Anemonen statt Rosen
Am Valentinstag machen Florist*innen in der Schweiz regelmässig einen Riesenumsatz. Die beliebteste Blume am kommerzialisierten Tag der Liebe ist die rote Rose – nachhaltig ist diese allerdings nicht. Wer will, findet Alternativen aus der Region.
«Aus ökologischer Sicht ist der Valentinstag im Februar eine absolute Katastrophe», sagt Evelyne Mathis. Die gelernte Landwirtin betreibt zusammen mit ihrem Mann Samuel das Blumenfeld in Bottmingen, das regionale Pflanzen zum Selberschneiden anbietet. «Weil wir nur Blumen verkaufen, die auf unserem Feld wachsen, haben wir zum Valentinstag kein Angebot an frischen Sträussen.» Eine Alternative sei dann nur, einen Gutschein zu kaufen und dann «selbst einen schönen Tulpenstrauss zu pflücken, wenn die Natur Ende März so weit ist.» Evelyne Mathis hat die Erfahrung gemacht, dass sie mit ihrem Rat zum Gutschein auf offene Ohren stösst, «denn natürlich ist es nicht sinnvoll, im Februar Rosen aus Kenia zu kaufen.»
Das sieht Felicia Mäder, Inhaberin des Blumengeschäfts Blütezeit im Unternehmen Mitte, genauso. «Ich habe trotz des Valentinstags keine Rosen bestellt, weil es für mich absolut keinen Sinn macht», so Mäder. «Es gibt bereits Schweizer Tulpen oder Freesien. Ich habe ausserdem wunderschöne Blumen aus Norditalien im Sortiment und ergänze sie mit Zweigen aus der Region.» Es sei ihr wichtig, keinen «ökologischen Schwachsinn» zu betreiben. Mäder bereitet sich also ohne Rosen auf den Valentinstag vor, der dieses Jahr auf einem Freitag liegt und deshalb noch mehr Umsatz verspreche.
Wie SRF berichtet, ist der Valentinstag zusammen mit dem Muttertag der wichtigste Verkaufstag bei den Florist*innen. Insgesamt werden 40 Millionen Franken am 14. Februar umgesetzt, was zwei bis fünf Prozent des gesamten Jahresumsatzes entspricht. Rund 90 Prozent der Blumen in der Schweiz werden importiert. Die Rosen im Februar stammen zum Grossteil aus Kenia und Ecuador oder aus Treibhäusern in den Niederlanden.
«Wenn Gewächshäuser mit fossiler Energie beheizt werden, schlägt das in etwa gleich stark oder stärker zu Buche wie ein Flug aus Kenia oder Ecuador, wo die Rosen ohne Beheizung an der Sonne wachsen», sagt Thomas Meier, Geschäftsleiter des Schweizer Florist*innenverbands. «Wenn ein Gewächshaus mit erneuerbarer Energie beheizt wird, fällt die Bilanz für sie positiver aus. Hier haben die Produzenten in den Niederlanden in den letzten Jahren grosse Fortschritte erzielt.» Dennoch: Nachhaltig sei das Geschäft mit importierten Blumen nicht.
«Ich denke, die Blumenhändler*innen sind froh, wenn sie mehr regionale Blumen verkaufen können und das Interesse daran wächst.»Evelyne Mathis vom Blumenfeld in Bottmingen
Rosen werden in der Schweiz nur von März bis Dezember produziert – was also tun am Valentinstag? «Umdenken», sagt Evelyne Mathis. Die Kund*innen seien durchaus offen dafür, wenn sie im Geschäft darauf aufmerksam gemacht werden, dass es ökologischer ist, regionale Pflanzen zu kaufen als importierte. «Im Moment gibt es Tulpen, Anemonen und Ranunkeln aus Schweizer Gärtnereien. Auch sie kommen aus leicht geheizten Gewächshäusern, sind aber auf jeden Fall besser als importierte Rosen.» Blütezeit-Inhaberin Mäder findet es zudem vertretbar, Blumen aus Norditalien zu importieren – diese würden ebenfalls teilweise leicht beheizt und der Transportweg sei vergleichsweise kurz.
Aus der Schweiz oder Norditalien gibt es aktuell auch Magnolien, Schneeball, Prunus, Weidenkätzchen, Freesien, Mimosen, Mohn oder Margeriten im Angebot. Trotzdem: Der Druck, am Valentinstag rote Rosen im Angebot zu haben, sei immens, sagt Mathis. «Ich denke, die Blumenhändler*innen sind froh, wenn sie mehr regionale Blumen verkaufen können und das Interesse daran wächst.» Sie und ihr Mann versuchen, die Saison auf ihrem Blumenfeld zeitlich etwas nach vorne zu verschieben und bereits im März Blumen zu ernten, indem sie Tunnel auf dem Blumenfeld errichten, die den Pflanzen Wärme spenden.
Ein mittelgrosser Strauss regionaler Blumen kostet bei Blütezeit rund 50 Franken und bei Nouvel Eté zahlt man bis zu 40 Franken – im Gegensatz zu einem Fairtrade-Rosenstrauss bei Migros oder Coop, der für knapp 10 Franken zu haben ist. Deutlich teurer aber sind Rosen in Blumengeschäften, wo eine Rose den stolzen Preis von neun Franken haben kann und ein Strauss die Kund*innen so sogar teurer zu stehen kommen als die ökologischere Alternative.
Für Blumen aus der Region spricht auch, dass laut SRF eine Untersuchung von 2022 ergab, dass neun von zehn im Ausland produzierten Sträussen Pestizide enthielten, die in der Schweiz nicht zugelassen sind. Ausserdem sind die Bedingungen, unter denen Blumen in Ländern wie Kenia oder Ecuador abgebaut werden, nicht immer optimal. Wenn Kund*innen auf importierte Blumen setzen, sollten sie daher Sorge tragen, wie Thomas Meier vom Schweizer Florist*innenverband sagt, denn: «Gütesiegel wie Fairtrade, Kenya Flower Council Gold Certificate oder FlorEcuador stellen Anforderungen an den Schutz und die Wahrung der Rechte von Mitarbeitenden.»
In der Schweiz gebe es keine Deklarationspflicht für Blumen, erzählt Mäder, aber die Kund*innen seien sehr interessiert an der Herkunft. «Ich finde es immer schön, wenn ich erzählen kann, woher die Zweige kommen und welche Geschichte hinter den Pflanzen steht.» Sie zeigt auf einen Bund Sträucher im Geschäft, der per Zufall bei ihr gelandet ist: «Ich bin an einer Hecke vorbeigefahren, die gerade geschnitten wurde. Ich habe dann einige der Zweige geschenkt bekommen.» Diese landen jetzt in den Sträussen für den Valentinstag.
«Auch wenn es immer Möglichkeiten gibt, Blumen aus der Schweiz zu kaufen, ist das Angebot bis zum Frühling begrenzt.»Nina Sommer von Nouvel Eté
Ist es denn überhaupt möglich, im Winter nachhaltig Blumen zu schenken? «Wir machen es so ökologisch wie möglich», sagt Mäder. «Ein Business ohne Kompromisse» sei fast nicht möglich, sagt auch Nina Sommer, die in ihrem Concept-Store Nouvel Eté im St. Johann Blumensträusse zum Valentinstag anbietet. «Auch wenn es immer Möglichkeiten gibt, Blumen aus der Schweiz zu kaufen, ist das Angebot bis zum Frühling begrenzt.» Blumenhändler*innen stünden daher vor einer grossen Herausforderung. «Es gibt gewisse Hebel, die man in Bewegung setzen kann, aber man muss ja auch wirtschaftlich ans Ziel kommen und ein attraktives Angebot haben.»
Sommer ergänzt ihr Angebot daher mit Pflanzen aus Italien wie auch Felicia Mäder von Blütezeit. Ein besonderes Augenmerk legt sie auf die Auswahl der Lieferant*innen, mit denen sie zusammenarbeitet und rät, grundsätzlich sorgsam beim Blumenkauf zu sein. «Gestecke mit Steckschaum zum Beispiel sollten nicht nur am Valentinstag, sondern immer vermieden werden, weil sie umweltschädlich sind.»
Bei Mäder sind schon einige Bestellungen für den Tag der Liebe eingegangen und sie ist froh, dass ihre Kundschaft einen regionalen Strauss oft auch schöner findet als die klassischen roten Rosen mit Glamour-Faktor.