten die Kaufkraft enorm und sind für viele nicht mehr verkraftbar. Nur mit Prämienverbilligungen halten wir ein System aufrecht, welches im Grundsatz gar nicht mehr funktioniert. Es braucht lohnabhängige Prämien und eine Einheits-Kasse für die Grundversicherung. Zudem müssen die Fehlanreize im Gesundheitswesen radikal korrigiert werden - bspw. durch Abschaffung der DRG und einer staatlichen Regulierung der Medikamentenpreise. Dieses "kranke" System zwingt alle Beteiligten mehr zu tun und zu verschreiben, damit schlussendlich mehr abgerechnet werden kann - was schlussendlich alles verteuert. Oft am Bedarf der Bevölkerung vorbei. Es reicht nicht aus, jedes Jahr zu verkünden, dass die Prämien in Basel im Vergleich weniger stark ansteigen und die Differenz weitergegeben wird. Neue Finanzierungsmodelle und mehr Einflussnahme ausserhalb der bisherigen Logik sind gefragt.

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Fleur Weibel
Grossrätin GRÜNE

Prämienverbilligung nicht nur erhöhen sondern auch ausweiten

Einmal mehr geht ein allgemeines Ächzen durchs Land, diesmal wegen der massiv steigenden Krankenkassenprämien. Die Haushalte sind mit der Teuerung bereits stark belastet, jetzt kommt in Basel-Stadt ein Anstieg der Prämien von 6.5%. Die Regierung will die Prämienverbilligung erhöhen, ich denke man muss sie auch ausweiten auf Haushalte, die bislang keine Verbilligung erhalten haben. Die Prämienlast sollte einen bestimmten Anteil des Haushaltseinkommens nicht übersteigen dürfen. Kurzfristig sind also die Prämienverbilligung auch dahingehend anzupassen und sicherzustellen, dass alle die Verbilligung beantragen, die ein Recht darauf haben, denn das Verfahren ist nicht unkompliziert. Längerfristig braucht es eine grundlegende Reform des jetzigen Krankenkassensystem mit einkommensabhängigen Prämien. Das alle gleichviel Prämien bezahlen müssen ist aufgrund der massiven Einkommens- und Vermögensunterschiede unfair.

Pascal Pfister
Pascal Pfister
Grossrat SP

Die Rezepte liegen in Bern auf dem Tisch

Frei nach dem britischen Sänger Macka B: Everybody’s complaining about the Krankenkassenprämien. But every time election comes they vote the Krankenkassenlobbyisten back in. That can‘t work.

Die Rezepte liegen in Bern auf dem Tisch: Mehr Prämienverbilligungen, Einheitskrankenkasse oder einkommensabhängige Prämien.

Die Stimmbevölkerung wird nächstes Jahr dank der SP über höhere Prämienverbilligungen abstimmen und die Blockade des bürgerlich dominierten Bundesparlamentes aufbrechen können.

Nadine Masshardt
Nadine Masshardt
Präsidentin des Konsumentenschutzes und Nationalrätin SP BE

Konsumenten und Prämienzahlerinnen entlasten

Die Konsumenten und Prämienzahlerinnen müssen dringend entlastet werden. Der Bund hat sich grosszügig gezeigt und Grossbanken und Energiekonzernen mit Steuergeldern ausgeholfen, um schwierige Situationen zu überbrücken. Jetzt ist es an der Zeit, die Bevölkerung zu unterstützen, damit sie diese Prämiensteigerung stemmen kann. Es braucht einen deutlichen Ausbau der Prämienverbilligung. Die Mittel dazu wären vorhanden.

Ramona
27. September 2023 um 06:33

Dieser Mittelstand, befindet der sich gerade hier mit uns im Raum?

Ehrlich, was meint ihr mit Mittelstand wenn dieser Mittelstand an denselben Symptomen leidet wie der Rest der Unterschicht?

Ueli Keller
27. September 2023 um 05:28

Politik hat den Lead verloren

Krankheit ist ein Geschäft ausser Rand und Band geworden:. Und dies ist nicht der einzige Lebensbereich, bei dem die Politik den Lead verloren hat. Der Wahlzirkus und das Links-Mitte-Rechts-Hickhack scheinen mir Ablenkungsmanöver: In Tat und Wahrheit lässt die Politik alles laufen, wie es die Geschäftemacher haben wollen.

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