Da ging doch was vergessen?

Der Kulturjournalismus in der Region sei dem Untergang geweiht, schrieb Bajour. Wir sagen Danke für die Gratiswerbung. Eine Replik von bz-Kulturchefin Mélanie Honegger.

BZ Basel RedaktorInnen. Melanie Honegger
Mélanie Honegger, Ressortleiterin Kultur bei der bz findet: «Danke Bajour für die Gratiswerbung.» (Bild: Roland Schmid)

Zuallererst: Dankeschön, Bajour, dass die bz in einer Debatte über den Kulturkahlschlag auf dem Medienplatz Basel keine Erwähnung gefunden hat. Das ist einerseits zwar irritierend, andererseits inhaltlich korrekt: Für die zweitgrösste Tageszeitung der Region trifft der Abbau nämlich nicht zu. Bajour ist der Frage nachgegangen, wer heute noch die Premieren in Basels Theatern rezensiere, wer Ausstellungen kritisiere und sich Zeit für aufstrebende Musiker*innen nehme. Und hat sich dabei auf die BaZ bezogen, der ein Abbau oder zumindest ein Umbau bevorsteht.

Nun, wer von Ihnen hat in der bz unseren Text zum beklemmenden Guantánamo-Kunstwerk beim Kunstmuseum Basel gelesen? Wer von Ihnen hat unsere The-Cure-Konzertkritik oder den Bericht zu «Wilhelm Troll» am Theater Basel beachtet? Und wer kennt unsere Plakatserie, in der die Schule für Gestaltung Basel ausgewählte Plakate aus der Sammlung vorstellt?

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Frage des Tages vom 30. November

Diese Frage bewegt die Kulturszene Basel. Kunstmuseumsdirektor Josef Helfenstein findet: «Der langsame Tod der Kulturberichterstattung ist verheerend.» Sandro Lunin, Leiter der Kaserne moniert: «Wir freuen uns heute bereits, wenn überhaupt berichtet wird.» Und Michael Willi, Verwaltungsratspräsident Theater Basel, schreibt: «Kultur ermöglicht eine öffentliche Auseinandersetzung und Diskussion über gesellschaftlich und politisch relevante Themen und Meinungen. Damit stärkt Kultur unsere Demokratie und unseren Zusammenhalt.» Was denkst du?

Hier mitdiskutieren

Tatsächlich ist unser Kulturressort so stark aufgestellt wie schon lange nicht mehr. Vier Personen sind aktuell in verschiedenen Pensen beschäftigt, dazu kommen zahlreiche fachkundige Freischaffende. Eine Seite Kultur aus und für die Region pro Tag ist unsere Zielvorgabe – mehr als vor zwei Jahren, als pro Woche vier bis fünf Kulturseiten erschienen.

Einzelne Akteur*innen aus der Kulturszene haben das schon länger realisiert. Das zeigen die wertvollen Medienpartnerschaften, die wir mit verschiedenen Kulturinstitutionen führen. Und das zeigen die Reaktionen, die wir aus der Leserschaft erhalten.

Für viele sind wir das letzte Medium in Basel, das regelmässig über Kultur berichtet. Im Print mag das sogar stimmen. Aber es gibt zudem die Programmzeitung, SRF, Radio X, PrimeNews, TeleBasel, Radio Basilisk, Frida und junge Online-Plattformen wie «Viral», die das kulturelle Geschehen in der Region ebenfalls abbilden.

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Unabhängige Artikel und Agenda

von Sabine Knosala, Redaktionsleiterin ProgrammZeitung

Ja, es ist tatsächlich so, dass die Kulturberichterstattung rasant abnimmt. Aber: Seit 1987 gibt es im Raum Basel die ProgrammZeitung, die sich ausschliesslich der Kulturberichterstattung widmet. Jeden Monat erscheinen in unserer Zeitschrift über 30 eigens für uns recherchierte und geschriebene redaktionelle Artikel, die es so in keinem anderem Medium zu lesen gibt, da wir komplett unabhängig sind und keinem Medienkonzern angehören. Jeder redaktionelle Artikel wird von uns fair entlohnt. 

Dazu kommt unsere Agenda (Print + online), welche mit 16'000 Veranstaltungshinweisen pro Jahr die umfangreichste auf dem Platz Basel ist. Sie ist nicht nur für die Leserschaft, sondern auch für alle Kulturschaffenden gratis. Damit leisten wir einen wertvollen Beitrag, damit auch kleine Kulturanbietende wahrgenommen werden und ein Publikum haben.

Um Kulturinteressierte und Kulturbetriebe noch näher zusammenzubringen, führen wir seit diesem Jahr eigene Veranstaltungen durch und sind auf Social Media präsent.

Ich kann nur für die bz sprechen. Wir freuen uns über konstruktive Kritik. Und ganz besonders darüber, dass nun alle mehr über Kultur lesen wollen. Eigentlich wäre es doch ganz einfach: Wer den Journalismus wirklich unterstützen will, darf gerne dafür bezahlen. Auch wenn wir, wie es der Anstand gebietet, jedes Mal eine Gratisversion unserer Artikel verschicken, wenn wir darum gebeten werden. Damit die Kulturschaffenden, die über den Zustand des Journalismus klagen, diese Beiträge kostenlos mit ihrem Publikum teilen können.

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